2024-05-08T14:46:11.570Z

Allgemeines
Ein besonderes Erlebnis für den jungen „Gustl“ Mehr (l.) war, als er im damaligen „Münchner Hof“ seiner Eltern Mitte der 1960er Jahre den Ausführungen von Sepp Herberger (r.) lauschte. Der Bundestrainer der Weltmeister-Mannschaft von 1954 war anlässlich der Eintragung in das goldene Buch der Stadt in Starnberg.
Ein besonderes Erlebnis für den jungen „Gustl“ Mehr (l.) war, als er im damaligen „Münchner Hof“ seiner Eltern Mitte der 1960er Jahre den Ausführungen von Sepp Herberger (r.) lauschte. Der Bundestrainer der Weltmeister-Mannschaft von 1954 war anlässlich der Eintragung in das goldene Buch der Stadt in Starnberg. – Foto: Thomas Ernstberger

August E. Mehr feiert 70. Geburtstag - Revolutionär der Fußball-Berichterstattungen

Ex-SpVgg-Starnberg-Kicker

Der Starnberger Rechtsanwalt August E. Mehr feiert an diesem Dienstag seinen 70. Geburtstag. Der Sport zieht sich durch das ganze Leben des Jubilars - unter anderem ist er Mitbegründer des Golfclubs Starnberg.

Starnberg – Der FC Bayern München, der Verein, den er von klein auf verehrt, weiß ganz offensichtlich, wie man einem langjährigen Fan zum „Runden“ gratuliert. „Der Sieg in Dortmund war mein schönstes Geburtstags-Geschenk“, freute sich August E. Mehr nach dem 3:2 am Samstag im Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga. Heute wird er 70, jener August (nach Mutter Augustine) E. (nach Vater Engelbert) Mehr, den sie alle nur „Gustl“ nennen.

Der Sport, schon als Kind der Fußball und seit Jahrzehnten das Radfahren auf seinem längst in die Jahre gekommenen Renner, zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben des Starnberger Rechtsanwalts, der in Seefeld wohnt und auch mit 70 noch jeden Tag in seiner Kanzlei in den See-Arkaden sitzt. 1983 eröffnete er seine ersten Büroräume zusammen mit Dietmar Knötig, jetzt teilt er sie – ohne Handy und PC – mit Annette Kriebel.

Gustl Mehrs große Leidenschaft ist seit Jahren aber das Rennradfahren.
Gustl Mehrs große Leidenschaft ist seit Jahren aber das Rennradfahren. – Foto: privat

Sport, Politik, soziales Leben – und natürlich Ehefrau Isolde (lernte er auf der Pressestelle des Landratsamtes kennen) und Sohn Dominik, der mehrfache Clubmeister des Starnberger Golfclubs, bestimmten und bestimmen Mehrs Leben. Die Sache mit dem Sport ging ganz früh los: „Als Buben haben wir schon im Garten des Münchner Hofs, den seine Eltern gepachtet hatten, Fußball gespielt“, erinnert sich Reiner Hoffmann, sein langjähriger Begleiter auf den Stationen seiner Fußball-Laufbahn. Sie spielen heute noch zusammen: Schafkopf, alle vier Wochen. Gemeinsam kickten die Volksschul-Freunde unter dem legendären Jugendleiter Georg Schiller (um sein Grab kümmert sich Mehr mit einigen Kameraden heute noch) in den Schüler- und Jugendmannschaften, später bei der Ersten der SpVgg Starnberg. Es folgten der gemeinsame Wechsel zur FT 09 (unter Trainer Werner Anzill) – und das Ende der aktiven Karriere, in der der Jubilar auch schon mal dem Schiedsrichter die rote Karte zeigte, beim SC Armin München. Ex-SpVgg-Spielertrainer Max Fundeis hatte die beiden zum damaligen Club von Präsident Karl-Heinz Wildmoser geholt. Im Winter war dort aber Schluss für Mehr, der den Ball fortan mit der Schreibmaschine tauschte.

Die Sportberichte des langjährigen freien Mitarbeiters des „Starnberger Merkur“, der unter dem Pseudonym Waldemar Müller-Müggeburg auch für den damaligen „Land- und Seeboten“ schrieb, waren humorvoll, ironisch, tiefgründig und fundiert – aber auch gefürchtet. Über den Vergleich mit „Fred Feuerstein“ aus der US-amerikanischen Zeichentrickserie soll FT-Boss Rudi Hack am Anfang gar nicht amüsiert gewesen sein. Schon damals, es waren die 80er Jahre, die großen Jahre des Starnberger Fußballs, schaffte Mehr die sogenannte „1:0-Berichterstattung“, also die reine Nacherzählung von Spielabläufen, zugunsten von bunten Geschichten ab. Damit wurde er auch zum Vorbild nachfolgender Merkur-Sportjournalisten, die mit ihm viele Sonntagnachmittage und -abende mit dem Erstellen von Berichten aus den unteren Spielklassen (und vielen vergeblichen Anrufen in Vereinsheimen) in der Redaktion verbrachten.

