2024-06-04T08:56:08.599Z

Interview
Gordon Teichert stürmt seit vier Jahren für Fortuna Biesdorf.
Gordon Teichert stürmt seit vier Jahren für Fortuna Biesdorf. – Foto: Frank-Rainer Wagner

"Da brennt auf jeden Fall noch genug Feuer in mir"

Gordon Teichert sorgte Anfang der Woche für eine spaßige Aktion bei Fortuna Biesdorf, als er ein Video für die #stayathome Challange zusammen. Trotzdem fehlt ihn derzeit die persönliche Komponente. Der sportliche Klassenerhalt wäre dem Angreifer lieber, als wenn die Saison annuliert wird.

Ein Interview von Marcel Peters - https://www.facebook.com/AmateurberichterstattungMarcelPeters/ - regelmäßig Berichte über Berliner und Brandenburger Amateurfußballer oder Vereine. Gesprächspartner: Gordon Teichert

Ihr habt euch bei der #stayathome Challenge mit der Klopapier-Rolle beteiligt. Aus mehreren kleinen Videos ist ein lustiger Spot entstanden. Hat es allen Beteiligten Spaß gemacht?

Auf jeden Fall hatten wir unseren Spaß. Der kommt ja aktuell leider viel zu kurz. Ich habe die einzelnen Clips von meinen Jungs heimlich zusammengesammelt, also jeden einzeln darum gebeten. Das tolle Material hat mir die Arbeit am Ende leicht gemacht. Von einigen war ich überrascht, weil sie mit der Klorolle anscheinende mehr anfangen können, als mit dem Ball. Kleiner Scherz am Rande. Ein paar haben sicher geahnt was ich mit ihrem Clip vorhabe, aber im Großen und Ganzen war es eine schöne und witzige Überraschung für alle. Es hat mich vor allem sehr gefreut, dass so viele mitgewirkt haben.

Wie hast du das koordiniert, hat jeder einen Auftrag bekommen, wie er die Kugel zu spielen hat, oder hat das am Ende einfach gut zusammengepasst?

Eine kleine Instagram-Gruppe war eingeweiht, ansonsten habe ich die meisten privat angeschrieben und ihnen mitgeteilt wie ich mir das vorstelle. Tatsächlich haben die Videos schon sehr gut zusammengepasst. Da ich am Ende aber auch ein halbwegs logisches Zusammenspiel haben wollte, habe ich drei Clips etwas genauer angeleitet. Die Rolle sollte irgendwann nach draußen, einer musste sie von oben verarbeiten und außerdem sollte ein Tor die ganze Sache abschließen.

Jetzt aber mal ehrlich. Eine richtige Alternative ist das aber nicht, oder tut die Pause ganz gut?

Auf keinen Fall! Ich denke, ich spreche jedem, der etwas mit Fußball am Hut hat aus der Seele, wenn ich sage, dass ich unseren geliebten Sport sehr vermisse. Da ist auf einen Schlag eine große Lücke entstanden, die erstmal gefüllt werden will. Meine Familie hat an der freigewordenen gemeinsamen Zeit sicherlich viel Freude und die genieße ich auch wirklich sehr, aber da fehlt einfach etwas, das aktuell nicht zu ersetzen ist, zumindest nicht für mich. Sicher ist eine kleine Pause zwischendurch mal ganz ok, aber ich sehe das aktuell nicht als Pause, sondern eher als knallharten kalten Entzug. Neben dem Sport an sich fehlt ja auch die ganze soziale Komponente, die mir persönlich absolut wichtig ist und die bei uns in Biesdorf auch sehr stark ausgeprägt ist. Da ist derzeit Kreativität gefragt um die Verbindung zu halten.

Und die Kreativität spiegelt sich in dem Video wider. Seid auch zwecks (Einzel-)Training in Kontakt, oder gibt es bei euch keinen festen Plan?

Es gibt keinen festen Trainingsplan. Unser Trainer Thoralf Dominok hat uns herzlichst dazu aufgefordert in Bewegung und vor allem fit zu bleiben. Dafür sollen wir ihm regelmäßig die Werte unseres individuellen Ausdauertrainings schicken, die anhand der einschlägigen Apps zu erfassen sind. Unter dem Strich genießen wir ein großes Vertrauen und sind eigenverantwortlich für unseren Fitnesszustand. Ich denke, wenn da von jemandem gar nichts kommt, wird ihm der Coach schon aufs Dach steigen und außerdem kennt er seine Pappenheimer. Wir nehmen die Vorgaben der Bundesregierung auf jeden Fall sehr ernst, das soll auch unser Video zum Ausdruck bringen. Es ist also in diesen Tagen schon jeder auf sich allein gestellt. Von ein paar Jungs weiß ich, dass sie sich in Zweiergruppen zum Training treffen, aber sie achten sehr darauf sich dann nicht großartig untereinander zu vermischen und auch den Abstand einzuhalten. Unsere Kreativität zeigt sich aber auch darin, wie wir uns gegenseitig motivieren auch allein den inneren Schweinehund zu überwinden. So fordern wir uns zum Beispiel mehrfach in der Woche über unseren Teamchat zu diversen Fitness-/ bzw. Workoutchallenges heraus und fordern Beweise ein oder wir sticheln gemeinsam gegen die gemütlicheren Sportsfreunde und versuchen sie aus der Reserve zu locken.

