2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Hermann Kreichauf will seine neu gewonnene Freizeit nutzen, um sich zum Beispiel Spiele des 1. FC Nürnberg live anzusehen.  Foto: Szilvia Izsó
Hermann Kreichauf will seine neu gewonnene Freizeit nutzen, um sich zum Beispiel Spiele des 1. FC Nürnberg live anzusehen. Foto: Szilvia Izsó

„Der Verband ist zu unflexibel“

Aus einem halben Jahr als Frauen-Trainer wurden für Hermann Kreichauf 23, zuletzt in Wörnitzstein +++ Warum er den BFV kritisiert und was die Höhepunkte seiner Karriere waren

Herr Kreichauf, Sie hatten schon vor ein paar Jahren vom Aufhören gesprochen, wie war der Abschied letztendlich?

Hermann Kreichauf: Beim Saisonabschluss habe ich mich von der Mannschaft verabschiedet, die Stimmung dort war sehr fröhlich. Ich hatte dem Vorstand des SV Wörnitzstein-Berg ja schon vor Saisonbeginn meinen Entschluss mitgeteilt. Die offizielle Verabschiedung des Vereins kommt aber noch.

Sie sind dem Fußball schon seit vielen Jahren treu und das nicht nur als Trainer von Frauenteams...

Kreichauf: Ich habe als Spieler begonnen, das war 1958 beim TSV Roth in der Schüler- und Jugendmannschaft. Dann bei den Herren in der Bezirksliga. 1964 kam ich nach Donauwörth zur Bundeswehr, dort bin ich dem SC Donauwörth beigetreten, der später zum VSC wurde. Zwei Jahre später habe ich dann als Spieler nach Bissingen gewechselt. Nach einer schweren Verletzung habe ich zweieinhalb Jahre pausiert und dann ’73 die A-Jugend in Bissingen als Trainer übernommen, später dann die Herren als Spielertrainer. Ab 1990 habe ich mich wieder beim VSC Donauwörth engagiert, bevor ich ’95 die Frauen in Bäumenheim als Trainer übernommen habe. Das wollte ich eigentlich nur ein halbes Jahr machen, doch daraus wurden dann 23.

Die Bäumenheimer Frauen waren damals sehr erfolgreich.

Kreichauf: Sie haben in der Verbandsliga gespielt, das entsprach damals der heutigen 2. Bundesliga. Erst war ich nur Trainer, dann auch Abteilungsleiter und ich habe die zweite Mannschaft trainiert.

Später zogen Sie mit den Spielerinnen weiter nach Riedlingen und dann nach Donauwörth, wo Sie bessere Trainingsbedingungen vorfanden...

Kreichauf: Ich habe dort den Mädchenbereich mit aufgebaut, wir hatten bis zu drei Teams, aber seit zwei Jahren haben wir riesige Probleme, weiterhin Mädchen zu finden, die Fußball spielen wollen.

Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Kreichauf: Ich weiß es nicht, die Mädchen wollen scheinbar nicht. Ich war vor kurzem erst an den Schulen und habe die Lehrer gebeten, auf unser Schnuppertraining hinzuweisen. Außerdem haben wir unsere Mädels immer animiert, noch Freundinnen zum Training mitzubringen, aber es kommt keine.

Und das, obwohl in den vergangenen Jahren mit Aktionen wie „Ballbina kickt“ vom BFV einiges für den Frauen- und Mädchenfußball getan wurde.

Kreichauf: Der Verband ist trotzdem viel zu unflexibel.

Inwiefern?

Kreichauf: In der Hobbyrunde gibt es zwölf oder 13 Mannschaften, in der Punktrunde mussten wir dagegen mit unserer zweiten Mannschaft in der Kreisklasse mit nur sechs Teams spielen. Der Verband ist da viel zu starr. Mein Vorschlag, den ich schon im BFV weitergegeben habe, lautet, die Kreise Donau, Augsburg und Allgäu zusammenzulegen und die Ligen rein nach geografischen Gegebenheiten einzuteilen. Wir mussten zum Teil 90 Kilometer zu einem Auswärtsspiel fahren, obwohl es für uns in die Augsburger Region viel kürzer gewesen wäre, der nördliche Teil von Augsburg würde schon reichen, damit für uns viel mehr Spiele zusammenkommen. Und die Mädels wollen doch auch nur kicken. Beim Frauenfußball muss man eben etwas flexibler sein, aber der Verband hat seine Statuten und daran wird nichts verändert. Beispielsweise sollten im vergangenen Jahr die Kreisklasse und die Kreisliga zusammengelegt werden. Doch kurz vor Saisonbeginn wurde das doch wieder gekippt.

