2024-06-14T14:12:32.331Z

Interview der Woche

Derbytime: Mario Ermisch vs. Andreas Brandwein

Im Vorfeld des Derbys zwischen VfB Fichte und VfL Theesen sprach Nicole Bentrup mit den Trainern Mario Ermisch und Andreas Brandwein

Endlich ist es soweit! Das Westfalenliga-Derby zwischen dem VfB Fichte Bielefeld und dem VfL Theesen steht an. Wer stellt die beste Amateurmannschaft Bielefelds? Am Sonntag wird es Klarheit geben. Wer selbst nicht bei diesem legendären Spiel dabei sein kann, für den haben wir das ganze Spiel im Video mit Liveticker.

Nach einem Jahr Derbypause heißt es endlich wieder VfB Fichte gegen VfL Theesen. Seit 2015 gab es fünf Pflichtspiele gegeneinander. Die Statistik weist drei VfB- und zwei VfL-Siege aus. Worauf darf man sich am Sonntag freuen?

Ermisch: Das Spiel hat natürlich Derby-Charakter. Ich gehe deshalb davon aus, dass beide Mannschaften an ihre derzeitige Leistungsgrenze gehen werden. Aufgrund einer sehr schwierigen Vorbereitungszeit mit verletzten, urlaubs- und/oder berufsbedingt nicht zur Verfügung stehenden Spielern und Spielern, die aufgrund einer langen Pause noch im Aufbau sind, hat meine Mannschaft ihre wahre Leistungsstärke noch nicht erreicht, wird aber alles geben, um den hoffentlich zahlreichen Zuschauern ein interessantes Spiel zu bieten, dass das Kommen lohnt.

Brandwein: Die beiden besten Bielefelder Amateurvereine treffen aufeinander. Das sollte eigentlich ein unterhaltsames Spiel versprechen. Ich denke aber, dass beide Mannschaften bei weitem noch nicht ihre Leistungsgrenze erreicht haben, da beide auf viele Spieler verzichten mussten. Ich hoffe, dass wir ein faires Spiel mit vielen Toren erleben werden.


Wie nehmen Sie den jeweiligen Nachbarn wahr (sportlich, Außendarstellung, Vereinsführung)?

Ermisch: In der Stadt nahm man Theesen jahrelang allein als Jugendverein und als solcher als zweite Kraft wahr. Nach dem Aufstieg der „Ersten“ in die Landesliga und der Weiterentwicklung der Seniorenabteilung hat sich dieses Bild geändert. Der Aufstieg in die Westfalenliga und Erfolge bei den prestigeträchtigen Hallenstadtmeisterschaften, mit Kontinuität in der Trainerfrage – Andreas ist gefühlt eine Generation Trainer – führten dazu, dass Theesens „Erste“ gemeinsam mit VfB Fichte die Nr. 1 im Amateurfußball sind.

Brandwein: Der VfB Fichte ist ein Traditionsverein und wird seit Jahrzehnten von nahezu den gleichen handelnden Personen geprägt. Sportlich hatte man sich vor einigen Jahren mit dem Ziel, im Jahr 2020 die Oberliga erreichen zu wollen, eine vielleicht zu große Bürde auferlegt. Insgesamt denke ich, dass der Verein dort aber hingehört, aber auch beim VfB müssen die Strukturen für die Umsetzung sicher noch wachsen, da viele vergleichbare Klubs deutlich aufgeholt und die „Hüpker“ wohl auch überholt haben.



Sie hatten vor Jahren eine gemeinsame Zeit beim VfB 03. Damals waren Sie, Herr Ermisch, Trainer und Sie, Herr Brandwein, Spieler. Was ist Ihnen aus Ihrer gemeinsamen Zeit in Erinnerung geblieben?

Ermisch: Sie hatten vor Jahren eine gemeinsame Zeit beim VfB 03. Damals waren Sie, Herr Ermisch, Trainer und Sie, Herr Brandwein, Spieler. Was ist Ihnen aus Ihrer gemeinsamen Zeit in Erinnerung geblieben?

