2024-05-23T12:47:39.813Z

Interview
Giselle Beylich deutet mit dem Finger nach rechts, im Hintergrund zwei Juniorenspieler des SE Freising.
Giselle Beylich deutet mit dem Finger nach rechts, im Hintergrund zwei Juniorenspieler des SE Freising. – Foto: Lehmann

FC Bayern nebenbei: Giselle Beylich (15) behauptet sich zwischen Burschen des SE Freising

„Brauche diesen Kampf“

Sie spielt beim FC Bayern München – aber vor allem bei den B-Junioren des SE Freising: Giselle Beylich (15) hat in jungen Jahren gelernt, sich durchzusetzen.

Freising – „Ich will Profi werden.“ Giselle Beylich (15), die als einziges Mädchen im B-Juniorenteam des SE Freising in der Bezirksoberliga kickt, hat klare Vorstellungen für ihre fußballerische Zukunft. Und ihre Chancen stehen gut: Zusätzlich läuft sie mit einem Zweitspielrecht für den großen FC Bayern München auf, steht in der Bayernauswahl – und auch zu einem Lehrgang der deutschen Juniorinnen-Nationalmannschaft wurde sie schon eingeladen.

Giselle, wie bist du als junges Mädchen aufs Fußballspielen aufmerksam geworden?

Ich habe einen fünf Jahre älteren Bruder, und der hat früher auch Fußball gespielt. Ich bin dann immer, wenn er mit seinen Freunden zum Spielen gegangen ist, mitgekommen und habe mitgekickt. Wir wohnen direkt neben einem Fußballplatz. Das hat mir auch relativ schnell dabei geholfen, gut zu werden.

Die logische Konsequenz war ein Wechsel in einen Verein. Wo hast du deine Fußballkarriere gestartet?

Angefangen habe ich im Alter von sechs Jahren in Finsing, wo ich bis zur D-Jugend gespielt habe. Dann habe ich bei der Spielgemeinschaft JFG Speichersee bis zur C-Jugend gekickt und oft als D-Juniorenspielerin schon in der C-Jugend mitmischen dürfen. Im zweiten Jahr in der C-Jugend bin ich nach Freising gewechselt, wo ich in der D-Jugend im Stützpunkt war. Und da haben die Jungs schon immer zu mir gesagt: „Komm doch zu uns.“ Irgendwann habe ich ein Probetraining mitgemacht, wurde genommen und bin gewechselt, auch weil sie höherklassiger als meine ehemalige Mannschaft gespielt haben.

„Es wäre cool, wieder in die Nationalmannschaft reinzukommen.“

Zusätzlich spielst du mit dem U17-Team des FC Bayern München in der B-Juniorinnen-Bundesliga. Wie kam es dazu?

Beim FC Bayern besitze ich ein Zweitspielrecht. Das bedeutet, wenn ich mit Freising kein Spiel habe, trete ich beim FC Bayern an. Dort habe ich auch viele Vorbereitungsspiele bestritten. Zusätzlich trainiere ich einmal in der Woche am Donnerstag bei Bayern mit. Zum Wechsel ist es nach einem Turnier gekommen, als sich der Trainer bei meiner Mutter gemeldet und mich zum Probetraining eingeladen hat. Damals dachte ich mir: Okay, das geh ich mir mal anschauen. Ich habe dann auch normal mittrainiert und wurde direkt genommen. Aber ich habe damals gesagt: Wenn ich komme, dann nur mit Zweitspielrecht, weil ich noch bei den Jungs bleiben wollte.

Warum hast du die Junioren des SE Freising den Mädels des FC Bayern vorgezogen?

Weil ich wirklich gerne mit Jungs spiele und diesen Kampf brauche. Ich bin auch in Freising schon direkt in die U 17 hoch, obwohl ich noch in der U 15 hätte spielen dürfen. Ich mag es gerne, gegen Jungs zu kicken, die größer und stärker sind, mich durchsetzen und kämpfen zu müssen.

Zusätzlich zu den vielen Partien und Trainingseinheiten bist du auch für verschiedene Auswahlteams nominiert worden.

Ja, ich spiele in der Bayernauswahl und zu einem Lehrgang der deutschen Nationalmannschaft wurde ich auch schon eingeladen. Allerdings habe ich eine kleine Verletzung am Fuß und bin deshalb nicht ganz fit. Das ist bisher die einzige Verletzung in meiner Karriere. Und wenn man natürlich nicht bei 100 Prozent ist, wird man erstmal nicht mehr eingeladen. Deshalb warten wir jetzt erstmal ab. Vielleicht werde ich dann wieder nominiert.

Spielszene mit Giselle Beylich im Trikot des FC Bayern München.
Spielszene mit Giselle Beylich im Trikot des FC Bayern München. – Foto: privat

Was sind deine weiteren Ziele für die Zukunft?

