Der letzte Siegtorschütze

Es war die 80. Minute, in der der gebürtige Lettgenbrunner im Oktober 1986 im DFB-Pokalspiel gegen Mainz 05 eingewechselt wurde. Der damalige Trainer Dietrich Weise bewies mit dieser Einwechslung ein goldenes Händchen und fuhr den bis heute letzten Pflichtspielsieg gegen die 05-er ein. Jessl war es nämlich, der den Treffer in der Verlängerung erzielte, der zum Weiterkommen verhalf. „Auf dieses Tor bin ich natürlich noch heute sehr stolz. Aber zum Glück musste ich damals nicht von Interview zu Interview rennen, wie es in der heutigen Zeit sicherlich der Fall gewesen wäre“, so der Fernmeldehauptsekretär aus dem Freigericht. Das Tor löste einen derartigen Jubel in ihm aus, dass sogar sein damaliger Trainer sich fragte „ob er nach diesem Tor zum Jubeln bis nach Bad Orb (sein damaliger Wohnort, Anm. d. Red.) rennen würde“.

Nach dem Spiel fielen die Feierlichkeiten eher gemütlicher aus, er gönnte sich mit seiner Frau ein Gläschen Sekt und nahm entsprechend viele Glückwünsche per Telefon an, zu aufgewühlt zum Feiern war er nach diesem einmaligen Erlebnis noch. Im Endeffekt standen für Jessl sechs Profi-Einsätze zu Buche, zu wenig für seine eigenen Ansprüche. Aber noch heute ist der leidenschaftliche Fußballer ein großer Anhänger seiner Eintracht, besucht er doch regelmäßig die Heimspiele der Adler-Träger. Für den kommenden Mittwoch, den 06.02., an dem die Mainzer in der Frankfurter Commerzbank-Arena zum DFB-Pokal Viertelfinale antreten, hat sich die Eintracht etwas Besonderes einfallen lassen. Jessl wurde von der Eintracht zu heutigen Spiel eingeladen und wird kurz vor der Partie im Stadion interviewt. „Diese Geste der Eintracht freut mich besonders, das muss ich zugeben“, so der letzte Siegtorschütze der Frankfurte.

Heute ist der Vater eines 29-jährigen Sohnes Inhaber der Trainer A-Lizenz und coacht den erfolgreichen Frankfurt Ost-Gruppenligisten VfB Oberndorf, mit dem er im Aufstiegsjahr einen beachtlichen achten Tabellenplatz belegt. „Ich versuche, den Jungs im Training und außerhalb, meine Erfahrungen weiterzugeben, ihnen Tipps zu geben und Spaß zu vermitteln.“ Sein Sohn Sebastian geht ebenfalls für den VfB auf Torjagd und scheint einiges von dem Talent des Vaters abbekommen zu haben. Auch im Training und beim gemütlichen Miteinander mit seinen Spielern kommt es ab und an zu Gesprächen über die Profi-Vergangenheit des Trainers. „Natürlich wird schon einmal der ein oder andere Schwank erzählt, aber mich interessiert auch, was meine Spieler so alles erleben und dabei habe ich auch sehr viel Spaß“, so Coach Jessl, der aktuell sehr glücklich zu sein scheint.

Es bleibt abzuwarten, ob auch der heutige Eintracht-Trainer Niko Kovac einen neuen „Jessl“ aus dem Hut zaubern kann, der das diesjährige DFB-Pokal Viertelfinale zugunsten der Adler-Träger entscheiden kann. Einer wird das Ganze mit Spannung von der Tribüne aus verfolgen.