2024-05-22T11:15:19.621Z

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Bundesligaträume in der Kreisoberliga

KOL DA/GG: Spieler aus Übersee wollen sich beim FCA Darmstadt für höherklassige Vereine empfehlen / Aufstieg in die Gruppenliga scheint auch bei Abbruch sicher

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Sie träumen von der großen Fußballbühne. Vom glamourösen Leben, Blitzlichtgewittern und Traumtoren in den größten Stadien der Welt. „Ich möchte in der Bundesliga spielen und mir in der Fußballwelt einen Namen machen“, sagt etwa Vinicius Oliveira. Den ersten Schritt will der 22-Jährige bei Kreisoberligist FCA Darmstadt gehen.

Zusammen mit Lucas Serra und Vinicius Pinto, zwei weiteren brasilianischen Nachwuchskräften. Das Fußballspielen lernten die drei an den Stränden Sao Paolos, aktuell leben die Kicker in einer Studentenwohnung in Arheilgen – eines von drei angemieteten Domizilen der Agentur Bergemann’s Soccer Academy & Agency. Diese regelt die Transferaktivitäten des Darmstädter Fußballklubs und legt den Fokus seit einigen Jahren primär auf die Verpflichtung von Spielern aus Südamerika und aus den USA.

Ein Modell, das nicht ausschließlich auf Zustimmung stößt, dessen sei man sich vereinsintern bewusst, man könne damit aber umgehen, sagt Geschäftsführer Luca Bergemann. Zwei ehemalige Spieler aus den USA hatten Videos veröffentlicht, in denen sie das Modell attackierten. Darin sprachen die Kicker von unwürdigen Lebensbedingungen und Ausbeutung. Der Kreisoberligist hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.
„Wir suchen den Kontakt zu Spielern über die Sozialen Medien oder direkt vor Ort“, erklärt Bergemann, der gleichzeitig auch Sportlicher Leiter der ersten Mannschaft ist. So auch bei Lucas Serra. „Die Agentur war in Sao Paolo zu Besuch und hat mich dort spielen sehen. Ihnen hat gefallen, was sie sahen – und danach haben sie mich angerufen“, erzählt der Abwehrspieler.

Ähnlich lief es bei Oliveira und Pinto. Beide hatten über Freunde vom FCA-Modell erfahren. „Ich glaube, wir haben hier große Perspektiven. Der FCA hat andere Spieler schon in höhere Ligen gebracht“, begründet Serra den Schritt. Wie bei dem 25 Jahre alte Brasilianer Henrique, der im vergangenen Sommer zu Oberligist Wormatia Worms wechselte. „Wir sind aber nicht nur wegen dem FCA hier. Wir wollen in Europa Fußball spielen, denn dieser ist organisiert und strukturiert“, ergänzt Serra.

Dass die Nachwuchskicker, die sich das Haus aktuell mit vier weiteren Spielern aus den USA und Grenada teilen, mit ihrem Visum erst einmal nur drei Monate in Arheilgen bleiben dürfen, wissen sie. „Deshalb versuchen wir, täglich Deutsch zu lernen“, erklärt Pinto. Bergemann bietet den Fußballern täglich Sprachkurse an. „Das Ziel ist, dass die Fußballer, die länger als drei Monate hier bleiben möchten, ein Sprachvisum bekommen“, erklärt der Sportliche Leiter. Zu Beginn reise jeder Kicker mit einer touristischen Einreiseerlaubnis nach Deutschland. Mit dem Sprachvisum könne der Aufenthalt um mindestens ein Jahr verlängert werden.

Im Gegenzug müssen die Nachwuchskräfte für die Kosten des Fluges aufkommen und einen monatlichen Beitrag zwischen 300 und 500 Euro an Bergemanns Agentur zahlen, um ihren Traum verwirklichen zu können. Dass sie zunächst in der achten oder vielleicht gar zwölften Liga damit beginnen? „Das wurde uns im Vorfeld gesagt, das war uns allen klar“, sagt Pinto. Zudem zahlt der FCA laut Bergemann keine Prämien oder sonstige Gelder – lediglich die Fußballschuhe. Ab und zu würden die Eltern etwas Geld aus der Heimat zur Unterstützung schicken. Mit einem Touristen- oder Sprachvisum sind Einreisende in Deutschland nicht erwerbsfähig, sie können sich also nichts dazu verdienen. „Wir wissen, dass es ein schwerer Weg ist. Aber hier haben alle das Potenzial dazu, sich im Fußball weiter zu entwickeln. Deshalb machen wir das“, erklärt Serra.

Am 11. Mai hat der Darmstädter Fußballverein den Trainingsbetrieb wieder aufgenommen, pro Woche absolvieren die noch in Darmstadt verbliebenen Spieler fünf bis sechs Einheiten. Ein Teil der Spieler war wegen der Coronakrise nach nur einem Spiel im März direkt wieder in die Heimat zurückgekehrt. „Wir arbeiten sehr professionell. Neben dem Training können wir auch immer etwas für unsere Fitness tun“, sagt Pinto.

Und wenn es nicht klappt? „Ich kann mir sehr gut vorstellen, trotzdem hier zu bleiben und zu studieren“, sagt Pinto. Oliveira sieht sich alternativ in der Physiotherapie, und Serra wünscht sich einen Beruf im Sportbusiness. Ein ganz normales Leben eben.

Aufrufe: 019.5.2020, 10:16 Uhr
Eric HartmannAutor