2024-05-02T16:12:49.858Z

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Manuel Konaté-Lueken spiele in den U-Nationalmannschaften von Deutschland und Elfenbeinküste, doch ein nicht richtig diagnostiziertes Herzleiden warf die Karriere des 25-Jährigen entscheidend zurück. Nun spielt er Hessenliga in Walldorf.
Manuel Konaté-Lueken spiele in den U-Nationalmannschaften von Deutschland und Elfenbeinküste, doch ein nicht richtig diagnostiziertes Herzleiden warf die Karriere des 25-Jährigen entscheidend zurück. Nun spielt er Hessenliga in Walldorf. – Foto: Stock.adobe/EJM

Fehlende Reife, niederschmetternde Diagnose

Serie - Teil 10: In U-Nationalteams spielte er mit Werner, Brandt oder Kessié, heute in Walldorf in der Hessenliga +++ Fehlerhafte Herz-Diagnose als Karriere-Knick +++ Job hat nun Priorität

WALLDORF. Rückblick: 19. September 2011. Es lief gut für das deutsche U16-Team. Früh führten die Talente des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gegen Schottland, da Timo Werner (heute FC Chelsea) in der 20. Minute getroffen hatte. Donis Avdijaj (ehemals Schalke 04, jetzt TSV Hartberg/Österreich) machte in der Schlussminute den 2:0-Sieg perfekt. Und mittendrin im Stadion Hohenhorst zu Recklinghausen: Manuel Konaté-Lueken, den Trainer Steffen Freund im Mittelfeld neben Julian Brandt (Borussia Dortmund) durchspielen ließ.

Konaté-Lueken kam noch auf Länderspiele als Junior für die Elfenbeinküste, dem Heimatland seines Vaters. Doch warum spielt der Deutsch-Ivorer heute, mit 25 Jahren, in der Hessenliga? Beim SV Rot-Weiß Walldorf stürmt er 2021/22 in seiner ersten Saison.

Ballkontakt: Manuel Konaté Lueken (vorne, hier mit dem Groß-Gerauer Mick Mathes) spielt für RW Walldorf.	Foto: Uwe Krämer
Ballkontakt: Manuel Konaté Lueken (vorne, hier mit dem Groß-Gerauer Mick Mathes) spielt für RW Walldorf. Foto: Uwe Krämer

Dass es nicht für eine Profikarriere reichte, erklärt der Frankfurter, der in der Jugend bei der SGE und dem FSV Frankfurt spielte, mit mancher falschen Entscheidung: „Ich hatte damals noch nicht die Reife, die man benötigt, um den letzten Schritt zu gehen.“ In die U16 des DFB schaffte es Konaté-Lueken während seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt. Aber bei der DFB-Nachwuchsförderung wird nicht nur Wert auf fußballerisches Talent gelegt, sondern auch auf schulische Leistungen. Zumal die Schule die Jungnationalspieler für jeden Lehrgang freistellen muss. „Ich bin damals nicht regelmäßig in den Unterricht gegangen“, sagt Konaté-Lueken: „Die Schule hat mich verwarnt. Aber das habe ich nicht ernst genommen – bis ich keine Freigabe mehr für die Nationalmannschaft bekommen habe.“

Mit Pépé und Kessié auf dem Platz

Dem ivorischen Verband waren seine schulischen Leistungen hingegen nicht so wichtig - von der U17 bis zur U23 spielte Konaté-Lueken in den Nachwuchs-Nationalteams der Elfenbeinküste. Dort stand er unter anderem mit späteren Stars wie Nicolas Pépé (heute FC Arsenal) oder Franck Kessié (AC Milan) auf dem Platz.

Mit dem gleichaltrigen Jonathan Tah, den Konaté-Lueken aus gemeinsamen DFB-Zeiten kannte, und mit Serge Gnabry habe er sich ausgetauscht, wie der RWW-Stürmer erzählt. Die heutigen Nationalspieler haben ebenfalls ivorische Väter und hätten für die Elfenbeinküste spielen können. Doch sie entschieden sich anders.

Statt Belgiens 1. Liga plötzlich ohne Verein

Zum Wechsel nach Siegen rieten die mit ihm befreundeten Abdelhamid Sabiri (ehemals 1. FC Nürnberg, SC Paderborn, Huddersfield Town) und Marco Komenda (Holstein Kiel). Mit den Sportfreunden schaffte es Konaté-Lueken in die Regionalliga West, wo er auch bei seiner nächsten Station, Alemannia Aachen, blieb.

Im Trikot eines Traditionsklubs: Konaté-Lueken verzeichnet Regionalliga-Einsätze für Alemannia Aachen.
Im Trikot eines Traditionsklubs: Konaté-Lueken verzeichnet Regionalliga-Einsätze für Alemannia Aachen. – Foto: Michael Schnieders

In der Viertklassigkeit, dem Vorraum zum Profifußball, war er seinem Traumziel nahe. „Aber ich habe einen Berater kennengelernt, der mir gesagt hat, er könne mich nach Belgien in die Erste Liga bringen“, so Konaté-Lueken. „Weil ich dachte, die Sache wäre sicher, habe ich viele Angebote sausen lassen. Doch von dem Berater habe ich dann nie wieder etwas gehört.“ Plötzlich stand der Offensivmann ohne Verein da. Erst einmal unter kam er beim Hessenligisten Bayern Alzenau, ehe er sich RW Erfurt anschloss. Einem Verein in Finanznot. In der Winterpause entschlossen sich die Verantwortlichen des Nordost-Regionalligisten zur Einstellung des Spielbetriebs.

