2024-04-25T14:35:39.956Z

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Foto: Breilmannswiese
Foto: Breilmannswiese

"Fest davon überzeugt, ein unangenehmer Gegner zu sein"

Interview mit Lars Fleischer, dem neuen U17-Trainer von Rot-Weiss Essen

Mit gerade einmal 23 Jahren wird Lars Fleischer Cheftrainer der U17 von Rot-Weiss Essen, die nach dem sofortigen Wiederaufstieg im kommenden Jahr wieder in der Bundesliga antritt. Im FuPa-Interview lässt er die Saison der U19 Revue passieren, die er als Co-Trainer betreut hat und zeigt die schwierige Aufgabe in der Bundesliga auf. Zudem erklärt Fleischer, dass immer mehr Nachwuchstrainer hervorragend ausgebildet werden, die Vereine aber die hohe Qualität über das junge Alters stellen.

FuPa: Nach dem Doppelabstieg der U19 und U17 aus der Juniorenbundesliga gelang beiden Mannschaften souverän der sofortige Wiederaufstieg in die Bundesliga. Welche Bedeutung hat der Juniorenfußball in der höchsten deutschen Spielklasse für einen Verein wie Rot-Weiss Essen?

Lars Fleischer: Aus meiner Sicht sollte es schon der Anspruch von Rot-Weiss Essen sein, in diesen Ligen vertreten zu sein. RWE ist definitiv nach wie vor ein interessanter Verein und eine gute Adresse im Schatten der ganz großen Nachwuchsleistungszentren. Im Hinblick auf die Ausbildung unserer Jungs ist das Wettkampfniveau in der Bundesliga enorm hoch und schafft für unsere Spieler somit ein optimales Umfeld, um sich weiterzuentwickeln. Auch nicht zu unterschätzen ist die Tatsache, dass du in der Bundesliga natürlich eher in der Lage dazu bist, deine Talente zu halten und bessere Spieler zu verpflichten.



Die U19 wurde mit zwölf, die U17 mit sieben Punkten Vorsprung Meister. Was letztlich nach einer Pflichtaufgabe aussieht, war aber mit harter Arbeit verbunden. Die Spieler waren gefordert, im Gegensatz zur Bundesliga selbst das Spiel zu machen.

Definitiv! Ich beziehe die Antwort jetzt vor allem auf die abgelaufene U19-Saison, weil ich es dort miterlebt habe. Eins ist doch klar: Jeder Gegner liefert in der Niederrheinliga gegen RWE seine bestmögliche Performance ab und jeder will den Aufstiegsfavoriten ärgern. Und wenn du patzt, sind starke Verfolger wie der Wuppertaler SV, oder in der abgelaufenen Saison 1.FC Mönchengladbach sofort da. Das ist eine extreme Drucksituation, du musst immer abliefern und darfst dir keine Fehler erlauben.

Dazu kommt die Tatsache, und das haben viele Leute nicht auf dem Schirm, dass die Aufgabe der Spieler in der Niederrheinliga eine ganz andere ist als in der Bundesliga. Unsere Spieler haben in der Saison zuvor alle in der U17- oder U19-Bundesliga gespielt und waren eher der Underdog. Es kommt in erster Linie auf deine Arbeit gegen den Ball an und dein Umschaltspiel. In der Niederrheinliga waren die Jungs auf einmal gefordert das Spiel aufzuziehen und die vielen Ballbesitzzeiten in Torchancen und Tore umzumünzen. Da steckt viel Arbeit hinter, denn einzig und allein die höhere individuelle Qualität reicht oft nicht, um Spiele zu dominieren und gewinnen.


Dazu kommt das hohe Niveau der A-Junioren-Niederrheinliga, das wohl selten zuvor so hoch wie in der abgelaufenen Saison war.

Ich muss offen gestehen, dass ich die Qualität der letzten Niederrheinligajahrgänge nicht beurteilen kann. Dadurch, dass Rot-Weiss Essen und Wuppertal abgestiegen sind, kam natürlich Qualität hinzu. Dazu hatten wir dieses Jahr in der U19-Niederrheinliga eine extrem starke Breite. Selbst als Tabellenführer konntest du dir nicht sicher sein, wenn du beispielsweise zur Essener SG gereist bist. Die Mannschaften hatten durchweg eine gute Qualität und haben sich auf vielen Tabellenplätzen einen spannenden Kampf geliefert.


Arminia Klosterhardt stand nach der Hinrunde auf einem Nicht-Abstiegsplatz, die SG Unterrath hat in der B-Junioren-Bundesliga sogar die Klasse halten können. Nähern sich die Niederrheinligen den Bundesligen ein Stück weit an?

Auch hier finde ich die Antwort extrem schwierig. Ich glaube, dass die absolute Spitze der Niederrheinligen durchaus in der Bundesliga mithalten kann. Im Niederrheinpokal hat die U19 vom Wuppertaler SV ja beispielsweise Klosterhardt klar geschlagen und auch Borussia Mönchengladbach aus dem Wetttbewerb geworfen. Auf der anderen Seite sind das nur einzelne Spiele und das Spielniveau und Tempo ist in der Bundesliga in jedem Fall deutlich höher.

Für Mannschaften wie Unterrath und Klosterhardt ist die Bundesliga natürlich ein großes Abenteuer, da es für den Großteil nicht selbstverständlich ist, sich auf dem Niveau messen zu dürfen. Diese Prozentpunkte Extramotivation und die Tatsache, dass sie sich in erster Linie auf das Verteidigen konzentrieren können, verringern den Abstand zu den Großen noch etwas. Nichtsdestotrotz muss man sagen, dass zum Beispiel in Unterrath richtig gute Arbeit geleistet wurde, denn über eine gesamte Saison hinweg in dieser Liga zu bestehen ist aller Ehren wert.




