2024-06-17T07:46:28.129Z

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Archivbild F: Harneit
Archivbild F: Harneit

"Es tut natürlich weh"

Julian Geils spricht über seinen Rücktritt als Trainer der TuSG Ritterhude

Nach der gestrigen Niederlage gegen die SV Ahlerstedt/Ottendorf zog Julian Geils, bis dahin Trainer der TuSG Ritterhude, die Reißleine und gab seinen Rücktritt bekannt. Im Interview hat er mit uns über die Hintergründe seiner Entscheidung gesprochen und auch der ehemalige Co-Trainer Marco Grahl hat sich zum Rücktritt seines Vereinskollegen geäußert:

Von der Kreisliga zum Klassenerhalt in der Landesliga


Die letzten sechs Jahre verbrachte Julian Geils bei der TuSG Ritterhude, zunächst als Spieler und während der letzten vier Jahre als Trainer. Sechs Jahre, in denen es für die TuSG nur einen Weg gab - und zwar den nach oben. 2014 erkämpften die Ritterhuder sich als Kreisligameister einen Platz in der Bezirksliga und sicherten sich nur vier Jahre später den Klassenerhalt in der Landesliga. Doch jedes Märchen hat einmal ein Ende und das von Julian Geils endete mit der Niederlage gegen die SV Ahlerstedt/Ottendorf am Sonntag, die die mittlerweile 12. in dieser Saison war.

"Es ist ein schleichender Prozess gewesen. Es ging eigentlich schon in der letzten Saison in der Rückrunde los. Das ganze Jahr war sehr kräftezehrend, weil wir immer 100 Prozent geben mussten, um in der Landesliga bestehen zu können", erklärt Geils, "Trotzdem hat es überragend für uns geendet. Ich hatte dann gehofft, dass viele junge und neue Spieler neue Energie bringen. Das war am Anfang auch so, ich musste den Jungs aber auch von Anfang an erklären, dass wir in jeder Trainingseinheit Gas geben und alles raushauen müssen, um als so kleiner Verein in der Landesliga zu bestehen und das hat nicht bei allen so funktioniert."

Bereits die Vorbereitung im Sommer ließ zu wünschen übrig. Viele Spieler waren während der wichtigen Trainingseinheiten verhindert, was nicht die beste Voraussetzung für einen vernünftigen Saisonstart war.

"Grundvoraussetzung ist die Mentalität"


Die Konsequenzen bekam die TuSG prompt zu spüren - in 15 Spielen konnte Ritterhude bisher gerade einmal 5 Punkte einfahren und liegt damit - zusammen mit dem TSV Winsen/Luhe - weit abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz.

"Ich habe alles probiert und auch Spieler suspendiert, bei denen die Mentalität nicht stimmte, aber es hat nichts gefruchtet - die Trainingsbeteiligung wurde immer schlechter und da fragt man sich als Trainer auch, wofür man diese ganze Energie investiert", so Geils, "Wenn man so wenig von der Mannschaft zurückbekommt, ist man irgendwann nicht mehr bereit, diesen Aufwand zu betreiben. Es waren definitiv nicht alle, aber in der Masse zu viele Spieler, bei denen die Mentalität nicht gegeben ist."

Hinzu kam der Abgang einiger wichtiger Führungsspieler der TuSG, die laut Geils einen wichtigen Einfluss auf die Mannschaft hatten: "Mit Andre Grundmann, Marco Grahl, Nils Ringe und Fabian Middelsdorf ist uns auch viel Mentalität verloren gegangen".

"Irgendwann ist der Akku leer"

"Ich habe 4 Jahre lang Vollgas gegeben und irgendwann ist der Akku leer, wenn nicht genug zurückkommt. Es hat nichts mit den Ergebnissen zu tun. Ich weiß, wo wir herkommen und welche Mittel wir haben und ich hätte mit den Ergebnissen leben können, wenn ich weiß, dass wir 100 Prozent geben. Es ist also nicht der aktuellen Situation geschuldet, dass ich zurückgetreten bin, sondern liegt an der Mentalität von einem Teil der Mannschaft", beschreibt Geils, "Es tut natürlich weh, ich war jetzt 6 Jahre lang ein Teil der Mannschaft. So wie es jetzt lief, ist das aber nichts, womit ich mich identifizieren kann. Es gab keinen Streit mit jemandem und ich habe mit keinem Spieler menschlich ein Problem. Es liegt nur an der Einstellung als Fußballer, die bei einigen nicht passt. Also das ist überhaupt keine Trennung im Bösen."

Für Geils, der sein Leben seit seinem 6. Lebensjahr auch immer zu einem großen Teil dem Fußball gewidmet hat, beginnt jetzt ein neuer Lebensabschnitt, in dem zunächst die Familie im Vordergrund stehen wird: "Ich werde jetzt erstmal Abstand zum Fußball suchen. Das wird für mich eine völlig neue Situation. Vielleicht stelle ich fest, dass es auch noch so viel mehr außerhalb des Fußballs gibt, dass ich merke, dass ich das gar nicht mehr brauche, vielleicht juckt es mir in einem halben Jahr aber auch wieder in den Fingern und ich merke, dass ich wieder was mit Fußball zu tun haben muss", erklärt der 35-Jährige.

"Wir hatten 6 richtig tolle Jahre, haben einiges geschaffen - von der Kreisliga in die Landesliga und das ist das Entscheidende, dass man das Postitive mitnimmt. Ich habe ganz viele tolle Menschen kennengelernt und so viele tolle Erlebnisse gehabt und die TuSG wird immer mein Verein sein. Es wird anders sein als vorher, aber ich bin ja nicht aus der Welt", verabschiedet sich Geils.

"100 Prozent oder gar nicht"

Auch für den langjährigen Weggefährten und ehemaligen Co-Trainer von Geils, Marco Grahl, fällt der Abschied schwer: "Erstmal finde ich es sehr schade, dass er aufhört. Er hat mich damals mit dem "Konzept Ritterhude" überzeugt, noch einmal zu wechseln. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Julian hat vier Jahre eine Klasse Arbeit in Ritterhude geleistet. Aus den Mitteln und Bedingungen hat er das Maximum rausgeholt. Dass wir letztes Jahr den Klassenerhalt geschafft haben, war schon ein kleines Wunder. Leider lief es in dieser Saison bisher nicht so positiv und das nagt an der Substanz. Julian ist sehr ehrgeizig und investiert eine Menge Zeit in das „Hobby“. Aber wenn der Akku leer ist, sollte man seine Entscheidung respektieren - 100 Prozent oder gar nicht. Ich wünsche ihm alles Gute für die Zukunft."

Zumindest bis zur Winterpause wird das Amt des Cheftrainers der bisherige Co-Trainer Bastian Haskamp übernehmen, zum Frühjahr soll eine neue Lösung gefunden werden, weil "ein neuer Impuls von außen gebraucht wird", wie Geils beschreibt.

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Aufrufe: 019.11.2018, 15:30 Uhr
Lena VarogaAutor