2024-04-30T13:48:59.170Z

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Interview der Woche mit Patrick Lieb
Interview der Woche mit Patrick Lieb – Foto: stock.adobe/TSG Hoffenheim

"Bewusst, dass es bis dahin ein sehr weiter Weg ist"

Nachspielzeit mit Patrick Lieb +++ Der ehemalige Verbandsliga-Torjäger von Eltville und Zeilsheim über seine neue Aufgabe bei der TSG Hoffenheim und seinen ungewöhnlichen Weg in die Verbandsliga

Wiesbaden/Sinsheim. Die letzten drei Saisons seiner fußballerischen Laufbahn verbrachte Patrick Lieb in der Verbandsliga, zuletzt bei der Spvgg. Eltville, davor von 2018-2020 eineinhalb Spielzeiten beim SV Zeilsheim. Sein Weg in diese Spielklasse war eher ungewöhnlich, denn der Stürmer hatte zuvor, im Gegensatz zu den meisten anderen Verbandligaspielern, weder im Junioren- noch im Seniorenbereich, die Kreisebene verlassen, geschweige denn ein NLZ von innen gesehen. Seine Anfänge auf dem Platz machte der heute 26-Jährige beim SC Kohlheck, bis er in der B-Jugend zur Freien Turnerschaft Wiesbaden wechselte. Für diese absolvierte er dann auch sein Debüt bei den Aktiven, schoss dabei als 18-Jähriger in seiner ersten Saison, satte 20 Tore in 22 Partien. Parallel steuerte er in diesem Jahr auch in der A-Jugend 66 Tore bei und verhalf seinem Team so zum Aufstieg in die A-Junioren Gruppenliga. Nach drei Saisons Im Seniorenbereich der Freien Turner zog es ihn weiter zum TuS Nordenstadt, dem er direkt in seinem ersten Jahr mit 59 Torbeteiligungen zum Aufstieg in die Gruppenliga verhalf. In der darauffolgenden Gruppenligasaison zeigte er keinerlei Anpassungsschwierigkeiten an das höhere Niveau und erzielte, ebenso wie im Jahr zuvor in der Kreisoberliga, 27 Tore. Danach folgten die beiden bereits genannten Stationen in Zeilsheim und Eltville, bei denen Lieb sich, auch auf Verbandsligalevel, als äußerst treffsicher erwies. Nach nur einem halben Jahr verlässt er die Spvgg. nun jedoch schon wieder, was keine sportlichen, sondern berufliche Gründe hat. Der Torjäger beginnt nämlich zur Rückrunde ein Engagement im Nachwuchsbereich der TSG Hoffenheim, weswegen er kürzlich in die Nähe seines neuen Arbeitgebers umgezogen ist. Im Interview erklärt Lieb, was er bei der TSG genau macht, wie es mit seiner eigenen Fußballerlaufbahn weitergehen soll und wieso er trotz phänomenaler Quoten im Juniorenbereich nie die Kreisebene verlassen hat.

FuPa: Hallo Patrick, du hast schon im Juniorenbereich regelmäßig an die 50 Tore pro Saison erzielt. Hattest du damals nie den Wunsch dich auch einmal höherklassig auszuprobieren, beziehungsweise lagen dir bei den Quoten nie Angebote von ambitionierteren Teams vor?

Patrick Lieb: „Angebote hatte ich nie, ich war einmal bei einem Probetraining und dem Sichtungstag von Wehen Wiesbaden, aber letzten Endes hat es damals nicht gereicht für mich. Ein Jahr später war ich auch mal bei Mainz 05 im Probetraining, das müsste im ersten B-Jugendjahr gewesen sein, aber da ich zuvor noch nie höherklassig gespielt habe, war der Sprung von der Kreisliga in die Regionalliga einfach zu groß für mich. Dort riet man mir, dass ich einen Zwischenschritt in der Verbandsliga machen solle, um mich auszuprobieren und langsam an das Level heranzutasten. Ich hatte aber das Gefühl, dass sich der Zwischenschritt für mich nicht lohnt, weswegen ich mit meinen Freunden zu den Freien Turnern gegangen bin. Damit war dann das Kapitel, einmal auf einem höheren Level zu spielen, zunächst auch erstmal beendet.“

FuPa: Wie kam es dann dazu, dass du später in der Gruppen- beziehungsweise Verbandsliga gelandet bist? Warum hast du dich nicht wie viele andere direkt höchstmöglich ausprobiert, sondern bist den „Umweg“ über die KOL und Gruppenliga gegangen?

Patrick Lieb: „Ich glaube ich bin lange Zeit unter dem Radar geflogen, klar kannten mich ein paar Leute in der Region, darüber hinaus aber eigentlich niemand. Irgendwann kamen dann auch ein paar Angebote aus der Gruppenliga, ich bin dann aber trotz der Anfragen über Freunde beim TuS Nordenstadt in der KOL gelandet. Erst bei meinem nächsten Schritt zu Zeilsheim habe ich mir gedacht: „Jetzt probierst du es einmal höherklassig zu spielen.“ Da wollte ich mich dann auch wirklich mal austesten, ob es für die Verbandsliga oder auch die Hessenliga, die Zeilsheim damals unbedingt erreichen wollte, reicht. Ehrlicherweise muss ich sagen, dass für mich in der Verbandsliga, beziehungsweise unteres Hessenliga-Niveau, Endstation ist. Ich bin für einen Stürmer recht klein und bringe nicht unbedingt die Statur eines klassischen Strafraumstürmers mit, da haben manch andere Stürmer in der Liga deutliche Vorteile. Dazu sind die Verteidiger in der Liga körperlich einfach in einer anderen Kategorie anzuordnen, weswegen ich schnell gemerkt habe, dass es deutlich schwieriger ist, dort Tore zu schießen.“

FuPa: Jetzt ist aber zunächst sowieso einmal Schluss mit der Torejagd in der Verbandsliga. Wie es Eltville Anfang Dezember bekannt gegeben hat, wirst du in der Rückrunde aus beruflichen Gründen nicht mehr für die Spvgg. im Einsatz sein. Stattdessen schließt du dich der TSG Hoffenheim an, um dort im Nachwuchsbereich zu arbeiten. Wie bist du dort gelandet und was genau machst du für die TSG?

