2024-05-17T14:19:24.476Z

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Auf geht’s: Dreimal in der Woche geht es für die Bramscher Bennet (vorne) und Colin van den Berg mit dem Bulli zum Training von Twente Enschede in die Niederlande. Foto: Bernhard Tripp
Auf geht’s: Dreimal in der Woche geht es für die Bramscher Bennet (vorne) und Colin van den Berg mit dem Bulli zum Training von Twente Enschede in die Niederlande. Foto: Bernhard Tripp

Bennet und Colin van den Berg: bald Profi?

Nachwuchs aus Bramsche: "Wer mehr will, muss auch mehr tun"

Am Freitag im Auto mit Bennet nach Barsinghausen zur Niedersachsenauswahl, am Samstag mit Colin zum Punktspiel von Twente Enschede nach Rotterdam, am Sonntag mit Bennet und dem Stützpunkt Hollage nach Sögel: ein Auszug aus dem fast normalen Wochenende der fußballverrückten Familie van den Berg aus Bramsche: am Steuer Vater Heino oder Mutter Constanze, die das gleiche Fieber gepackt hat wie ihre talentierten Jungen.

Heino van den Berg kommt mit zwei Jahren als Sohn eines Stabsoffiziers der niederländischen Luftwaffe nach Bramsche, kickt im SC Hollandia und wird ebenfalls Profi – beim VfL Osnabrück, in Herzlake, Münster und Rheine –, bevor seine Karriere beim FCR Bramsche ausklingt und seine beiden Kinder ihn motivieren, als Betreuer und Trainer in die Jugendarbeit einzusteigen. Colin und Bennet van den Berg haben einen großen Traum: Die beiden Jungen möchten einmal mit ihrem Hobby, dem sie seit sie laufen können frönen, Geld verdienen.

Die 15- und 13-jährigen Brüder spielen von Kindesbeinen an leidenschaftlich gerne Fußball. Ihre genetischen Voraussetzungen sind nicht schlecht. Schließlich ist Vater Heiner van den Berg, den die meisten allerdings nur als Heino kennen, ihr großes Vorbild. Der heute 44-Jährige ist erfolgreich vor nunmehr 30 Jahren einen solchen Weg vorausgegangen und hat sich als Fußballprofi und nach seiner aktiven Zeit als Trainer einen Namen gemacht.

Das Besondere am bisherigen Werdegang der beiden Nachwuchstalente ist, dass ihre sportliche Ausbildung zwar beim FCR begann, seit zweieinhalb Jahren aber im Geburtsland des Vaters fortgesetzt wird. Der Ehrendivisionär Twente Enschede hat Colin und Bennet nämlich 2010 beobachtet, gestestet und nach überzeugenden Kostproben ihres vielversprechenden Könnens in die vereinseigene Fußballakademie aufgenommen.

Seither trainieren die beiden Brüder dienstags, donnerstags und freitags in Enschede; ein viertes Mal ruft der Stützpunkt Osnabrück Nord freitags zu einer Übungseinheit nach Hollage. Mittwochs haben die talentierten Söhne trainingsfrei. Die Wochenenden sind oft mit Einsätzen bei Turnieren oder Punktspielen im Trikot von Twente Enschede ausgefüllt. „Das sind Tagestouren teilweise bis nach Maastricht oder Amsterdam“, sagt Mutter Constanze, die die Leidenschaft ihrer Männer voll und ganz mitträgt und für die Logistik zuständig ist.

Zu Kind und Kegel gehören die beiden wohlerzogenen Jack Russell „Manni“ und „Lucki“, die sich ans Umherreisen in einer Tragetasche gewöhnt zu haben scheinen. „Wir sind Familienmenschen und ziehen das gemeinsam durch“, sagt die 41-Jährige. Sonst wäre vor allem in der Saison der immense Aufwand „nicht nachzuvollziehen“; und Heino ergänzt: „Wer mehr will, muss auch mehr tun“, lautet die einfache Gleichung des 44-Jährigen.

Für die Teilnahme am Training im Nachbarland schickt Twente einen Bulli, der die jungen Fußballer mittags in Wallenhorst abholt und abends nach getaner Arbeit auch wieder zurückbringt. Da „Heino“ in der Woche beruflich in Münster stark eingespannt ist, übernimmt seine Ehefrau den Zubringerdienst gleich nach Unterrichtsende; fürs Mittagessen bleibt keine Zeit. Es ist ganz selbstverständlich, dass erst während der Fahrt im Kleinbus Mutterns Lunchpaket verzehrt wird. Ein Nickerchen ist während der rund einstündigen Autofahrt willkommen, um abzuschalten und ein wenig zu entspannen. „Die Konkurrenz auf dem Platz ist groß“, weiß Colin, dass im Training später nur die eingeplanten Auszeiten angeraten sind.