Brandwein: Wir hatten viele Jahre ein tolles Team und Erfolg. Das schönste Erlebnis war die Landesligameisterschaft 1996. In der Rückrunde haben wir elf Punkte auf Spitzenreiter Steinheim aufgeholt und ein Entscheidungsspiel erzwungen. Vor über 1000 Zuschauern gewannen wir in Horn. Meine Sonderaufgabe von Mario war, die Kreise des Spielmachers Rafael Maaßen einzuengen. Das gelang mir auch zu 100 Prozent, denn Maaßen spielte verletzungsbedingt gar nicht. Zur Pause, beim Stand von 1:1, ersetzte mich Mario durch einen Stürmer. Für mich damals die fatalste Fehlentscheidung, aus meiner heutigen Sicht war sie goldrichtig. Marco Renner kam, traf, und wir siegten 4:1. Die Nacht bei Hans Pistor im „Goldenen Stern“ war legendär, am nächsten Morgen hatte die halbe Mannschaft (auch ich) Dank unserem haareschneidenden Stürmer Welf Niedermeier eine Glatze.


VfB gegen VfL – Eine Paarung, in der immer auch Feuer ist. Wie bereiten Sie sich ganz persönlich auf dieses spannende Spiel vor?

Ermisch: Wie gesagt hat das Spiel Derby-Charakter und ist daher für meine Spieler etwas Besonderes. Ich selber bin schon zu lange Trainer, als dass ich eine andere Vorbereitung als sonst auf dieses Spiel hätte.

Brandwein: Für mich hat dieses Spiel keinen besonderen Stellenwert und ich bereite mich auf dieses Spiel vor wie auf jedes andere auch.


Wie lange ärgern Sie sich über eine Niederlage gerade in diesem Derby?

Ermisch: Ich ärgere mich nicht mehr grundsätzlich über Niederlagen, sondern über Dinge, die ich mit meiner Mannschaft bespreche und die aus Nachlässigkeit nicht umgesetzt werden. Das führt allerdings dazu, dass ich auch manchen Siegen nichts abgewinnen kann.

Brandwein: Bei mir ist das abhängig von den Spielverläufen. Bei klaren Geschichten, wie beispielsweise letzte Woche gegen Vreden, habe ich mich im Grunde gar nicht geärgert, weil der Gegner einfach stärker war als wir.


Als was für einen Trainertyp würden Sie sich selbst beschreiben?

Ermisch: Man sollte sich nicht öffentlich selbst beurteilen. Das überlasse ich anderen, obwohl manche Fremdeinschätzung mir nach meiner Meinung noch nicht einmal nahekommt. Nur so viel: Ich hasse Ungerechtigkeiten oder vermeintliche Ungerechtigkeiten. Ich mag es gar nicht, wenn man mir von oben herab begegnet und Machtpositionen auszunutzen versucht. Auch wenn ich meine Spieler intern kritisiere, stehe ich immer hinter ihnen.

Brandwein: Das ist immer schwierig zu beantworten. Ich bin kein großer Motivator, das können viele andere deutlich besser. Ich denke, dass ich einen guten Blick für Spieler und das Spiel an sich habe und es mir beim VfL Thesen in 15 Jahren, mit vergleichsweise geringen finanziellen Spielräumen, oftmals gelungen ist, eine gute Mannschaft zu entwickeln und sportlich die erfolgreichste Zeit der 70-jährigen Vereinsgeschichte mitgeprägt zu haben.


Herr Ermisch, was zeichnet den VfB Fichte aus? Herr Brandwein, was zeichnet den VfL Theesen aus?

Ermisch: Der VfB Fichte ist ein Bielefelder Traditionsverein mit vielen Mitgliedern und Sparten, für den nicht allein der Fußball zählt. Der Verein ist immer noch Anziehungspunkt für viele Fußballer auch durch die gute Infrastruktur der allerdings etwas in die Jahre gekommenen Rußheide. Aber auch der VfB Fichte leidet wie fast alle Amateurvereine unter der immer größer werdenden Kluft zum unersättlichen Profifußball mit allen Konsequenzen.

Brandwein: Der VfL Theesen steht für Kontinuität in vielen Bereichen, wobei das – mit Ausnahme des Cheftrainerpostens – auch für den VfB Fichte gilt. Während meiner Amtsperiode beim VfL hat der VfB über zehn Trainer verschlissen. Wir sind ein Breitensportverein mit sehr flachen Hierarchien. Meine Mannschaft ist eine von vielen und genießt meiner Ansicht nach keinen ausgemachten Sonderstatus. Als Beispiel führe ich hier immer gerne an, dass wir genau wie alle anderen Mannschaften bei jedem Training mit einer Spielfeldhälfte klar kommen müssen. Unser Verein lebt vom Wir-Gefühl und von einem vorbildlichen Sozialverhalten, das ich als wichtiger empfinde, als maximal sportlichen Erfolg.

Aufrufe: 06.9.2019, 18:00 Uhr
NW / FuPaAutor