2024-04-30T13:48:59.170Z

Allgemeines
Ausgeprägte Siegermentalität: Ranil Weerakkody
Ausgeprägte Siegermentalität: Ranil Weerakkody – Foto: Patrick Seeger

FCN-Trainerduo Florian Heitzmann und Ranil Weerakkody im Interview

Florian Heitzmann und Ranil Weerakkody haben das Training des FC Neustadt nach einer kurzen Episode 2019 erneut übernommen. "Wir wollen Leidenschaft und Hingabe sehen."

Ist der Fußball auf dem Weg zurück zur Normalität? Scheint so, hoffentlich ist es kein trügerischer Eindruck. Die Fußballer des Landesligisten FC Neustadt stehen wieder auf dem Trainingsplatz, gecoacht werden sie von einem neuen-alten Duo: Florian Heitzmann und Ranil Weerakkody. Beide hatten als Trainer 2019 für ein halbes Jahr schon einmal die sportliche Leitung inne. Damals lautete die Mission Klassenerhalt, dieses Mal ist der Ansatz komplexer. Jürgen Ruoff hat mit den beiden darüber gesprochen.

BZ: Wie haben Sie die vergangenen Wochen und Monate erlebt, die aufgrund der Pandemie mit der langen Fußballpause für alle ein Novum waren?
Heitzmann: Ich finde die Pandemie hat zwei Dinge verdeutlicht: Zum einen wurde wahrscheinlich jedem sehr klar, wie wichtig Gesundheit ist und wie wichtig es ist, Rücksicht auf schwächere, ältere oder vorerkrankte Menschen zu nehmen. Solidarität und Loyalität waren nicht nur Begrifflichkeiten, sondern wurden mit Leben gefüllt. Gleichzeitig wurde mir auch klar, wie wichtig der zwischenmenschliche Kontakt ist und wie sehr er fehlt, wenn man Kontakte reduzieren muss. Der Mensch ist einfach ein soziales Wesen und braucht Begegnungen und Austausch mit anderen. Ich glaube, der Fußballplatz kann ein guter Ort für Begegnung sein, um in den Austausch zu gehen.


Weerakkody: Es war eine schwere Zeit so ganz ohne Fußball. Letzte Saison war ich regelmäßig im Training, um mich etwas fit zu halten. Als das dann auch noch weggefallen ist, blieb nur noch die Bundesliga. Auch wenn ich kein aktiver Spieler mehr war, hat es vor allem gefehlt, die Mannschaft regelmäßig zu treffen. Viele waren ja noch aus meiner aktiven Zeit dabei und nach fast 15 Jahren Vereinsleben war das schon ein Einschnitt. Mich selbst zu motivieren, mich fit zu halten, ist mir dann doch etwas schwergefallen

"Nach dem Abstieg war das eine zehrende Saison."

Ranil Weerakkody

BZ: Sie haben als Duo den FC Neustadt schon einmal trainiert: von Januar 2019 bis zum Saisonende. Sie hätten damals als Trainer weitermachen können, wollten es aber nicht. Warum?
Heitzmann: Ranil und ich hatten einen klaren Plan: Wir wollten die Mannschaft in der Liga halten und danach eine Pause einlegen. Darüber hinaus war meine Tochter noch sehr jung und meine Freundin startete nach der Elternzeit wieder in den Schuldienst. Es war somit Zeit für mich, etwas kürzer zu treten.

Weerakkody: Hierfür gab es vor allem zwei Gründe: Zum einen war ich privat sehr stark eingespannt. Und auch beruflich wurde es immer mehr, so dass es schwer war, alles unter einen Hut zu bringen. Zum anderen waren die letzten Jahre beim FCN sehr intensiv. Vor allem nach dem Abstieg aus der Verbandsliga hatten wir wieder eine sehr zehrende Saison in der Landesliga. Ich war der Meinung, dass die Mannschaft neue Eindrücke braucht und das auch in Form eines neues Trainerteams. Auch die Mannschaft hat so ein neues Gesicht bekommen.

BZ: Was hat dafür gesprochen, jetzt zwei Jahre später die Landesliga-Mannschaft wieder zu übernehmen?