Colin und Bennet besuchen die neunte beziehungsweise achte Klasse des Bramscher Greselius-Gymnasiums. „Die Schule darf unter dem Hobby der Kinder nicht leiden“, haben die Eltern als Parole ausgegeben und können auch in diesem Punkt auf ihre Zöglinge stolz sein. Denn sowohl die schulischen als auch die sportlichen Leistungen können sich sehen lassen. „Wir wollen, dass sich die Kinder nicht zu früh festlegen“, betont der Ex-Profi. Heino lässt deshalb auch offen, wie lange das kleine Abenteuer der Söhne dauert. „Sie können jederzeit aufhören – etwa wenn der ganze Aufwand keinen Spaß mehr macht“, stellt auch die Mutter klar, dass die Kinder die Doppelbelastung freiwillig auf sich nehmen.

Für Heino ist der weitere Weg seiner Söhne, die die Vielseitigkeit ihres Vaters im kreativen und offensiven Bereich „geerbt“ zu haben scheinen, wie eine „Glaskugel: also schwer vorhersehbar“. Auch Twente spricht ein gewichtiges Wörtchen mit, wenn es um die Zusammenstellung der einzelnen Jahrgangskader geht, die neben dem intensiven Training eine Fülle an Pflichtspielen und Turnieren absolvieren. Der Vereinsvorstand investiert mit der Fußballakademie gezielt in den eigenen, euregioweit rekrutierten Nachwuchs, um trotz der ehrgeizigen Vereinsziele nicht für viel Geld teure Stars einkaufen zu müssen. Schließlich liegt die Messlatte für die Profis mit der Teilnahme an der Champions League sehr hoch.

Soweit denken Constanze und Heino van den Berg nicht. Die Eltern beobachten mit einer gewissen Genugtuung, dass ihren Sprösslingen der Spagat zwischen Fußball und Schule gelingt. Es zeichnete sich ja früh ab, dass sich Colin und Bennet von ihrem fußballverrückten Vater hatten angesteckt lassen. „Es verging keine Pause ohne Ball“, erinnert sich die Mutter. Es ist kein Zufall, dass im Garten hinter dem Wohnhaus am Finkenweg in Hesepe ein Kleinfeld mit zwei Toren steht. „Wenn es was zu schießen gab, haben die Kinder geschossen“, erinnert sich die Mutter, die aufgrund noch wenig kontrollierter Bolzerei notgedrungen Lampen draußen abmontiert und Vasen wegstellt, weil Scherben zwar Glück bringen, auf Dauer aber teuer zu stehen kommen können.

Während der Grundschuljahre verlegen die Söhne mit Cousins und Nachbarn den Tatort und verbringen viel Zeit auf dem Bolzplatz an der Martinusschule. Dabei überwiegt bei den Eltern van den Berg zunächst die Skepsis, als die Späher von Twente 2010 auf den jüngeren Sohn Bennet aufmerksam werden. „Der ist noch zu jung“, gibt Heino seinerzeit zu bedenken. Doch da war ja noch der knapp zwei Jahre ältere Colin, der ebenfalls schon sein Können beim FCR hatte aufblitzen lassen.

Als die niederländischen Scouts nach halbjähriger Probe erklärten, sie wollten beide Talente in die Akademie aufnehmen, ist die Situation da: Seither sind zweieinhalb Jahre vergangen, in denen die Familie trotz ungezählter Einsatzstunden und Tausender von Kilometern nicht einen Tag bereut hat. Die jungen „Legionäre“ Colin und Bennet fühlen sich bei Twente pudelwohl und können sich mittlerweile schon gut auf Holländisch auf und neben dem Platz verständlich machen, was sich nach dem Abitur vielleicht einmal als willkommener Nebeneffekt herausstellen könnte: Schon heute liegt ein Studium in den Niederlanden für deutsche Abiturienten im Trend.

Aufrufe: 012.2.2013, 15:14 Uhr
Bernhard Tripp / Neue Osnabrücker ZeitungAutor