Der landläufigen Meinung zufolge ist gehobener Amateurfußball fast nur für Schüler oder Studenten stemmbar - und so gut wie gar nicht mit einer handwerklichen Tätigkeit vereinbar. Einer, der diese These komplett auf den Kopf stellt, ist Michael Belzner von der SpVgg Ansbach. Der gelernte Stuckateur ist der Beweis dafür, dass nach einem langen, bis zu elf Stunden andauernden Arbeitstag auf dem Bau durchaus noch Bayernliga-Fußball möglich ist. Wenngleich der 25-Jährige zugibt: "Ein bisschen irre muss man schon sein."
Morgens um 7 Uhr - nach teilweise stundenlanger Anfahrt - ab auf das Gerüst. Wände verputzen, Malerarbeiten, Wärme dämmen. Und das bis 17 Uhr im Akkord. Bei Wind und Wetter. Bei zweistelligen Minusgraden genauso wie bei brütender Hitze. Danach rein ins Auto, flott nach Hause, umziehen, vielleicht eine Kleinigkeit essen und dann ab auf den Trainingsplatz, ehe gegen 22 Uhr der Tag dann langsam aber sicher sein Ende nimmt. "Stehen unter der Woche lange Auswärtsfahren an, kommt es schon mal vor, dass ich gegen 10 Uhr Feierabend mache, um rechtzeitig zum Treffpunkt zu kommen", berichtet Michael Belzner. "Gott sei Dank habe ich einen entspannten Chef, der es mir ermöglicht, auch kurzfristig Urlaub zu nehmen."
Für seine Leidenschaft bringt der 25-Jährige große Opfer, weshalb ihn manche als verrückt bezeichnen. Das ist er auch, wie er selbst mit einem Augenzwinkern zugibt. Der Außenverteidiger der Mittelfranken ist aber auch an Musterbeispiel an Willen, Ehrgeiz und Disziplin - in jeder Hinsicht. Aber dazu später mehr. "Ich schiebe meine Arbeit nie als Ausrede vor, um vielleicht mal ein Training sausen lassen zu können", versichert Belzner und wird von seinem Spielertrainer Christoph Hasselmeier bestätigt: "Es ist einzigartig, was er nach 50-Wochen-Stunden auf dem Bau noch auf dem Platz leistet."
Michael Belzner, der sich selbst mit Gladbachs Dauerläufer Stefan Lainer vergleicht, ist vielleicht nicht der brillante Techniker, der seine Gegenspieler auf der Außenbahn auf dem Bierdeckel vernascht. Er ist aber auf alle Fälle einer, der nie aufgibt, der Kilometer frisst und nimmermüde scheint - einer, der Fußball arbeitet. "Das ist einfach mein Naturell", tut der Bad Winzheimer seine beachtlichen Leistungen auf dem Platz nach körperlich anstrengenden Stunden neben dem Platz ab.
Seine Arbeit auf dem Bau kommt ihn als Fußballer vielleicht sogar zugute. Extra Laufeinheiten sind angesichts seines pickepackevollen Alltages schlicht und einfach nicht drin. Seine überdurchschnittliche Fitness holt er sich bei seinem Beruf - und auch durch seine Vollgas-Einstellung bei jedem Training. "Sein Pensum während der Einheiten ist Wahnsinn", betont Coach Hasselmeier. Wille, Ehrgeiz, Disziplin - das hatten wir bereits vorher einmal.
Hinzu kommt beim Vize-Kapitän der jungen Ansbacher Truppe, dass er ein durchwegs positiver Mensch ist. Bei ihm ist das Glas eigentlich immer ganz voll, nicht nur halb - wobei das in der 3. Halbzeit auch sprichwörtlich verstanden werden darf. Gestresst oder gehetzt wirkt der 25-Jährige so gut wie nie, wie aus dem Mannschaftskreis zu hören ist. Und auch er selbst spricht seine Sonnenschein-Mentalität an, betont aber gleichzeitig: "Auf dem Platz gibt's für mich keine Freunde, daneben umso mehr."