Als Buben haben wir schon im Garten des Münchner Hofs, den seine Eltern gepachtet hatten, Fußball gespielt.

Reiner Hoffmann, langjähriger Mannschaftskamerad

Herfried Ruhs, der frühere Kapitän der SpVgg Starnberg, sagt: „Der Gustl war kreativ, er hat aus Fußball-Berichten unterhaltsame Artikel gemacht, die jeder gelesen hat. Und ich erinnere mich noch gut an die Derby-Niederlage gegen die FT, in dem ich – auch dank seiner Berichterstattung – zum ‚Napoleon‘ wurde. Da hat er sogar den Merkur vor dem Spiel an die Zuschauer verteilt. Da war noch was los in der Bezirksliga.“ Ruhs, vom Reporter auch „Poltergeist aus der Oberpfalz“ genannt, ergänzt: „Wir sind zwar mal in der ,Klamotte‘ aneinandergeraten. Es gab später aber nie ein böses Wort. Und als wir uns vor ein paar Jahren zufällig im Café Luitpold getroffen haben, haben wir uns angeregt über die alten Zeiten unterhalten.“ Sicher auch über Harry Pfeil, den Kurzzeit-Trainer, den Mehr mit seiner journalistischen Spürnase als Hochstapler entlarvte.

Seit frühester Kindheit spielte Gustl Mehr Fußball bei der SpVgg, später bei der FT Starnberg 09.
Seit frühester Kindheit spielte Gustl Mehr Fußball bei der SpVgg, später bei der FT Starnberg 09. – Foto: Thomas Ernstberger

Der spätere Jurist war in jungen Jahren nicht nur Sportler, sondern auch ein stadtbekannter Disc-Jockey. Als „Gus Moore“ legte er – mit langen Haaren und im weißen Sakko – im „White Horse Club“ an der Perchastraße, längst abgerissenes Stammlokal von Bürgermeister Rudolf Widmann, Vize Franz Heidinger und promintenen Fußballern wie Meister-Löwe Rudi Brunnenmeier, Platten auf.

Mehr vermittelt und verbindet, das ist sein Credo. Er ist mit vollem Einsatz dabei und verliert trotz der nicht immer einfachen Aufgaben nie die Geduld.

Gerd Weger, Vorsitzender des Vereins Brücke

Ein Leben für den Sport: Im Mai 1986 setzte Mehr eine Idee von Helmut Wagner um und gründete zusammen mit sechs Mitstreitern in Hadorf den Golfclub Starnberg, dessen Präsident er von 1987 bis 1993 war. Mittlerweile golft er nur noch selten, obwohl er sich’s immer wieder vornimmt. Seiner Leidenschaft fürs Radfahren, die er schon früh mit seinem Schul-Spezl Gerhard Wild entdeckt hatte, ist er dagegen bis heute treu geblieben. „Gustl ist ein leidenschaftlicher Rennradler“, erzählt Albert Panke, der seit 60 Jahren zu Mehrs engen Freunden zählt. „Wir sind zusammen vor den Profis mehrere Teil-Etappen der Tour de France, darunter den steilen Ziel-Anstieg hinauf nach Alpe d’Huez, abgefahren. Vor 100 000 Zuschauern. Da läuft es mir heute noch kalt den Buckel runter.“ Auch der Großglockner, das Stilfser Joch oder eine Bodensee-Rundfahrt an einem Tag standen auf dem gemeinsamen Rad-Programm.

2002 wollte Gustl Mehr Nachfolger von Starnbergs Bürgermeister Heribert Thallmair (l.) werden, was aber nicht klappte.
2002 wollte Gustl Mehr Nachfolger von Starnbergs Bürgermeister Heribert Thallmair (l.) werden, was aber nicht klappte. – Foto: Merkur-Archiv

Zum Schluss: Das Geburtstags-„Kind“ war auch politisch engagiert: 2002 kandidierte Mehr für das Amt des Ersten Starnberger Bürgermeisters, verlor aber in der Stichwahl gegen Ferdinand Pfaffinger. Und er saß von 2002 bis 2008 eine Amtsperiode für die CSU im Kreistag. Aktuell ist Mehr Vorsitzender der Geschäftsführung der Wohnungs-Genossenschaft Starnberger See (seit 2006) und seit 2007 stellvertretender Vorsitzender der „Brücke Starnberg e.V.“ (hilft straffällig gewordenen jungen Leuten zwischen 14 und 21 Jahren bei der Wiedereingliederung ins normale Leben). Ex-Stadtrat Gerd Weger, Vorsitzender der Brücke und Aufsichtsrats-Boss der Genossenschaft: „Mehr vermittelt und verbindet, das ist sein Credo. Er ist mit vollem Einsatz dabei und verliert trotz der nicht immer einfachen Aufgaben nie die Geduld.“ Diese Geduld möge ihm auch künftig bei guter Gesundheit erhalten bleiben.

Aufrufe: 07.12.2021, 10:00 Uhr
Thomas ErnstbergerAutor