2024-06-14T14:12:32.331Z

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Schaut genau hin und kann sich als Ex-Abwehrkicker gut in Spielsituationen einfühlen: TVH-Schiedsrichter Abdelkader Boul-ghalegh.	Archivfoto: Uwe Krämer
Schaut genau hin und kann sich als Ex-Abwehrkicker gut in Spielsituationen einfühlen: TVH-Schiedsrichter Abdelkader Boul-ghalegh. Archivfoto: Uwe Krämer

"Balu" hat Spaß und Erfolg mit der Trillerpfeife

Adelkader Boulghalegh hat es in die Hessenliga gebracht und seinen TVH-Spielerpass noch immer / ,,Umgangston wird rauer"

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Bei einem Lehrgang für Schiedsrichter hielt Lutz Wagner die Teilnehmerliste in Händen - und stolperte über einen langen Namen. Abdelkader Boulghalegh konnte der Referent, ehemaliger Bundesliga-Schiedsrichter aus Hofheim, nicht aussprechen. Spontan machte er ,,Balu" daraus. Boulghalegh mag diesen Spitznamen, der ihm nachhaltig anhaftet. Balu, der Bär aus dem ,,Dschungelbuch", der seiner aufgeregten Umwelt rät, es doch lieber mit Gemütlichkeit zu probieren und das Leben zu genießen. ,,Der Spitzname passt zu mir", sagt Boulghalegh mit Blick auf sein sonniges Gemüt.

Zu lässig darf ein Schiedsrichter allerdings nicht sein, betont der 28 Jahre alte Haßlocher. Andernfalls hätte er es sicherlich nicht in die Hessenliga geschafft, der er seit sechs Jahren angehört. Als Assistent wird er in der Regionalliga eingesetzt. Und am 12. August 2012 leitete Boulghalegh sein erstes Spiel in der A-Junioren-Bundesliga, den 3:2-Sieg des VfL Bochum mit Ex-Nationalspieler Dariusz Wosz als Trainer gegen Arminia Bielefeld. Wie kam Boulghalegh dazu, mit Trillerpfeife und Signalkarten für regelgerechte Fußballspiele zu sorgen? ,,Ich war so ein Sportplatzkind", erzählt er. ,,Balu" schaute sich nicht nur gerne Spiele an, sondern interessierte sich auch schon früh für die Regeln. Es machte ihm Spaß, als Linienrichter zu helfen - und die Fahne zu heben, wenn der Ball ins Aus gerollt war. Dass Boulghaleghs Laufbahn richtig Pfiff bekam, dafür sorgte sein Verein. Denn der TV Haßloch erkannte sein Interesse und förderte es. Als 13-Jähriger leitete er sein erstes D-Jugendspiel.

Doch er kennt auch die Spielerperspektive. Als aktiver Fußballer, genauer gesagt, als Abwehrspieler, hat Boulghalegh die TVH-Jugendmannschaften durchlaufen und auch in der ersten Mannschaft verteidigt, die damals der Kreisliga A angehörte. Er trainiert immer noch gelegentlich mit, hat seine Priorität aber aufs Schiedsrichterwesen gelegt. ,,Meinen Spielerpass habe ich aber noch", fügt Boulghalegh hinzu. Er findet es wichtig, dass sich ein Schiedsrichter in die Situation des Spielers hineinversetzen kann. Dass er weiß, wie ein Fußballer denkt und fühlt. Umgekehrt, nicht nur von Spielern, sondern auch von Funktionären, hielte Boulghalegh dieses Wissen für genauso erstrebenswert. Überhaupt wünscht er sich in der öffentlichen Wahrnehmung mehr Anerkennung für die Leistungen der Schiedsrichter.

Schlechte Profi-Vorbilder

Es sei nicht unbedingt schwieriger geworden, Spiele zu leiten. Doch der Schiedsrichter müsse sich auf neue Situationen einstellen. Etwa auf schlechte Vorbilder aus den Profiligen, die Einfluss auch auf den Amateurfußball hätten. So habe der Fall des Torhüters Marwin Hitz aus dem Augsburger Spiel in Köln schon Nachahmer gefunden. Boulghalegh hat es erlebt, dass ein Torwart in Hitzscher Manier versucht hat, den Rasen um den Elfmeterpunkt zu zerstören, um den Schützen aus der Konzentration zu bringen. Und grundsätzlich hat Boulghalegh festgestellt, dass der Umgangston auf dem Sportplatz rauer geworden ist. Weshalb Balu - ebenso wie der Gute-Laune-Bär aus dem Dschungelbuch - manchmal auch ungemütlich werden muss.

Als Lehrwart der Schiedsrichtervereinigung Groß-Gerau sorgt er dafür, dass die Unparteiischen des Fußballkreises Groß-Gerau gut ausgebildet sind. Das wünscht sich der Haßlocher auch von den Trainern. Immer wieder stellt er fest, dass Übungsleiter nicht unbedingt regelfest sind. Boulghalegh ist sich beispielsweise sicher: Die Frage, mit welcher Art Freistoß es nach einem Handspiel außerhalb des Strafraums weitergeht, würde der Großteil falsch mit ,,indirekter Freistoß" beantworten. Solche Wissenslücken versucht er zu schließen, wenn er beim regelkundlichen Teil der Trainer-B-Lizenz-Ausbildung in Grünberg eingesetzt wird.

Selbstkritik gehört bei Boulghalegh zum klaren Blick auf Seinesgleichen dazu. So gibt er Gerd Schugard, dem Schiedsrichterobmann des Hessischen Fußballverbandes, recht, der bei der Rückrundenbesprechung der Verbandsliga Süd von einer Schiedsrichtergeneration gesprochen hat, die zwar regelkundlich gut ausgebildet sei, dafür aber Probleme mit dem Auftreten und Selbstdisziplin habe. Ersteres führt Boulghalegh zum Teil auf Unerfahrenheit zurück, denn schon mit 14 Jahren kann man am Schiedsrichter-Neulingslehrgang teilnehmen. Tatsache sei: Heranwachsende hätten noch nicht die ausgereifte Persönlichkeit, die einen guten Schiedsrichter neben der Regelfestigkeit ausmache. Obendrein gebe es durchaus Unparteiische, die es mit ihren Pflichten nicht so genau nähmen. Die sich beispielsweise nicht abmeldeten, wenn sie nicht an einer der monatlichen Pflichtsitzungen der Kreisschiedsrichtervereinigung teilnehmen könnten.



20 neue Schiris

- Nach drei lehrreichen Abenden und zwei Online-Sessions fand Anfang Februar die Abschlussprüfung des Schiedsrichter-Neulingslehrgangs 2016 im Fußballkreis Groß-Gerau statt. Bestanden alle 42 Anwärter die läuferische Prüfung, sah das beim schrftlichen Test anders aus: Kreislehrwart Abdelkader Boulghalegh konnte 20 Mal gratulieren, wobei Eldin Alomerovic als Bester 56 von 60 möglichen Punkten erreichte. Jene 22 Kandidaten, die keine 40 Punkte erzielten, können eine Nachprüfung ablegen. Kreisschiedsrichterobmann Uwe Lang freute sich über den neu hinzugewonnen Nachwuchs, der von höchster Wichtigkeit ist, um einen geregelten Spielbetrieb garantieren und aufrecht erhalten zu können. (kri)

Aufrufe: 020.2.2016, 13:32 Uhr
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