Denkst du denn, du kannst die Jungs bald auf dem Feld wieder treffen, oder gehst du von einer noch längeren Pause aus?

So schön wie das auch wäre, aber ich denke das wird noch eine ganze Weile nicht möglich sein. Um ehrlich zu sein bin ich davon überzeugt, dass wir gerade erst am Anfang dieser unfreiwilligen fußballfreien Zeit stehen und das die Saison gelaufen ist. Ich bin sehr gespannt wie sich die Debatte über die Fortsetzung bzw. Beendigung der Saison in der nächsten Zeit entwickelt.

Für euch wäre ein Abbruch ohne Absteiger ja die beste Lösung. Aber auch die gerechteste, bzw. die von dir präferierte?

Die meisten Gedankenspiele wären zu unserem Vorteil, das ist wahr. Aber ich bin Sportler durch und durch und bevorzuge ganz klar den fairen Wettbewerb. Ich möchte nichts geschenkt haben und unter diesen Umständen gewiss auch keinen Klassenerhalt feiern. Wenn es im Laufe der nächsten Wochen ein praktikables Modell geben sollte die Saison sportlich zu Ende zu bringen, würde ich das sehr begrüßen. Ich bin auch davon überzeugt, dass wir das noch packen, wenn wir noch mal ran dürfen. Das glaube ich aber wie gesagt nicht. Für diese schwierigen Situation wird es keine ultimative Lösung geben, mit der alle Betroffenen einverstanden sein werden. Deshalb kann es nur darum gehen, den Kreis der Verlierer so klein wie möglich zu halten. Nicht weniger als eine Mammutaufgabe.

Warum bist du der Meinung, dass ihr es sportlich noch geschafft hättet?

Weil wir zuletzt auf einem sehr guten Weg waren und jeder in der Mannschaft auch im nächsten Jahr unbedingt Berlin-Liga spielen will. Nach einem großartigen Schlussspurt zum Ende des letzten Jahres mussten wir uns neu sammeln. Durch Urlauber und Verletzte hatten wir zu Beginn der Rückrunde große Probleme. Aber schon gegen die Spandauer Kickers hat nicht viel gefehlt und gegen Makkabi haben wir dann den ersten Dreier geholt. Al-Dersimspor wäre ein echtes Endspiel für uns gewesen. Wenn wir mit einem Sieg den Abstand auf vier Punkte verkürzt hätten, dann wären wir zumindest wieder auf Schlagdistanz gewesen. Zehn Punkte Rückstand im Falle einer Niederlage hätten aber auch genauso gut das Ende für uns bedeuten können.

War der Sprung zwischen Landes- und Berlin-Liga am Ende größer als gedacht?

Wir wussten, dass es sehr schwer wird, aber unsere Erwartungen wurden noch übertroffen. Zumal wir davon abgesehen haben von unserer Linie abzuweichen und viel Geld für neue Spieler zu investieren. Schon vor der Saison wurde von der stärksten Berlinliga aller Zeiten gesprochen. Gerade weil die Qualität auch in der Breite so brutal ist, sind wir die Sache rückblickend betrachtet vielleicht etwas zu naiv angegangen. In den ersten Wochen und Monaten haben wir auf jeden Fall sehr viel Lehrgeld bezahlt und waren echt am Verzweifeln. An dieser Stelle auch noch mal ein Kompliment an meine Mannschaft, die sich bis jetzt nie aufgegeben hat.

Mit 12 Toren und 19 Vorlagen hattest du großen Anteil am Aufstieg im vergangenen Jahr. War es nochmal ein „Traum“, den du realisieren wolltest?

Ja, definitiv. Ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste und einfach sehr glücklich, dass wir das letzte Jahr so sensationell geschafft haben. Nachdem ich 2013 mit dem Adlershofer BC aus der Berlinliga abgestiegen bin schließt sich hier für mich ein Kreis und macht die Sache rund.

Wäre der Klassenerhalt auch ein perfekter Zeitpunkt für das Karriereende/ den Wechsel zu den Senioren oder fühlst du dich noch fit und willst ein paar Jahre auf höchstem Niveau kicken?

Wahrscheinlich habe ich den richtigen Zeitpunkt schon ein paar Mal verpasst. Trotz zahlreicher und zum Teil auch schwerer Verletzungen fühle ich mich immer noch top fit und zähle mich daher noch nicht zum alten Eisen. Da brennt auf jeden Fall noch genug Feuer in mir, das mich antreibt immer noch ein bisschen mehr aus mir selber rauszukitzeln. Wie jedes Jahr werde ich alles was im Anschluss an diese Saison passiert zuerst mit meiner Familie absprechen. Für den großartigen Rückhalt meiner Frau über so einen langen Zeitraum bin ich einfach nur dankbar und im Moment scheint ja sowieso nichts wirklich planbar zu sein, daher sind viele Sachen denkbar.

Führst du auch immer wieder einen Zweikampf gegen dich selber, um dich gegen die jüngeren Spieler zu behaupten?

Ich denke eher, dass die jüngeren Spieler sich mir gegenüber behaupten müssen. Aber es ist natürlich auch immer ein ganz netter Moment, wenn man bei einer Laufeinheit den ein oder anderen Jungspund hinter sich lässt.

Aufrufe: 02.4.2020, 10:06 Uhr
Marcel PetersAutor