2024-05-17T14:19:24.476Z

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Gerhard Kistler (links) legt Hand an die Bad Wörishofer Fußballerbeine an. Seit 27 Jahren betreut das FCW-Urgestein die erste Mannschaft und sorgt bei den Spielern um Andreas Dietrich (rechts) für ent
Gerhard Kistler (links) legt Hand an die Bad Wörishofer Fußballerbeine an. Seit 27 Jahren betreut das FCW-Urgestein die erste Mannschaft und sorgt bei den Spielern um Andreas Dietrich (rechts) für ent

Früher hielt er Bälle, heute massiert er Beine

Gerhard Kistler stand zu den Glanzzeiten des FC Bad Wörishofen im Tor +++ Heute ist der 62-Jährige dafür zuständig, dass die FCW-Kicker fit in das Spiel gehen

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Ein Held des Spieles war Gerhard Kistler bereits als aktiver Torwart des FC Bad Wörishofen im Jahre 1985, eher als „stillen Helden im Ehrenamt“ könnte man den langjährigen Masseur des FCW nach seiner aktiven Laufbahn bezeichnen. Denn unmittelbar nach seinem Karriereende 1986 engagierte er sich als Betreuer der ersten und zweiten Mannschaft und übt dieses Amt auch heute noch, nach inzwischen 27 Jahren, mit Selbstverständlichkeit aus.
Gerhard Kistler begann das Fußballspielen erst relativ spät mit fast 14 Jahren in der Schülermannschaft des FCW. Man schrieb das Jahr 1966, das Jahr des legendären Wembley-Tores in England. „Meine Eltern haben mich nicht früher spielen lassen, weil Fußball für sie zu gefährlich war“, erklärt er den für heutige Verhältnisse späten Beginn. Dabei hatte er mit Onkel Martin Hindelang ein legendäres Urgestein des FCW im Verein. In der Jugend spielte Gerhard Kistler zunächst sogar Linksaußen, ehe er zum Torhüter umfunktioniert wurde. Torhüter also, wie sein Onkel Martin.
Schon vier Jahre später stand er dann im Tor der ersten Mannschaft, die in der Bezirksliga spielte. Nach einem kurzen Abstecher zum FC Rammingen kehrte Kistler wieder zum FCW zurück und hütete dort rund 15 Jahre das Tor. Spiele in der Kreisauswahl oder ein Bezirksligaderby gegen den TSV Mindelheim in Wörishofen vor 1000 Zuschauern blieben ihm, der Zeitungsberichte von seinen Spielen akribisch sammelte, besonders in Erinnerung.
Ein ganz besonderes Spiel wird er nie vergessen. Im Jahre 1985 musste der FCW ein Entscheidungsspiel gegen den SC Ronsberg um den Klassenerhalt in der Bezirksliga bestreiten. Am Ende ging es in das Elfmeterschießen, das der FCW mit 8:7 gewann. Gerhard Kistler hatte den entscheidenden Strafstoß gehalten, nachdem er eine Woche zuvor den Ronsberger Spieler bei einem Elfmeter beobachtet hatte. „Gerhard Kistler – der Held des Spieles" titelte MZ-Redakteur Willi Unfried damals in seinem Spielbericht. Ein Jahr später beendete Kistler seine Laufbahn in der ersten Mannschaft.
Als ausgebildeter Masseur, als der er beruflich noch immer in der früheren LVA-Klinik tätig ist, bot es sich an, diese Tätigkeit auch beim FCW auszuüben. Dass daraus bis jetzt 27 Jahre werden würden, hätte sich Kistler damals wohl nicht vorstellen können. In der Zeit machte er alle Höhen und Tiefen des Vereines mit, ohne daran zu denken, einmal hinzuschmeißen. Bestimmt mehr als 15 Trainer hat er in der Zeit kommen und gehen sehen. „Ich hatte aber zu allen ein gutes Verhältnis und fast jeder hat sich bei seinem Ausscheiden auch bei mir persönlich verabschiedet“, blickt er zufrieden zurück. Nur einmal wurde er sehr enttäuscht. Als man beim FCW einmal den Betrieb mehr professionalisieren wollte und man mit Karlheinz Finsterer auch den entsprechenden Trainer holte, meinte der, man bräuchte jetzt einen Physiotherapeuten. Für Kistler sollte ein anderer Job gefunden werden. „Das war schon hart und ich hörte sofort auf“, erinnert sich Kistler. Ein Jahr später trennten sich die Wege von Trainer Finsterer und dem FCW – und Kistler durfte wieder ran an die Waden der Spieler. Allerdings musste er zuvor erst mit seiner Frau Konny Rücksprache halten.
Die gab ihm sogar den Segen, noch einmal auf dem Fußballplatz aktiv zu werden. 1991 feierte er sein Comeback im Tor von Türk Gücü Mindelheim – mit 39 Jahren. Mit den Mindelheimern stieg er prompt in die Kreisliga auf. Doch sein Verein blieb der FCW. Dort ist er nicht nur Masseur, sondern inzwischen auch Betreuer, kümmert sich um die Trikots und muss auch schon einmal als Stadionsprecher aushelfen. Wenn sich ein Spieler vor dem Match eine Banane wünscht, dann besorgt Gerhard Kistler auch die noch am Vormittag. „Ich habe das alles immer gerne gemacht und außerdem hat mich der Umgang mit den jetzt viel jüngeren Burschen wohl auch jung gehalten“, sagt Kistler. „Anerkennung für meine Tätigkeit gab es schon und die tat mir auch immer ganz gut. Vor allem die originellen Geschenke, die ich schon oft bekommen habe, haben mir Freude gemacht und waren Ansporn, weiter zu machen.“
Auch mit jetzt über 60 Jahren denkt Kistler nicht ans Aufhören und möchte als Nächstes die 50 Jahre beim FC Bad Wörishofen vollmachen. Nur eines bedauert er manchmal: „Es ist eigentlich schade, dass nur wenige Weggefährten dem Verein auch so lange treu geblieben sind.“
Aufrufe: 04.6.2013, 01:13 Uhr
Mindelheimer Zeitung / Helmut BaderAutor