2024-05-02T16:12:49.858Z

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Auf der Suche nach Rohdiamanten

Mohamed Hioui scoutet für sein Heimatland.

Mohamed Hioui ist viel unterwegs. Von einem Termin zum anderen. Freizeit scheint für den 50-jährigen Marokkaner ein Fremdwort zu sein – trotz der Sommerpause. „Ich befinde mich gerade auf dem Weg zu Bayer Leverkusen. Dort spielt die U16 gegen eine afrikanische Auswahl“, ist sein erster Satz an diesem sonnigen Donnerstagnachmittag.

Hioui ist kein Unbekannter im Ruhrgebiet. „Die Leute kennen mich ja“, so sein kurzer Kommentar zu seiner sportlichen Vita während er die Autobahn Richtung Leverkusen herunterdonnert. Als Trainer schlug er bereits beim FC Marokko Herne auf, ehe es ihn zur SG Wattenscheid, zum DSC Wanne-Eickel, zur U17-Damenmannschaft des VfL Bochum und zu Eintracht Ickern zog. Doch dieser Beruf an der Seitenlinie ist Vergangenheit für den A-Lizenz-Inhaber. „Ich hatte zwei, drei Angebote. Aber da habe ich gesagt: Trainer mache ich nicht mehr“.

Ein Leben ohne Fußball konnte sich der Maschinenbau-Ingenieur dennoch nicht vorstellen. Umso besser passte da ein unerwartetes Angebot des marokkanischen Fußballverbandes. „Ich war beruflich in Rabat. Da kam die Föderation des Nationalverbandes auf mich zu. Sie haben jemanden gesucht, der in Deutschland für die U17-Nationalmannschaft scoutet“, beschreibt Hioui die Kontaktaufnahme im perfektem Deutsch. Es wurde ein Treffen vereinbart – Kennenlernen und Beschnuppern war angesagt. Danach war für Hioui klar: „Mir hat das Angebot geschmeichelt auch wenn noch mehrere Leute in der Auswahl waren. Mich hat es sehr gefreut, dass die Wahl auf mich gefallen ist. Die Jugendarbeit hat mich schon immer fasziniert. Es ist etwas tolles, junge Leute zu sichten, die eventuell mal ins Trikot der Nationalmannschaft schlüpfen. Dieses zu tragen, ist etwas Besonderes“.

Die Aufgabe erfüllt Hioui mit Stolz. Die Liebe zu seinem Heimatland ist bei jedem Satz herauszuhören. Mit voller Leidenschaft ist er im Einsatz. Obwohl er genau weiß, dass die Aufgabe kein Zuckerschlecken ist. „Ich mache das neben dem Beruf und der Familie. Seit Ende März bin ich dabei. So richtig intensiv wird es wohl ab September. Da bin ich dann deutschlandweit unterwegs und schaue mir die Jungs an.“

Der erste Kontakt mit den potentiellen Kickern läuft über die Vereine. Dort sind die Jugendlichen in den Nachwuchsleistungszentren der großen deutschen Klubs gut aufgehoben. Doch nach Marokko haben viele kaum Kontakt. „Es leben viele Marokkaner in Deutschland. Allerdings ist es bereits die vierte Generation. Einige sprechen gar kein marokkanisch mehr“, beschreibt Hioui, der selbst in der Bezirksliga spielte. „Dann rede ich zunächst mit den Trainern und hole mir Informationen über die Stärken und die Schwächen der Spieler. Im Normalfall sind die Coaches in Deutschland sehr hilfsbereit und kommunikationsfreudig“. Und im zweiten Schritt? „Ich fahre ich zu den Spielen und schaue mir die Jungs selbst an. Es folgen Gespräche mit den Akteuren und den Eltern. Auch die schulischen Leistungen müssen gut sein. Passt der Spieler ins Profil, gebe ich die Informationen an die Föderation weiter und er wird zu einem Lehrgang eingeladen“.

Mittlerweile ist Marokkos Offensive im Talentscouting europaweit verbreitet. Es gibt Verantwortliche in Spanien, Frankreich und nun eben auch in Deutschland. Den ein oder anderen Spieler hat Hioui auch schon empfohlen. Namen verrät er aber noch nicht. Nur so viel: „Es sind Kicker aus Dortmund, Düsseldorf und Köln“.

Hioui hat einen Traum, der ihn antreibt und der für alle Strapazen entschädigen würde: „Ich will zumindest ein Schätzchen für die marokkanische U17-Nationalmannschaft finden.“

Aufrufe: 014.7.2017, 15:15 Uhr
Moritz HammelAutor