Sein Herzleiden macht Leistungsfußball angeblich unmöglich

Beim FC Gießen, in der Südweststaffel dieser Liga, kam er einmal zum Einsatz – bis die Corona-Pandemie zum Saisonabbruch führte. Zurück in Alzenau, mittlerweile in die Regionalliga aufgestiegen, bekam Konaté-Lueken kurz vor Saisonstart eine niederschmetternde ärztliche Diagnose: Eine verdickte Herzscheidewand, die Leistungsfußball angeblich unmöglich mache. Basierend auf dieser Diagnose wollte ihn sein damaliger Trainer Artur Lemm, der auch jetzt in Walldorf sein Coach ist, gar nicht erst einsetzen.

Defibrillator kann Erste Hilfe leisten

Es folgte während der Pandemie eine Odyssee von Arzt zu Arzt. Bis Ex-Nationalspieler Gerald Asamoah, der den gleichen Herzfehler habe, ihm seinen Mediziner in Krefeld empfohlen habe. Der Spezialist habe bei Konaté-Lueken nur eine minimale Verdickung festgestellt. Er könne bedenkenlos Fußball spielen.

Bis diese Diagnose feststand, verging aufgrund der Pandemie jedoch ein ganzes Jahr. Wertvolle Zeit, in der Konaté-Lueken neben dem Platz neue Prioritäten setzte. Gemeinsam mit einem Partner gründete er Anfang 2021 eine Import-Export-Firma für Rohstoffe aus der Elfenbeinküste zu gründen, mit Sitz in Frankfurt. Momentan sind es Cashew-Nüsse, bald könnte aber auch Kaffee oder Kakao aus dem westafrikanischen Land dazukommen. "Der Fußball war dann erst mal zweitrangig", sagt Konaté-Lueken, der mittlerweile auch in Frankfurt als Personalvermittler tätig ist.

Keine Zeit mehr für Profi-Training

Als dann durch eine ärztliche Bescheinigung klar war, dass sein Herzleiden sehr wohl Leistungssport zulässt, hatte er nach eigener Aussage einige Angebote von Regionalligisten vorliegen. "Die Nachricht, dass ich doch auf Profi-Niveau spielen kann, hat mein Leben verändert", sagt er. Doch aufgrund der beruflichen Beanspruchung sei dann aber keine Zeit mehr gewesen, um noch unter Profi-Bedingungen zu trainieren - erst recht nicht außerhalb der Region, sagt Konaté-Lueken.

Der Deutsch-Ivorer musste sich entscheiden: Nochmal den Beruf aufgeben, um es im Profi-Fußball zu packen? Oder lieber auf das berufliche Standbein setzen? Konaté-Lueken entschied sich für den Beruf - und fand über Artur Lemm mit Walldorf einen Verein, der ihm von seinem Wohn- und Berufsort Frankfurt kurze Fahrtzeiten zu Spielen und Trainings ermöglicht.

Zwar ist das Risiko eines Herzstillstands während dem Spiel bei Konaté-Lueken nur minimal höher als bei anderen Sportlern. Dennoch könnte der SV Rot-Weiß im Notfall mittels eines Defibrillators Ersthilfe leisten. Seit eineinhalb Jahren verfügt der Verein über ein solches Gerät, das mittels Elektroschocks ein aus dem Rhythmus geratenes Herz wieder in Gang bringen kann.

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"Zehn Kilo abgenommen"

Als Konaté-Lueken im Sommer zum SV Rot-Weiß kam, hatte er auch coronabedingt mehr als ein Jahr pausiert. Den Fußballer Konaté-Lueken machten die RWW-Athletiktrainer Abdullah Sahin und Johan Sahling wieder fit. „Ich habe knapp zehn Kilo abgenommen“, sagt er. Auf dass er seinen Gegenspielern leichtfüßig enteilen kann.

Zur Serie: In dieser Reihe porträtieren wir ehemalige NLZ-Spieler, die den Sprung zum Profi nicht gepackt haben und nun bei Amateurteams aus der Region spielen. Sie erzählen uns, wie nah dran sie wirklich am großen Traum Profifußball waren und welche Ambitionen sie jetzt haben - sowohl auf als auch neben dem Platz.

- Teil 1: Linus Wimmer (SV Eintracht Trier)
- Teil 2: Lukas Fischer (TSG Bretzenheim)
- Teil 3: Lars Hermann (TSV Schott Mainz)
- Teil 4: Nik Rosenbaum (SV Alemannia Waldalgesheim)
- Teil 5: Joshua Iten (SG Hüffelsheim)
- Teil 6: Bilal Marzouki (FC Maroc Wiesbaden)
- Teil 7: Kevin Frey (VfB Bodenheim/TSG Mainz Futsal)
- Teil 8: Giorgio del Vecchio (TSV Schott Mainz)
- Teil 9: Marco Waldraff (SV Niedernhausen)



Aufrufe: 025.1.2022, 06:00 Uhr
Dirk Winter/Philipp DurilloAutor