Du wirst im nächsten Jahr die U17 in der Bundesliga als Cheftrainer betreuen. Was erwartest du von der kommenden Saison?

Die kommende Saison wird für uns mit Sicherheit eine Herausforderung. Wir haben aus den eigenen Reihen wenig Spieler behalten und mussten viele Spieler von anderen Vereinen verpflichten. Ich bin sehr gespannt, wie die Jungs den Sprung in die höchste Spielklasse in ihrer Altersklasse gemeistert bekommen. Einige werden mehr Zeit benötigen und Andere sofort angekommen sein, das ist uns bewusst. Wir wollen als Team extrem eng zusammenrücken und uns gegenseitig helfen. Wenn wir die Grundtugenden Woche für Woche an den Tag legen, bin ich fest davon überzeugt, dass wir ein sehr unangenehmer Gegner sein können.

Die Jungs müssen von Anfang an verstehen, dass in unserem Team keiner eine Chance hat, der nicht zu jeder Zeit bereit ist, über seine Grenzen hinaus zu gehen. Ich persönlich freue mich extrem auf die neue Aufgabe in der U17-Bundesliga. Es war mein Ziel, schnell wieder in die Cheftrainer-Position zu schlüpfen und ich bin glücklich, dass der Verein mir das bereits in den Gesprächen zur Verlängerung als U19-Co-Trainer in Aussicht gestellt und mir nun, als die Stelle unbesetzt war, das Vertrauen geschenkt hat.

Mein größter Dank gilt aber Damian Apfeld, der mich sowohl intern als auch extern immer extrem gestärkt hat und ein großer Faktor dafür ist, dass ich meine Qualitäten zeigen konnte und jetzt die Möglichkeit bekomme, die U17 als Cheftrainer zu leiten. Die Verpflichtung von Damian vor einem Jahr war für mich ein Glücksfall und ich werde viele Dinge für meine persönliche Zukunft mitnehmen. An dieser Stelle wünsche ich der U19 in der Bundesliga ein überragendes Jahr. Das ist eine super Truppe, sportlich und menschlich, und ich bin traurig, dass dieser Weg für mich nicht weitergeht.



Mit 23 Jahren hast du vor kurzem deine A-Lizenz bestanden. Schon seit einigen Jahren geht der Trend im Profifußball dazu, hochtalentierten Nachwuchstrainern eine Chance zu geben. Beste Beispiele sind sicherlich Julian Nagelsmann in Hoffenheim, Domenico Tedesco bei Schalke und in Aue und Florian Kohfeldt in Bremen, die jeweils hervorragende Arbeit leisten. Wird nicht nur die Ausbildung der Spieler, sondern auch junger Trainer gefördert?

Genauso wie sich das Fußballspiel dauernd verändert, verändert sich sicherlich auch der Trainerjob.
Die Arbeit ist ja nicht mehr nur das Führen einer Mannschaft und Trainieren von Inhalten. Der Fußball wird immer strukturierter in allen Bereichen. Sämtliche Inhalte werden bis ins kleinste Detail analysiert, alle Einheiten und Spiele extrem detailliert geplant, es gibt immer mehr Hilfsmittel aus der Wissenschaft, die beispielsweise in der Belastungssteuerung eine große Hilfe sind.

Du musst als Trainer zwangsläufig top ausgebildet sein, sonst hast du keine Chance in der Zukunft. Du musst ein großes Fachwissen haben, ein Teilwissen in nahezu allen Bereichen und dazu ein Trainerteam managen können. Denn gerade im Profibereich werden die Expertenteams ja immer größer. Wenn du diese Bereiche abdeckst und dazu einen klaren Plan hast, in der Lage bist, in einer Gruppe die Chefrolle einzunehmen, eine Mannschaft und einzelne Spieler zu führen, dann spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, auch als junger Trainer erfolgreich zu sein oder verantwortungsvolle Aufgaben zu übernehmen.

Es ist ja nicht so, dass irgendwelche ahnungslosen Jungtrainer einfach ins kalte Wasser geschmissen werden, sondern vielmehr, dass es immer mehr gute, junge Trainer auf dem Markt gibt, die selbst im jungen Alter schon eine gewisse Erfahrung mitbringen. Ich denke viele Vereine haben erkannt, dass es nicht unbedingt auf den Namen oder das Alter der Trainer ankommt, sondern auf die Qualität. Ich habe beispielsweise schon sehr jung damit angefangen Mannschaften zu trainieren und bin mittlerweile seit fünf Jahren im U17- und U19-Bereich tätig.




Welche Ziele setzt du für deine Zukunft, kurz- und langfristig?

Ich habe das Ziel hauptberuflich als Trainer zu arbeiten und das Maximum aus meiner Laufbahn herauszuholen. Für dieses Ziel bin ich bereit, immer an meiner Leistungsgrenze zu arbeiten und werde versuchen, mich in allen Bereichen stetig zu verbessern. Ich glaube aber, dass du im Fußball nur erfolgreich sein kannst, wenn du ausschließlich kurzfristig denkst. Du musst dich voll und ganz mit deiner Aufgabe identifizieren und im Hier und Jetzt alles investieren. Das werde ich weiterhin tun und das nächste Jahr mit dem größtmöglichen Einsatz und der größtmöglichen Leidenschaft angehen und hoffe, dass wir als Team unsere gemeinsamen und jeder Spieler seine persönlichen Ziele erreichen werden.

Aufrufe: 020.6.2018, 11:00 Uhr
Marvin WalterAutor