2024-06-14T14:12:32.331Z

Aufreger der Woche

BSC II marschiert vom Platz

2. Kreisklasse Rotenburg Nord: Rassismusvorwürfe in Nieder Ochtenhausen überschatten sechsten Spieltag

Landkreis. „Die SG Oste und der MTV Wohnste ziehen weiter einsam ihre Kreise an der Spitze der 2. Kreisklasse Nord.“ So sollte der Artikel an dieser Stelle eigentlich beginnen. Doch der jüngste Spieltag am Sonntag wird überschattet von einem Spielabbruch. In der Heimpartie von Tabellenführer SG Oste gegen den Bremervörder SC II verließen die Gäste geschlossen den Platz. Vorwurf der BSCer: rassistische Beleidigungen durch Zuschauer in Nieder Ochtenhausen.



Fest steht: Das Heimspiel der SG Oste gegen den BSC II, in dem zahlreiche Spieler mit Migrationshintergrund kicken, wurde in der 62. Minute beim Stand von 3:0 für die Gastgeber vorzeitig beendet. Spieler und Betreuer der Bremervörder teilten Schiedsrichter Klaus Borchers mit, dass sie wegen wiederholter rassistischer Beleidigungen seitens der Zuschauer nicht weiterspielen würden. Die Stimmung kochte über, als ein BSCer die Rote Karte sah und es zwischen Bremervörder Spielern und Nieder Ochtenhausener Zuschauern zu hitzigen Diskussionen kam.

Die Schilderungen dessen, was sich bis dahin abseits des Spielfeldes zugetragen hat, gehen auseinander. Die BZ sprach gestern mit BSC-Betreuer Andreas Anhalt, der betonte: „Zwischen den Spielern beider Teams war alles gut. Da gab es gar keine Probleme.“ Allerdings habe es definitiv und wiederholt Äußerungen von „Fans“ der SG Oste gegeben, „die so gar nicht gehen“. Beispiele, die der Betreuer nennt: „Geht doch zurück in den Zoo!“ oder „Geht zurück in Euer Heimatland“!

Es seien weitere Beleidigungen gefallen. Doch die habe er nicht im Wortlaut verstanden. Anhalt: „Der Schiedsrichter hat das wohl nicht gehört. Aber es spricht doch eine deutliche Sprache, wenn SG-Spieler, die mir namentlich bekannt sind, nach der Partie zu uns in die Kabine kommen und sich für das Verhalten der Zuschauer entschuldigen.“ Die SG Oste, sagte Anhalt, sei klar überlegen gewesen und hätte das Spiel „mit Sicherheit gewonnen“, doch darum gehe es ja nicht.

„Nein zu Rassismus!“

Bei der SG Oste, die im Sommer aus den Fußballabteilungen des TuS Nieder Ochtenhausen und des SV Glinde-Kornbeck entstanden ist, schildert man den Vorfall etwas anders. Auf der Facebook-Seite der Spielgemeinschaft wurde noch am Sonntag ein Post veröffentlicht, in dem man sich „ausdrücklich von jeglichem gewalttätigen, rassistischen oder menschenverachtenden Verhalten distanziert“. Die Rede ist von „einer angeblichen rassistischen Äußerung aus dem Zuschauerbereich“. Der Beitrag endet mit den Worten „Nein zu Rassismus!“

Zu den Vorwürfen der BSCer, die sich auf die Vorkommnisse vor der 62. Spielminute und dem „Spielabbruch“ beziehen, könne er nichts sagen, meinte SG-Fußball-Obmann Oliver Stahs gestern zur BZ. „Ich stand abseits des Geschehens und habe nicht gehört, ob es Äußerungen von SG-Zuschauern gegeben hat.“ Die SG Oste aber stehe für Toleranz und Gleichberechtigung. „Wenn wir mitkriegen sollten, dass ein Zuschauer Spieler beleidigt, würden wir ihn sofort des Sportgeländes verweisen.“

Kurz vor Abbruch der Partie jedoch habe er mitbekommen, berichtete Stahs, dass ein Zuschauer nach einem Zweikampf in Richtung eines SG-Spielers (und mit Blick auf den beteiligten BSCer) gesagt habe: „Der ist doch gar nicht deine Gewichtsklasse!“ Daraufhin habe der Bremervörder, der sich wohl beleidigt gefühlt habe, eine übelste Beschimpfung losgelassen. Der genaue Wortlaut solle lieber nicht in der Zeitung stehen. Erst danach habe ein Zuschauer in der Tat den besagten „Zoo“-Ausspruch von sich gegeben. Aber seiner Meinung nach sei das nicht rassistisch gemeint gewesen.

SG-Oste-Trainer Frank Kolbe konnte bereits am Sonntag nichts zu den Vorfällen sagen, die zum vorzeitigen Ende des Spiels führten: „Ich habe das selbst nicht mitbekommen, weil ich auf der anderen Seite des Platzes stand.“

Christian Hilck, Trainer der BSC-Reserve, war nicht vor Ort, sagte aber, dass er sich von Betreuer Andreas Anhalt habe informieren lassen. „Bevor die Situation eskaliert wäre, hat sich die Mannschaft das nicht mehr länger geben wollen und ist von sich aus in die Kabine gegangen und hat das Spiel abgebrochen.“ Die Provokation sei ausschließlich von den Zuschauern ausgegangen, betonte auch Hilck. „Die Spieler der SG Oste haben sich gut verhalten und auch versucht, beschwichtigend auf die Zuschauer einzureden.“

Wie die Partie am Ende gewertet wird, entscheidet sich am Grünen Tisch. Wie Staffelleiter Gerhard Schröder gestern mitteilte, tagt am Donnerstag in Gyhum der Spielausschuss des NFV-Rotenburg.

Mit Verweis auf das „laufende Verfahren“ wollten sich weder er noch Schiedsrichter Klaus Borchers aus Anderlingen näher äußern. „Wir werden keine Details aus dem Spielbericht im Vorfeld bekanntgegeben“, sagte Schröder gestern.

Das, was eigentlich im Mittelpunkt stehen sollte, wurde am Sonntag zur Randnotiz: Die Treffer zur 3:0-Führung für die SG Oste hatten Dennis Naubert (29.) und Jannis Franke (42., 62.) erzielt.

Aufrufe: 020.10.2020, 12:00 Uhr
Bremervörder Zeitung / Stefan AlgermissenAutor