2024-05-02T16:12:49.858Z

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Verfolgt hohe Ziele mit dem Nachwuchs von Türkgücü München: Alban Zinsou.
Verfolgt hohe Ziele mit dem Nachwuchs von Türkgücü München: Alban Zinsou. – Foto: privat

„Eine Unverschämtheit“ - Türkgücü-Nachwuchschef Zinsou attackiert BFV

Ärger über Aufstieg durch Losen

Alban Zinsou kümmert sich um den Nachwuchs von Türkgücü München. Im Interview spricht er über den Rückstand auf den TSV 1860 und Haching und kritisiert den BFV.

München – Die U-19 des TuS Geretsried führte Alban Zinsou in die Bayernliga. Seit vergangenem Sommer hat der 41-Jährige einen neuen Job: Nachwuchskoordinator bei Türkgücü München. Im Interview spricht Zinsou über die Jugendarbeit beim ambitionierten Drittligisten und kritisiert Entscheidungen des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV).

Herr Zinsou, Türkgücü wird nicht mit nachhaltiger Jugendarbeit in Verbindung gebracht. Zu Unrecht?

Ich gehörte auch zu denen, die Türkgücüs Jugendarbeit kritisch beäugt haben. Der sportliche Erfolg war nicht vorhanden, trotzdem musste ich mich regelmäßig damit auseinandersetzen, dass auch Spieler aus meinen Mannschaften zu dem Verein wechseln wollten.

Warum wollen junge Spieler denn zu Türkgücü wechseln?

Wir haben eine klare Planung, wollen bis 2025 auf NLZ-Niveau sein. Von unseren fünf Jugendmannschaften hat bis zum Abbruch der Saison keine ein Spiel verloren. Ich fahre auch zu den Spielern nach Hause und spreche mit den Eltern. Wir sind immer auf der Suche nach motivierten Neuzugängen, versprechen ihnen aber keine Verträge, sondern eine sportliche Perspektive.

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Welche Infrastruktur gibt es aktuell?

Wir bieten jetzt schon Fördertraining für besonders begabte Kicker an, arbeiten mit Mentalcoaches und Trainern, die bereits in Nachwuchsleistungszentren trainiert haben. Demnächst sollen noch Athletiktrainer hinzukommen. Zudem wollen wir Kooperationen mit Vereinen eingehen, bei denen unsere Nachwuchsspieler auflaufen können, die es nicht sofort zu den Profis schaffen.

Der BFV hat entschieden, die Aufsteiger in den Jugendligen auszulosen. Ihre Meinung dazu?

Das ist aus meiner Sicht eine Unverschämtheit. Wir und andere Vereine haben uns die vorderen Plätze sportlich erkämpft und nun soll ein Glücksspiel entscheiden? Da wird doch der Wettbewerbsgedanke völlig mit den Füßen getreten. Wie sollen wir das unseren Spielern erklären, die das ganze Jahr auf den sportlichen Aufstieg hin gearbeitet haben? Ich bin mir sicher, dass das viele Vereine nicht hinnehmen werden. Es geht nicht nur um Türkgücü. Für uns ist es aber doppelt bitter, da es uns in unseren NLZ-Plänen deutlich zurückwerfen würde.

Zinsou kritsiert BFV-Entscheidung im Jugendbereich: Bei Webinar waren „Teilnehmer auf stumm geschaltet“

Welche weiteren Probleme birgt die Entscheidung?

Ich sehe die Gefahr, dass Mannschaften, die uns deutlich unterlegen sind, die Lust an dem Wettbewerb verlieren. In der abgelaufenen Saison hat die JFG aus Putzbrunn nach dem Spiel gegen unsere U-19 (Endergebnis 27:0, Anm. d. Red.) ihre Mannschaft zurückgezogen. In der U-15 kam Haidhausen mit neun Spielern zum Auswärtsspiel, von denen drei weitere nach zwei Spielminuten „verletzungsbedingt“ aufhören mussten. Solche Szenarien werden sich wiederholen, sollten wir weiterhin mit unseren Mannschaften in der Kreisliga spielen müssen. Das ist sicher nicht im Sinne der Jugendförderung.

Hat der BFV die Vereine in die Entscheidung mit einbezogen?

Der BFV hat ein Webinar veranstaltet, bei dem alle Teilnehmer auf stumm geschaltet waren. Alle Vereine mussten die Entscheidung einfach hinnehmen, Dialog sieht anders aus. Wenn ich selbst von der Schlagkraft meiner Ideen überzeugt bin, suche ich das Gespräch und will andere davon überzeugen. Die Ideen und Vorgehensweisen des Verbandes sind aktuell der größte Gegner unseres sportlichen Erfolges.

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Sportlich erfolgreiche Jugendabteilungen haben 60 und Haching. Vorbilder?

1860 und Haching sind beim Thema Nachwuchsarbeit und vor allem auch Nachhaltigkeit natürlich absolute Vorbilder. Für mich ist Demut ein sehr wichtiges Wort. Es wäre vermessen zu sagen, dass wir die beiden Vereine in der Jugendarbeit überholen werden. Es ist aber natürlich unser Ziel, dorthin zu kommen. Und, wenn bei 60 oder Haching mal ein Trainer oder Talent aufhört, können Sie sich sicher sein, dass wir uns um sie bemühen werden (lacht). (Interview: Nico-Marius Schmitz) *tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

Aufrufe: 07.6.2021, 10:53 Uhr
Nico-Marius SchmitzAutor