2024-06-14T14:12:32.331Z

Interview
– Foto: Mehmet Dedeoglu Dedepress

"Gemerkt, dass ich nicht hinterherrennen muss"

Abwehrspieler Kai Hörschlein ist im Sommer zu Berlin Türkspor gewechselt - auch weil er gemerkt hat, dass er das Potential hat. Den größten Anteil hatte aber wohl sein Trainer. Doch sportlich wurde er zurückgeworfen, hat daraus aber gelernt.

Ein Interview von Marcel Peters - https://www.facebook.com/AmateurberichterstattungMarcelPeters/ - regelmäßig Berichte über Berliner und Brandenburger Amateurfußballer oder Vereine. Gesprächspartner:Kai Hörschlein

Gegen Croatia habt ihr, Berlin Türkspor, einen ungefährdeten Sieg eingefahren, siehst du euch auf den richtigen Weg?

Ja, auf jeden Fall. Bei uns kommen jetzt langsam wieder alle verletzten Spieler zurück und wir haben wieder ein Konkurrenzkampf und gutes Training. Das hat die letzten Wochen einfach gefehlt, da hat sich die Mannschaft fast alleine aufgestellt.

Auch du hattest seit dem dritten Spieltag keinen Einsatz in der Liga mehr verbucht. Gehörtest auch zu zum Lazarett?

Ja, ich hatte einen Muskelbündelriss der Adduktoren, das hat mich fast die komplette Hinrunde gekostet.

Am Wochenende gab es dein Comeback, jetzt stehen aber schwere Aufgaben vor der Brust.

Ich bin gespannt, wie wir uns gegen United und Lichtenberg schlagen. Ich sehe uns keinesfalls Chancenlos.

War es wichtig, nach dem spielfreien Wochenende und vor den „Krachern“ wieder unter Wettkampfbedingungen zu spielen?

Ja, wobei für uns das spielfreie Wochenende gerade richtig kam. Wir haben an dem Freitag und Sonntag auch nichts gemacht, auch weil wir zu diesem Zeitpunkt sehr viele Verletzte oder angeschlagene Spieler hatten.

Die Gründe für die Spielpause waren keine schönen. Immer wieder werden Schiedsrichter von Spielern angegriffen, verbal und auch körperlich. Wie ist deine generelle Meinung zum Schiedsrichter-Streik gewesen, war es das richtige Zeichen?

Über die Spontanität und den Zeitpunkt der Aktion kann man sich sicher streiten, aber an sich ist es leider einfach Fakt, dass Schiedsrichter Woche für Woche massiv beschimpft und bedrängt werden. In den Unteren Ligen werden sie dazu nicht selten noch bedroht. Es gibt wirklich nur noch selten Spiele, wo der Schiedsrichter am Ende nicht von der Verliererseite angepöbelt wird. Dabei sind meist die Zuschauer, die ohne Konsequenzen den Spielbetrieb und den Schiedsrichter bearbeiten können, am allerschlimmsten!

Gewalt und Beleidigungen haben im Fußball einfach nichts zu suchen. Die Schiris im Amateurbereich machen sicherlich sehr viele Fehler, aber die Mannschaft verliert eigentlich nie, nur wegen dem Schiri. Trotzdem ist es meist die erste und beste Ausrede die dann lautstark kundgetan wird!

Ich finde es daher sehr gut, dass in irgendeiner Form die Aufmerksamkeit auf dieses Problem gelenkt wurde. Ich bezweifle allerdings stark, dass es an den nächsten Sonntagen auf den Fußballplätzen auch nur ansatzweise anders abläuft.

Wie nimmst du die Thematik in der Berlin-Liga wahr? Ein wesentlicher Unterschied, als noch zum letzten Jahr in der Landesliga, oder überall das gleiche Prozedere?

Da sehe ich nicht wirklich viel Unterschiede! Beide haben das Glück von einem Gespann geleitet zu werden. Das macht es für den Schiedsrichter auf jeden Fall einfacher als in den unteren Ligen. Geredet wird aber in beiden Ligen gleich viel.

Durch Reden allein bekommt man aber keine Punkte. Seid mit eurer Ausbeute bisher zufrieden?

Nein, wir haben bei Hilalspor und Rudow vier Punkte klar verschenkt. Da haben wir deutlich geführt und der Gegner war eigentlich schon am Boden. Dazu kommen 50:50 Spiele wie z.B. gegen Stern 1900, wo wir genauso gut mit 1:0 als Sieger vom Platz hätten gehen können. Mit den sieben Punkten mehr wären wir absolut im Soll gewesen, so müssen wir versuchen die Punkte woanders zu holen.

Leidet die Stimmung im Team darunter oder ist eher eine „Jetzt-erst-Recht“-Moral entstanden?

Das Ergebnis gegen Hilalspor hat die Stimmung schon echt gedrückt. Man dümpelt jetzt im Mittelfeld rum und hat den Anschluss an die Verfolgergruppe verloren! Das war nicht unser Anspruch. Zum Glück konnten wir gegen Croatia einen Aufwärtstrend starten.