Patrick Lieb: „Das war ein längerer Weg. Angefangen hat das ganze während meines Sportwissenschaftsstudiums in Mainz, für welches ich damals ein Pflichtpraktikum absolvieren musste. Das habe ich dann in der Spielanalyseabteilung von Mainz 05 gemacht, wo ich in der U17 kurzzeitig als Spielanalyst gearbeitet habe. Im Anschluss habe ich eine Werkstudentenstelle als Spielanalyst beim FC Bayern gesehen, woraufhin ich einen Bewerbungsprozess durchlaufen habe und letzten Endes ausgewählt wurde, für zwei Jahre sowohl als Unterstützung der Hauptamtlichen Spielanalysten bei den Profis, als auch in der U19 zu arbeiten. Nach den zwei Jahren in München und dem erfolgreichen Abschluss meines Studiums habe ich mich im Sommer umgeguckt, wie es für mich weitergehen könnte. Bis zum Winter habe ich dann ein Praktikum beim DFB absolviert, dieses Mal als Spiel- und Videoanalyst der U15 Nationalmannschaft, bevor mir dann dieser Job, also Spiel- und Videoanalyst der U17-Bundesligamannschaft der TSG Hoffenheim, angeboten wurde. Mit Spiel- und Videoanalyst ist gemeint, dass ich für alle videogebundenen Aufzeichnungen und Materialien der U17 verantwortlich bin. Das umfasst die Spiele am Wochenende, Trainings, aber auch beispielsweise die Gegnervorbereitung. Dahinter steckt dann die Frage: „Wie spielt der Gegner? Wie kann man den Gegner charakterisieren?“ Die Ergebnisse meiner Analyse stelle ich dann dem Trainer vor, der sie dann der Mannschaft präsentiert.“

FuPa: „Welche weiteren Aufgaben neben der Spielvorbereitung sind Teil deiner Arbeitswoche?

Patrick Lieb: „Eine typische Woche fängt für mich samstags nach unserem Spiel an. Dann nämlich bereite ich unser Spiel nach, indem ich es mir noch einmal in voller Länge anschaue, um Auffälligkeiten im Spiel mit und gegen den Ball zu finden. Dieser Teil meiner Arbeit nimmt den Samstag und auch noch ein paar Stunden vom Sonntag ein. Eine weitere Aufgabe von mir ist es Individualschnitte zusammenzustellen, also das Spiel erneut zu gucken und Szenen herauszuschneiden, die wir für Einzelgespräche mit unseren Spielern nutzen können. Generell stehe ich dabei immer im engen Kontakt mit dem Trainerteam, das mir Schwerpunkte nennt, auf die ich bei meinen Analysen achten soll. Die Trainer sind es auch am Ende, die darüber entscheiden, welche Szenen wir der Mannschaft, aber auch den Jungs individuell zeigen. Ab und zu muss ich auch Spiele oder Trainings selbst mit einer Kamera aufzeichnen, auch das ist Teil meiner Arbeit.“

FuPa: „Welches Ziel verfolgst du mit dem beruflichen Weg, den du jetzt eingeschlagen hast?“

Patrick Lieb: „Langfristig gesehen ist es natürlich ein Wunsch und Ziel von mir einmal Teil eines Videoanalyseteams einer Profiabteilung zu sein. Bis dahin ist es aber noch ein sehr weiter Weg, dessen bin ich mir bewusst. Mir fehlt einfach noch die Berufserfahrung, dieser Job in der TSG-Akademie ist meine erste feste Stelle, zudem ist die Anzahl von Videoanalystenstellen in der Bundesliga offensichtlich begrenzt, dafür aber leider sehr begehrt (lacht).“

FuPa: Beruflich ist also klar, wo es einmal hingehen soll. Wie sieht das ganze sportlich aus? Lässt dir der Job noch genügend Zeit, um selbst aktiv Fußball zu spielen? Wie sehen deine Zukunftspläne in dieser Hinsicht aus?

Patrick Lieb: „Der Job ist auf jeden Fall intensiv, aber dadurch, dass mir die Arbeit eine Menge Spaß macht, geht es mir auch leichter von der Hand. Mein Spielerpass liegt immer noch in Eltville, wenn ich also an Wochenenden mal Zeit habe, werde ich versuchen, mit der zweiten Mannschaft in der Kreisoberliga auf dem Platz zu stehen. Kurz- bis mittelfristig wollte ich mir aber auf jeden auch hier in der Umgebung einen Verein suchen und dann ein Zweitspielrecht beantragen. Allerdings werde ich nicht mehr auf höherklassigem Niveau spielen, dafür habe ich einfach nicht mehr die Zeit, sondern eher wieder auf Kreisebene.“

Aufrufe: 018.2.2022, 15:00 Uhr
Tim StammAutor