2024-07-25T15:23:38.261Z

Interview
– Foto: Michalek / Förtsch

David Niedermeier: „Talente sollen lieber eine Liga tiefer gehen“

Trainer zahlreicher Nachwuchsspieler spricht Klartext

Talente wie Luca Beckenbauer oder Tim Schels wollen beim SV Heimstetten über den Umweg Regionalliga den Sprung in den Profifußball packen.

Der Schritt ist richtig, sagt David Niedermeier von der Münchner Fußball Schule. Doch das große Ziel erreichen Talente nur dann, wenn sie bereit sind, mehr zu geben, als ihnen der Vereinsfußball bietet.

Ist es nicht besser, für ein Talent, regelmäßig mit Profis zu trainieren?

Auf keinen Fall. Die Spielpraxis ist für die Entwicklung viel wichtiger, als in der zweiten oder dritten Liga auf der Bank zu sitzen. Kein Training kann die Spielsituation simulieren. Die Spieler sammeln Selbstvertrauen und die Tiefenmuskulatur entwickelt sich. Wenn ein Talent sechs Spiele am Stück macht, wird der Körper viel stärker. Sitzt ein Talent bei den Profis nur auf der Bank, steigt es zu hoch ein und wird in der Regel sehr tief fallen.

Kann sich ein Talent beim Training mit den Profis nicht mehr abschauen?

Das ist Käse. Welchem Talent hat es zum Beispiel gut getan, wenn er zum FC Bayern gewechselt ist? Wer von denen hat es geschafft? Gegen Arjen Robben oder Franck Ribéry braucht kein 18-Jähriger im Training voll einsteigen. Mein Credo ist: Talente sollen lieber eine Liga tiefer gehen und dort regelmäßig spielen. Erst im Spiel zeigt der Spieler mehr, als er zu leisten im Stande ist. Ich trainiere Talente aus allen Ligen. Es ist immer das Gleiche: Wer nicht spielt, ist nur ein Schatten seiner selbst. Wer regelmäßig aufläuft, wächst über sich hinaus.

Reichen drei bis vier Trainingseinheiten bei einem Regionalligisten pro Woche, um sich für den Profifußball zu empfehlen?

Auf keinen Fall. Talente gibt es wie Sand am Meer. Die meisten verstehen nicht, dass sie mehr leisten müssen. Aber das gilt auch für die NLZs. Talente müssen hart arbeiten, vor allem individuell. Cristiano Ronaldo hat sich mit 15 Personen auf die Vorbereitung vorbereitet. Turner trainieren bis zu sechs Stunden am Tag. Nur im Fußball herrscht diese Weichspühlerei, weil der Spieler am Wochenende spritzig sein muss. Das Ergebnis einer Jugendmannschaft interessiert doch niemanden. Ein Talent muss einen Bewegungsablauf und Spielsituationen hunderte Male trainieren, um im Spiel wirklich sicher zu sein.

Aufrufe: 018.9.2019, 09:59 Uhr
Münchner Merkur / tz / Christoph SeidlAutor