Was war denn euer Anspruch vor der Saison?

Unser Ziel ist weiterhin ein einstelliger Tabellenplatz und eigentlich wollten wir so lange wie möglich oben mitreden und die Großen ein wenig stänkern. Die Qualität im Kader haben wir eigentlich dafür.

War das Problem der große Umbruch im Sommer, muss sich das Team erstmal finden?

Klar, ein Umbruch ist immer schwierig. Mehr als die Hälfte des Teams wurde ausgetauscht zur letzten Saison. Da brauch man eine gewisse Zeit um sich zu finden. Man sieht aber auch bei anderen Teams in der Liga, dass ein Umbruch schneller vonstattengehen kann.

War es für die ein logischer Schritt mit deinem Trainer mitzugehen?

Ja, ich hatte schlimme persönliche Schicksalsschläge das letzte Jahr und Olli Kieback hat mir ein gutes Gefühl gegeben und mir geholfen wieder in die Realität zu kommen. Dementsprechend ist es mir nicht schwer gefallen den Weg weiterhin mit ihm zu gehen. Auch weil viele von Gatow diesen Weg mitgemacht haben, was meine Entscheidung natürlich sehr leicht gemacht hat!

Ist es auch eine große Chance für dich, dich in der Berlin-Liga zu zeigen oder ist das eher nebensächlich?

Ich wollte schon seit längerer Zeit in der Berlin-Liga spielen, mir war allerdings früher immer wichtiger mit Freunden Fußball zu spielen. Mittlerweile spielen aber nur noch wenige berufs- und familiärbedingt in den höheren Ligen. Daher kann ich das jetzt nachholen!

Warum hat es mit dem SC Gatow trotz gutem Kader nicht geklappt?

In der Rückrunde haben wir einfach zu oft Punkte liegen gelassen, vor allem gegen schwächere Teams. Nach der Hinrunde dachten wir wohl, dass ist ein Selbstläufer. Ich kann es mir eigentlich kaum erklären, denn das Team war qualitativ stark besetzt. Wir hatten vielleicht nicht den breitesten Kader und auch Verletzungspech in der Rückrunde, aber für den Aufstieg hätte es trotzdem auf jeden Fall reichen müssen. Dazu muss man aber auch mal die Gegner loben. Wir hatten eine bärenstarke Staffel mit fünf bis sechs Teams, die aufsteigen wollten und auch die Qualität dafür hatten. Das sah in der anderen Staffel ein wenig anders aus. Trotzdem war es eine gute Saison und ein echt spannender Aufstiegskampf bis zum Schluss, sowas macht einfach Bock!

Wie betrachtest du die Entwicklung bei deinem ehemaligen Verein, auf einen Schlag hat eine ganze Mannschaft diesen verlassen. Es war und ist ein Scherbenhaufen.

Ja, das ist schade mitanzusehen! Gatow war jahrelang ein familiärer Verein und etabliert in der Berlin- oder Landesliga. Ich hatte zwei sehr schöne Jahre dort! In der letzten Saison wurden dann Fehler vom Vorstand gemacht. Sie legten sich nicht eindeutig auf ein Trainer fest und die Zeit ging ins Lande. Keiner wusste was Sache war und die Stimmung war durch den nicht geschafften Aufstieg auch sehr bedrückt (Dafür konnte der Vorstand sehr wenig).

Die Spieler guckten sich nach neuen Vereinen um und als feststand, wie es nächste Saison weitergehen soll, standen schon fünf bis sieben Abgänge fest. Die Kaderplanung für eine neue Saison muss einfach vor dem Saisonende beginnen, wenn man aber nicht weiß ob man am Trainer festhalten soll oder einen neuen holt passiert sowas wie in Gatow.

Hattest du Schwierigkeiten, dich vom Niveau her anzupassen oder ist der Sprung nicht allzu groß gewesen?

Eigentlich überhaupt nicht. Ich finde den Sprung nicht allzu groß. Ich habe in der Vergangenheit immer gegen eigene Teamkollegen, die schon in der Oberliga oder höher gespielt haben, gemerkt, dass ich mithalten kann und nicht hinterherrennen muss. Daher hatte ich auch gar keine Sorge, dass ich Probleme haben werde. Die Qualitätsdichte der Mannschaften ist natürlich viel näher in der Berlin-Liga. In der Landesliga gibt es vier bis fünf Teams wo es spannend und herausfordernd wird, in der Berlin-Liga ist das jedes Wochenende der Fall!

Welche Ziele verfolgst du in diesem bzw. in den kommenden Jahren?

Ich will erstmal komplett fit werden. Die Verletzung gegen Viktoria war so dumm, ich hatte schon im Vorfeld schmerzen und wollte trotzdem spielen. Daraus habe ich auf jeden Fall gelernt. Längerfristig habe ich keine größeren Ziele. Mich würde die Oberliga oder ein Pokalfinale nochmal reizen. Aber erstmal ist Gesundheit das wichtigste!

Aufrufe: 07.11.2019, 09:29 Uhr
Marcel PetersAutor