Sie verabschieden sich mit dem Meistertitel der zweiten Mannschaft und dem Abstieg der ersten. Warum hat es heuer für die Erste in der Bezirksoberliga nicht gereicht?

Kreichauf: Wir haben vergangene Saison unser Spielsystem umgestellt. Bei der Zweiten hat das gut geklappt. Bei der Ersten war der Misserfolg vor allem den vielen Verletzungen geschuldet. So viel Verletzungspech wie in dieser Saison habe ich noch nicht erlebt. Wir haben in der Rückrunde tolle Spiele gemacht, doch wir hatten niemand, der ein Tor schießt. Mit einer gescheiten Stürmerin hätte zum Beispiel das letzte Spiel gegen Nördlingen 5:0 für uns enden können, anstatt mit einer 1:2-Niederlage.

Was haben Sie Ihren Nachfolgern Christian Melan, Martin Klinger und Thomas Engelmann mit auf den Weg gegeben?

Kreichauf: Ich habe ihnen gesagt, sie sollen genauso weitermachen wie bisher und viel mit den Mädels reden. Martin Klinger war ja letztes Jahr auch schon dabei und kennt sie gut. Bei Fragen stehe ich außerdem jederzeit bereit.

Welchen großen Unterschied gibt es beim Coachen von Frauen im Vergleich zu Männern?

Kreichauf: Bei Männern kann man auch mal derbere Sprüche loslassen, Frauen sind da empfindsamer. Ich war früher auch nicht gerade der leiseste Trainer und habe das Spiel vom Seitenrand aus mitbestimmt. Bei Frauen muss man sich da schon etwas zurücknehmen. Außerdem ist viel Kommunikation im Frauentraining gefordert.

Was werden Sie mit Ihrer neu gewonnenen Freizeit anfangen?

Kreichauf: Ich werde natürlich auch weiterhin viel auf Fußballplätzen unterwegs sein, werde mir die Spiele der SVW-Frauen ansehen, auch mal zum TSV Nördlingen fahren und sicher werde ich mir auch das ein oder andere Bundesligaspiel ansehen, ich bin ja ein Fan des 1. FC Nürnberg. Außerdem werde ich wieder öfters Tennis und Golf spielen und mehr mit meiner Lebensgefährtin unternehmen.

Als Club-Fan dürfte Ihnen dessen Aufstieg in die Bundesliga ja gut gefallen haben...

Kreichauf: Das war toll, ich kenne ja noch einige ehemalige Club-Spieler. Beim TSV Roth haben wir damals öfters in der Jugend die fränkische Meisterschaft gegen Nürnberg ausgespielt. Zwar haben wir dann immer mit 0:12 oder so ähnlich die Hucke voll bekommen, es war aber trotzdem ein tolles Erlebnis.

Apropos Erlebnis: Was ist Ihnen aus Ihrer Zeit als Trainer noch besonders in Erinnerung geblieben?

Kreichauf: Das Punktspiel mit den Bäumenheimer Frauen gegen den FC Bayern, da haben wir zu Hause 2:0 und im Rückspiel dann 5:2 gewonnen. Die Münchenerinnen waren ganz schön geknickt, als sie aus Bäumenheim wegfuhren (lacht). Auch die Aufstiege in die Verbandsliga mit Riedlingen und Donauwörth sind mir in Erinnerung geblieben, wie auch die starke Rückrunde im vergangenen Jahr mit Wörnitzstein, als wir doch noch den Klassenerhalt geschafft haben und dann bis zum nächsten Morgen gefeiert haben.
Aufrufe: 016.6.2018, 07:34 Uhr
Donauwörther Zeitung / Stephanie AntonAutor