2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
– Foto: FuPa Lüneburg

"Die Mannschaft hat es nicht geschafft, als Team zu funktionieren"

OSC-Trainer Yusuf Sahin nennt Gründe für seinen Rücktritt

Einen niedergeschlagenen Eindruck macht Yusuf Sahin ganz und gar nicht. Im Gegenteil: Der 39-Jährige schildert abgeklärt die Gründe, warum er nach der 0:4-Heimniederlage des OSC Bremerhaven gegen den TuS Schwachhausen als Trainer des Fußball-Bremenligisten zurückgetreten ist.

Für seinen Schritt seien weder Druck noch ein gestörtes Verhältnis zu Spielern des ambitionierten Aufsteigers ausschlaggebend gewesen.
„Ich komme mit dem Druck sehr gut klar und das war nicht der Grund meiner Entscheidung. Ich bin meiner Linie treu geblieben. Ich habe mit allen Spielern ein gutes Verhältnis und das wird auch so bleiben“, betont Sahin, der früher selbst für den OSC gekickt hat. Das unglückliche Interview von Justin Sauermilch, in dem der Innenverteidiger die Taktik des Coaches und die Trainingsintensität kritisiert hatte, und der Abgang von Kapitän Jan-Magnus Ahrens – all das habe für ihn keine Rolle gespielt: „Ich habe in meiner Trainerkarriere vielleicht sechs Spieler rausgeschmissen ¨– und mit allen habe ich noch ein gutes Verhältnis.“ Bestes Beispiel dafür sei Egzon Sula, von dem der sich in der gemeinsamen Zeit beim FC Land Wursten getrennt habe, um dann bei OSC wieder mit dem Abwehrspieler zusammenzuarbeiten.

"Es ist Zeit für einen anderen Ansatz und eine andere Ansprache"
Dennoch ist klar, dass die Spieler einen Anteil an Sahins Abgang haben. Der Aufsteiger war mit hohen Erwartungen in die Saison gestartet. Nach dem Gewinn der Landesliga-Meisterschaft wollte man sich in der Bremenliga-Spitze etablieren, um dann in den nächsten zwei, drei Jahren den Aufstieg in die Regionalliga Nord in Angriff zu nehmen. Dafür hatte die Führungsriege um den Sportlichen Leiter Björn Böning und Mäzen Bernd Günther die Mannschaft auch noch einmal verstärkt – zumindest auf dem Papier. Denn trotz hochkarätiger Neuzugänge fiel der Start mit fünf Punkten aus sechs Spielen desaströs aus.
So macht Sahin auch keinen Hehl daraus, dass ihm die Einstellung seiner Kicker zu schaffen gemacht hat: „Ich hatte erwartet, dass sich die Mannschaft nach der Pause gegen Schwachhausen mit aller Macht gegen die Niederlage stemmt, das war leider nicht so. Den Willen von einigen habe ich vor allem in diesem Spiel vermisst. Die Mannschaft hat es nicht geschafft, als Team zu funktionieren. Das ist das Einzige, was ich der Mannschaft vorwerfen werde. Fußball ist ein Mannschaftssport und das haben einige leider noch nicht begriffen, was ich sehr schade finde.“
Dabei sei klar, dass er letztlich den Rücken für die schlechten Ergebnisse hinzuhalten habe: „Als Trainer bin ich für diese Situation verantwortlich. Ich konnte mich aber mit der Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben, nicht identifizieren. Uns hat auch das notwendige Quäntchen Glück in vielen Spielen gefehlt, aber das lasse ich nicht als Rechtfertigung gelten.“ Dass der Vorstand und Bernd Günther versucht haben, ihn vom Rücktritt abzubringen, habe ihn zwar gefreut: „Ich bin aber der Überzeugung, dass ein Wechsel auf der Trainerposition notwendig ist, um in die Erfolgsspur zurückzufinden. Man darf nicht egoistisch handeln. Es ist Zeit für einen anderen Ansatz und eine andere Ansprache.“

"Ich bin Trainer durch und durch"
Sahin geht ohne Zorn und wünscht seinen ehemaligen Schützlingen alles Gute für den weiteren Saisonverlauf. Das Alibi, den Trainer für den ausbleibenden Erfolg verantwortlich zu machen, sei ja jetzt weg. Der 39-Jährige freut sich, dass der OSC das Projekt Regionalliga-Aufstieg weiter vorantreiben will. Um dieses Ziel zu erreichen, seien Investitionen in die Mannschaft seiner Einschätzung nach jedoch nur ein Teil: „Wenn die Struktur nicht stimmt, kannst du einen Profi-Trainer und die geilsten Spieler holen – es ist zum Scheitern verurteilt.“ Darüber hinaus hält Sahin mehr Bescheidenheit im Auftritt für geboten – die vor allem von Günther postulierte Vorgabe, Bremerhavens bester Verein zu werden, sei kontraproduktiv: „Dafür kannst du dir nichts kaufen, damit provozierst du nur.“

Wie es bei ihm weitergeht, weiß Sahin noch nicht. Er habe jetzt einfach wieder Lust, selbst mehr Fußball zu spielen. Sahin geht aber davon aus, dass er in absehbarer Zeit wieder eine Mannschaft übernehmen wird: „Ich bin Trainer durch und durch.“ Eine andere Funktion im OSC, wie Bernd Günther es angeregt hatte, komme für ihn dagegen nicht in Frage: „Das ziehe ich nicht in Betracht.“


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Aufrufe: 07.10.2020, 17:59 Uhr
FuPa BremerhavenAutor