Heitzmann: Die Leidenschaft zum Fußball hat mich auch in meiner Pause nie losgelassen. Ich habe sehr viel Herzblut und Energie in die Ausarbeitung eines Jugendkonzepts investiert und mich gefreut, dies in Neustadt mit jungen Fußballspielerinnen und -spielern umsetzen zu können. Mir lag und liegt sehr viel daran, den Nachwuchs zu fördern. Nachdem die Anfrage kam, habe ich tief in mich hineingehört und große Lust gespürt, wieder aktiv eine Mannschaft zu trainieren und auf dem Platz mit einer Gruppe etwas zu erarbeiten. Vor allem, wenn die Mannschaft aus solch tollen Menschen besteht.
Weerakkody: Wir beide, Florian und ich, sind Vollblutfußballer und nach der Pause hatte ich auch wieder Lust, im Fußballzirkus mitzuwirken. Es macht Spaß, mit den Jungs zu arbeiten und ihnen unsere Erfahrungen mitzugeben. Vor allem die Entwicklung der jungen Spieler zu beobachten, ist sehr interessant. Zudem kann ich meinem Heimatverein etwas zurückgeben. Ich finde die Vereinskultur sehr wichtig, um Themen wie Sozialkompetenz und Werte zu vermitteln.

BZ: 2019 war Ihr Auftrag, den Landesliga-Abstieg zu verhindern. Die Mission war erfolgreich. Welchen Auftrag verfolgen Sie dieses Mal?
Heitzmann: Die einzelnen Individuen zu einem eingespielten Team außerhalb und auf dem Platz zu formen. Wir wissen, wo wir die letzten Jahre in der Tabelle standen. Deshalb sind wir sehr demütig und müssen uns Schritt für Schritt verbessern. Nichtsdestotrotz hat ein harter Kern der Mannschaft Unglaubliches in den letzten fünf Jahren mit Aufstieg und Klassenerhalt geleistet. Der Abstieg hatte kein Auseinanderbrechen der Mannschaft zur Folge, was die starke Identifikation zeigt und das ist für mich mindestens ein genauso großer Erfolg wie die Meisterschaft in der Landesliga. Wir wollen einen Ort schaffen, den Menschen besuchen und sich begegnen.

Weerakkody: Mit dem Abstieg wollen wir natürlich nichts zu tun haben. Wir sind auch nicht so vermessen, das Ziel Aufstieg auszurufen, gerade mit Blick auf die letzten Jahre. Primär geht es um die Weiterentwicklung der Mannschaft. Wir wollen eine Einheit formen, die für gewisse Werte einsteht. Wir sehen großes Potenzial in der Mannschaft. Unsere Aufgabe wird es sein, das zur Entfaltung zu bringen.

BZ: Die ersten Trainingseinheiten mit der Mannschaft sind absolviert: In welchem Fitnesszustand befinden sich die Spieler?
Heitzmann: Die Mannschaft macht einen sehr ordentlichen Eindruck. Wir waren von den ersten Eindrücken sehr angetan. Viele Spieler waren sehr ambitioniert und haben die Trainingspläne, die Athletikcoach Dominic D’Antino zusammengestellt hat, akribisch absolviert. Was noch viel wichtiger ist als die Fitness, ist die Lust zu kicken. Diese Lust auf gemeinsames Fußballspielen war sofort spürbar.

Weerakkody: Zu Beginn hatte ich die Befürchtung, dass es da ein Problem geben wird, da die Pause sehr lang war und man sich nur durch Laufen fit halten konnte. Ich muss aber sagen, dass sich alle auf einem ordentlichen Niveau befinden. Natürlich gibt es Unterschiede. Hierzu haben wir aber die Vorbereitung, um alle auf ein gutes Niveau zu bringen.

BZ: Einige Spieler hatten lange keinen Ball mehr am Fuß: Sind technische Defizite im Training offenkundig geworden?

Heitzmann: Ich war wirklich sehr überrascht, wie flüssig und genau Passformen und Positionsspiele funktionierten. Natürlich merkt man, dass es in Situationen, in welchen der Gegner- und Zeitdruck zunimmt, einige Automatismen fehlen, aber daran werden wir arbeiten.

Weerakkody: Auch ich war positiv überrascht. Der Ball läuft schon gut. In den Spielformen merkt man jedoch schon, dass die Abläufe nicht immer passen und es häufiger zu Fehlern kommt. Das kann aber auch nicht anders sein nach dieser langen Pause. In jedem Training arbeiten wir sehr viel mit dem Ball, um wieder die Sicherheit zu bekommen, die wir auch vor Corona hatten.

BZ: Man weiß oft erst, was einem lieb und wichtig ist, wenn man es vermisst. Spüren Sie bei den Spielern eine große Lust auf Fußball?
Heitzmann: Es war für jeden eine Selbstverständlichkeit, Fußballspielen zu können. Das wurde durch die Pandemie schlagartig anders und ein Hobby ausführen zu können, wurde zu einem Privileg. Dieses Bewusstsein merkt man deutlich.

