2024-04-25T14:35:39.956Z

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Darf sich mit seinem Verein über die Prämie freuen: SCBV-Trainer Stefan Bürgermeier.
Darf sich mit seinem Verein über die Prämie freuen: SCBV-Trainer Stefan Bürgermeier. – Foto: Max Ziegler

Bonussystem für Amateurvereine: verschiedene Meinungen zu Zuschüssen

SC Baldham-Vaterstetten und TSV Poing erhielten Prämie

Die Vereine aus dem Landkreis Ebersberg haben differenzierte Meinungen zum ‘Bonussystem für Amateurvereine‘ im Fußball-Breitensport. Wir haben uns umgehört.

Landkreis – In der vergangenen Woche erhielten der SC Baldham-Vaterstetten und der TSV Poing überraschend eine positive Nachricht: Insgesamt schüttete der Bayerische Fußballverband zusammen mit dem DFB (Deutscher Fußballbund) 4150 Euro an die beiden Vereine aus. Der finanzielle Zuschuss stammt aus dem „Bonussystem für Amateurvereine“ und wird laut BFV-Pressemitteilung „als Dank und Anerkennung für die Förderung talentierter Nachwuchsspielerinnen und Nachwuchsspieler“ ausgezahlt. Voraussetzung ist, dass die Spieler*innen mindestens zwei Spielzeiten bei einem Verein aktiv waren. Sowohl der SC Baldham-Vaterstetten als auch der TSV Poing erhielten die Förderung, weil Nationalspielerin Annika Wohner dort gespielt hatte. Die Verantwortlichen der beiden Landkreisvereine zeigten sich dankbar, schließlich seien zuletzt Einnahmen wegen ausgefallener Turniere weggebrochen.

Nicht jeder Aktive im Fußball-Breitensport sieht das „Bonussystem für Amateurvereine“ gerecht. Hauptkritikpunkt: Möchte man den Breitensport in Amateurvereinen fördern, gebe es bessere Möglichkeiten, als dies von „großen Karrieren“, wie es in der BFV-Pressemitteilung heißt, abhängig zu machen.

Die Ebersberger Zeitung fragte stichpunktartig bei einigen Vertreten der Landkreisvereine nach, um ein Stimmungsbild zu generieren.
Stefan Bürgermeier, Jugendtrainer TSV Poing/Herrentrainer SCBV: „Eigentlich ist das eine gute Idee, aber definitiv ein schwieriges Thema. Ich denke, dass kleinere Vereine wie der SV Bruck es schwieriger haben, ein Talent hervorzubringen, als zum Beispiel der TSV Poing. Wir sind ein großer Ort und haben ein großes Einzugsgebiet. Wenn ein Verein mehrere Talente rausbringt, sollte man sich fragen wieso: Haben sie ausgebildete Trainer? Investieren sie noch in eine Fußballschule? Haben sie eine gute Jugendarbeit? Das Wichtigste ist immer noch, dass die Kinder Spaß haben. Und wenn dann talentierte Spieler rauskommen, sollte der Verein auch dafür belohnt werden.“

Ulf Schulmeyer: „Es hat auch mit Zufall zu tun, ob eine Spielerin oder ein Spieler später in der Nationalmannschaft landet“

Ulf Schulmeyer, Vorstandsmitglied SpVgg Markt Schwabener Au: „Der SCBV und der TSV Poing machen eine tolle Jugendarbeit. Dass das belohnt wird, finde ich super. Aber es hat auch mit Zufall zu tun, ob eine Spielerin oder ein Spieler später in der Nationalmannschaft landet. Das kann der einzelne Verein am Ende recht wenig beeinflussen. Unser Ziel, und das haben wir mit vielen anderen Nachbarvereinen gemeinsam, ist der Ausbau des Breitensports. Wir haben z. B. in den letzten Jahren über 300 Mädchen an den Fußball herangeführt. Das hat unheimlich viel Kraft gekostet. Da stecken unzählige Stunden ehrenamtlicher Arbeit dahinter und das sieht beim Verband keiner. Stattdessen werden die Gebühren erhöht und gleichzeitig auch noch das Thema E-Sports befeuert. Anstatt die Kinder vom Sofa zu holen, schickt man sie an die Spielekonsole.“

Timi Tepedelen, Jugendkoordinator Großfeld JFG Ebrachtal: „Ich finde, das ist immer noch zu wenig Geld. Wir haben Julia Pollak zum FC Bayern gebracht (mittlerweile auch Nationalspielerin, Anm. d. Red.). Da steckt viel Arbeit drin. Ich empfinde es als Anerkennung, wenn es dafür dann ein solches Zuckerl gibt. Das führt sicher nicht dazu, dass die Vereine dann nur noch ihre leistungsstarken Spieler fördern. Das wäre Schwachsinn. Verglichen mit dem Aufwand, den die Vereine betreiben, als auch mit dem Geld, das im oberen Bereich verdient wird, ist der Zuschuss definitiv nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“

Felix Zeibe: „Gute Jugendarbeit zeigt sich direkt vor Ort“

Felix Zeibe, Pressesprecher TSV Aßling: „Gute Jugendarbeit zeichnet sich nicht zwingend dadurch aus, dass es mit Prämien honoriert wird. Gute Jugendarbeit zeigt sich direkt vor Ort. Dafür gibt es in diesem Fall keine Förderung. Man muss aber ganz klar unterscheiden: Unterstützung für die Jugendarbeit gibt es an vielen Stellen, beispielsweise durch die jährliche Vereinspauschale durch das Landratsamt oder Förderung des Kreisjugendringes. In der Breitensport-Ebene wird also auch was getan, aber nicht explizit vom DFB oder BFV. Die Leute kümmern sich nicht wegen einer Verbands-Prämie um gute Jugendarbeit in ihrem Verein. Fördermittel gibt es in unserem Bereich viele. Wer Fördermittel will, muss aber verständlicherweise auch etwas dafür tun, meist einen Antrag stellen und dokumentieren. Das scheint vielen ein zu hoher Aufwand zu sein. Von nichts kommt eben nichts.“

Peter Rauch, Pressesprecher FC Parsdorf: „Das ist eine schöne Anerkennung für die beiden Vereine. Aber wegen zwei-, dreitausend Euro arbeiten die Vereine nicht nur noch darauf hin, Nationalspieler rauszubringen. Jeder Verein schaut, dass er jeden Menschen so gut fördert wie möglich. Wenn dann mal ein außergewöhnliches Talent rauskommt, ist man primär stolz darauf. Dass man dann noch finanziell davon profitiert, ist ein schöner Nebeneffekt.“

Falko Wach, Jugendleiter TSV Grafing: „Ich finde das durchaus fair. Wenn wir so eine Spielerin rausbringen würden, wäre das auch schön. Ich finde dieses System besser, als die Heimatvereine über die Ausbildungsentschädigung zu belohnen. Denn da hat man oft schlechte Karten gegenüber den großen Vereinen. Es gleicht fast einem Glücksspiel. Die Baldham-Vaterstettener und Poinger machen eine gute Jugendarbeit und haben sich diesen Zuschuss auch verdient.“

(Johannes Piller)

Aufrufe: 016.4.2021, 11:52 Uhr
Ebersberger Zeitung / Johannes PillerAutor