Weil bei nur einem Sieg und drei Unentschieden in den ersten sieben Spielen die Zwischenbilanz nicht den Erwartungen gerecht wurde, war vieles, was beim 3:1 (0:0) über den Liga-Neuling Eintracht Frankfurt lange Zeit alles andere als locker lief, für ihn „vor allem eine Frage der Psyche“.
Auch der eigenen übrigens, denn die drei Punkte waren das, was man einen Befreiungsschlag nennt, rangiert der weibliche Clubnachwuchs jetzt doch auf Platz sieben im Zehnerfeld mit neun Punkten deutlich vor dem Frankfurter Aufsteiger (9./drei Punkte). Entsprechend groß war der Jubel bei den Teenagern, noch größer war jedoch Cankayas Erleichterung darüber, „dass sich die Mannschaft endlich wieder für ihren Aufwand mit einem Erfolg belohnt hat“. Das nimmt vorerst eine Menge Druck von den Spielerinnen — und vom Trainer: „Denn wie will ich den Mädchen immer wieder glaubhaft erklären, dass alles richtig ist, was sie machen, auch wenn der Erfolg ausbleibt.“
Diesmal blieb der Erfolg nicht aus, damit haben sie unter dem Strich alles richtiggemacht — „auch wenn nicht immer gut“, wie der Trainer einräumt. Aber Fehler dürfen sie machen, wird im Nachwuchskonzept der Aus- und Weiterbildung doch Priorität eingeräumt. „Wir wollen Fußball spielen“, sagt er, wobei die Betonung auf dem Wort spielen liegt. Möglichst wenige Ballberührungen, schnelles Umschalten und Pressing soll die Gegner zu Fehlern zwingen — und dafür wird das Risiko eigener Fehler und Negativerlebnisse in Kauf genommen.
Was gegen mitspielende Mannschaften klappte — beim deutschen Meister Bayern München und beim Spitzenreiter VfL Sindelfingen gab es jeweils ein 1:1 und hinterher viel Anerkennung, chancenlos war der Club nur beim 0:3 gegen den FFC Frankfurt —, fiel gegen weniger konstruktive Teams wesentlich schwerer.
Aktuell auch gegen die Eintracht antworteten die Hessinnen auf die vielen leichten und vor allem zu schnellen Ballverluste der Gastgeberinnen doch oft schmucklos, aber effektiv mit Steilpässen. In Gina Buglisi besaßen sie eine schnelle und spielerisch starke Angriffsspitze, die ein ständiger Unruheherd für die Club-Abwehr war. Dass sie keinen Flurschaden anrichtete, lag an der umsichtigen Paula Bittner im Deckungszentrum und einmal auch am ausgebliebenen Elfmeterpfiff nach einem allzu energischen Rempler (37.). Gut für die sichtlich angespannten Nerven der Gastgeberinnen, die kurz nach der Halbzeitpause das erste Mal aufatmen konnten, als Pia Weiß das 1:0 (42.) nach präziser Vorarbeit von Alisa Pesteritz erzielte, die noch am Montag in der deutschen U16-Nationalmannschaft beim 3:1 in England ihr sechstes Länderspiel bestritten hatte.
Als Rebecca Leinberger ihre technische Veranlagung nicht nur andeutete, sondern mit dem 2:0 (51.) gekonnt in ihr viertes Saisontor ummünzte, bewiesen die Gäste jedoch Nehmerqualitäten und Kampfkraft gegen den jetzt spielerisch überlegenen, aber im Ausnutzen der Chancen nicht konsequenten Club. Die Nerven wurden daher wieder einmal strapaziert bei allen Beteiligten nach dem 1:2 durch Alinas Michaelis (71.) — folgerichtig nach einem Steilangriff. Aber diesmal hielten sie, wurde der Mut zur Offensive durch die erst zehn Minuten vorher eingewechselte Jasmin Gnan mit dem erlösenden 3:1 (80.) belohnt, die lange Nachspielzeit wegen der Verletzung einer Frankfurterin, die ins Krankenhaus gebracht werden musste, wurde problemlos überstanden.
Happy waren sie danach, auf dem Spielfeld und auf der Auswechselbank — und entsprechend freudig klang wenige Minuten später das gemeinsame „Happy-Birthday“-Ständchen zum 50. Geburtstag von Nachwuchsleiter Jürgen Raumer, dessen Geschenkwunsch, ein Sieg natürlich, prompt erfüllt worden war. Nur mitgesungen hat diesmal Aida Kardovic, die nach den Wechselquerelen mit der SpVgg Mögeldorf bisher nicht eingesetzt werden durfte.
Erstmals dabei in der Bundesliga ist die talentierte, erst 14 Jahre junge Offensivspielerin — „endlich, denn die Warterei war für mich alles andere als schön“ — am Samstag beim SC Freiburg zum Abschluss der Vorrunde. „Ein Gegner mit sehr viel Offensivkraft“, lautet Trainer Cankayas Einschätzung des Tabellendritten. Da passt es ihm natürlich ins Konzept, dass er mit Kardovic eine Alternative mehr zur Verfügung hat. Denn eine Überraschung traut er seiner Mannschaft durchaus zu, „müssen wir uns spielerisch vor keinem Gegner verstecken.“ Und die Psyche stimmt nach dem jüngsten Erfolg vielleicht auch.