Weerakkody: Ja, das merkt man wahnsinnig. Seit ein Training mit zwei Zehnergruppen wieder möglich ist, begrüßen wir 20 Spieler im Training. Man merkt, dass jeder wieder für den Fußball brennt.

"Die Beteiligung ist super.

Jeder will sich einbringen."

Florian Heitzmann

BZ: Welchen Eindruck haben Sie vom Kader?

Heitzmann: Die ersten Eindrücke sind positiv. Wir haben eine gute Mischung aus älteren, erfahrenen und jungen Spielern mit Entwicklungspotenzial. Die Trainingsbeteiligung ist super und zeigt uns, dass sich jeder einbringen möchte.

Weerakkody: Diese Mannschaft hat sehr viel Qualität. Wir haben einen guten Mix. Aktuell haben wir rund 24 Spieler im Kader und das bedeutet auch einen gewissen Konkurrenzkampf. Menschlich sind die Jungs alle super. Darauf legen wir auch sehr viel Wert. Wir haben einige Spieler aus der Jugend dazu bekommen und drei externe Neuzugänge. Diese müssen wir nun in die Mannschaft integrieren.

BZ: Offensichtlich gibt es Sie nur im Trainer-Doppelpack: Welche Qualitäten schätzen Sie an Ihrem Partner?

Heitzmann: Ranil und ich haben unsere gesamte aktive Laufbahn zusammengespielt. Er in der Innenverteidigung und ich als Sechser direkt vor ihm. Wir haben uns schon immer im Spiel, wenn es nicht lief, kurz darüber verständigt, was wir machen müssen. Oft reichte ein Wort oder auch nur ein Blick. Auf dem Platz denke ich zu wissen, was in ihm vorgeht und umgekehrt. Trotzdem sind wir verschieden und ergänzen uns. Er ist ein Mensch, in dessen Umgebung man sich sehr wohlfühlt. Ich schätze seine Unkompliziertheit und Klarheit sehr an ihm. Er ist und war ein Spieler, der immer die tiefe Überzeugung hatte, ein Spiel zu gewinnen. Das erscheint auf den ersten Blick logisch, ist es aber nicht.

Weerakkody: Florian und ich haben bereits in der Jugend beim FC Neustadt zusammen gespielt, wechselten dann allerdings beide. Unsere Wege kreuzten sich dann erst wieder Jahre später beim FV Donaueschingen. Seit 2007 sind wir den gleichen Weg gegangen, sind sowohl mit Donaueschingen, als auch mit dem FC Neustadt in die Verbandsliga aufgestiegen. Florian und ich denken den Fußball gleich und haben so gut wie immer die gleiche Meinung. Vor allem schätze ich an ihm, dass er mit absoluter Überzeugung und Herzblut bei der Sache ist. Er macht sich sehr viele Gedanken, auch abseits des Platzes. Die Einheiten sind perfekt durchgeplant und Florian überlässt nichts dem Zufall. Gleichzeitig hat er einen super Charakter, sagt seine Meinung gerade heraus, man weiß immer, woran man bei ihm ist.

BZ: Oft entscheiden Kleinigkeiten die Spiele: fußballerische, aber auch jene in puncto Leidenschaft und Wille. Was wollen Sie von den Blauen in der kommenden Runde sehen?

Heitzmann: Wir wollen eine leidenschaftliche Mannschaft sehen, die durch ihr Auftreten die Menschen glücklich macht. Ich bin überzeugt, dass die Leute es spüren, wenn sich eine Mannschaft total hingibt und dadurch etwas Positives versprüht. Mir ist das positive und leidenschaftliche Auftreten sehr wichtig.

Weerakkody: Viele Mannschaften sind auf ähnlichem Niveau und man gewinnt gegen keine Mannschaft in der Liga, wenn man nicht 100 Prozent Einsatz, Leidenschaft und Wille auf den Platz bringt. Die fußballerischen Voraussetzungen sind da, aber die werden alleine nie ausreichen. Wir möchten die Mannschaft zu einer eingeschworenen Einheit formen. Das fängt im Training an, da wollen wir sehen, dass jeder das Abschlussspiel gewinnen will und auch Emotionen da sind. Das gehört beim Fußball dazu, dass auch mal die Fetzen fliegen im Training. Danach gibt man sich wieder die Hand und das Thema ist vergessen. Das alles müssen wir dann in die Spiele transportieren.

Aufrufe: 027.5.2021, 12:00 Uhr
Jürgen Ruoff (BZ)Autor