Natürlich wäre es cool, wieder in die Nationalmannschaft reinzukommen. Zudem will ich schauen, wie weit es bei Bayern geht, wie hoch ich es allgemein schaffen kann. Mein Ziel ist es, Profi zu werden. Natürlich habe ich dadurch wenig Freizeit, weil ich jeden Tag am Trainieren bin. Aber so ist das halt, wenn man es wirklich will. Und ich habe jetzt echt schon viel erreicht, das könnte ich alles gar nicht aufgeben. Fußball ist einfach meine Leidenschaft – und wenn man das am Ende noch zum Beruf machen könnte, wäre das echt optimal.

Was war bisher der größte Erfolg in deiner Karriere?

Auf jeden Fall, dass ich für die Nationalmannschaft nominiert wurde. Ich durfte auch beim Länderpokal mit der Bayernauswahl antreten – und auch da durfte ich immer bei den Älteren mitspielen. Das war das Größte für mich.

Aktuell spielst du in zwei Teams parallel. Was sind deine Saisonziele mit den jeweiligen Mannschaften?

Bisher habe ich mehr Spiele bei Freising bestritten. Daher will ich schauen, dass wir es in der Tabelle bis an die erste Stelle schaffen. Bei Bayern wollen wir natürlich auch relativ weit oben landen.

Was sind deine Stärken und Schwächen im Spiel?

Meine größten Stärken sind die Ballverteilung und die Ruhe am Ball. Im Gegensatz zu den Jungs bin ich langsamer und körperlich häufig unterlegen. Das kann ich aber oft durch meine spielerischen Fähigkeiten ausgleichen.

Du hast ja einen guten Vergleich zwischen Männer- und Frauenfußball. Wie unterscheiden sich für dich die Bedingungen beim SEF und FC Bayern?

Bei einem Spiel nur gegen Jungs wird man am Anfang immer schief angeguckt. Dann kommt oft: „Boah, da ist ja ein Mädchen“ oder ähnliches. Aber man wird ja nicht anders behandelt, man muss trotzdem normal trainieren. Beim SEF ist das dreimal in der Woche. In Freising mit den Jungs ist es einfach viel körperlicher – ansonsten ist aber alles relativ gleich. Auch bei Bayern bin ich schnell gut aufgenommen worden, ich kannte bereits einige Spielerinnen. Dort bekommen wir zusätzlich sehr viel Ausstattung.

Der FC Bayern ist ein großer Name in der Fußballwelt. Wie viel Kontakt besteht zu den Profiteams?

Wir trainieren gar nicht in der Nähe der Männer, da haben wir also keinen Bezug zu. Allerdings trainieren auch einige von uns in der zweiten Frauenmannschaft mit – da habe ich auch schon mitmachen dürfen. Das Team spielt ja in der 2. Bundesliga.

Die Gehaltsspanne zwischen Frauen- und Männerfußball ist ungemein groß. Empfindest du das nicht als ungerecht?

Ich sag’s mal so: Der Frauenfußball wird nicht so gut unterstützt, was schade ist. Natürlich unterscheidet sich der Männerfußball deutlich von dem der Frauen. Aber Frauen müssen genauso viel und hart trainieren und alles geben – das ist dann natürlich ungerecht. Wenn ich etwas verändern könnte, würde ich die Gehälter angleichen. Als Frau ist man froh, wenn man vom Profigehalt leben kann.

„Ich bin niemand, der mit so etwas prahlt.“

Natürlich ist man im Fußball in so jungen Jahren auf Hilfe angewiesen. Wer hat dich am meisten unterstützt?

Auf jeden Fall meine Eltern und vor allem meine Mama. Sie war bei jedem Spiel da, hat mich gefahren und alles organisiert. Natürlich auch mein Bruder, denn wegen ihm habe ich ja angefangen zu spielen. Zusätzlich gab es immer ein paar Vorbilder, bei denen man sich denkt: So will ich spielen. Von klein auf war das für mich immer Neymar. Ich mochte seine Art zu spielen. Jamal Musiala ist auch so einer, der alles gibt. Sowas mag ich einfach, wenn man voll dahintersteht und bodenständig bleibt. Als ich zu Bayern gekommen bin, habe ich das niemandem erzählt, auch das mit der Nationalmannschaft habe ich für mich behalten. Ich bin niemand, der mit so etwas prahlt, denn ich mag das nicht.

Als Profi könntest du selbst bald Vorbild für viele junge Fußballerinnen sein. Welche Tipps hast du für den Nachwuchs?

Wenn man es wirklich schaffen will, sollte man immer alles geben. Mir hat es echt geholfen, mit den Jungs zu spielen, weil ich dadurch immer den zusätzlichen Biss hatte. Und natürlich ist auch Ehrgeiz wichtig – das braucht jeder, der etwas erreichen will. Man wird auch einfach besser, wenn man an sich arbeitet. Und natürlich muss von Anfang an auch ein bisschen Talent da sein.

Das Gespräch führte Franziska Kugler

Aufrufe: 07.10.2021, 05:00 Uhr
Franziska KuglerAutor