2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Der Spiesheimer Trainer Jasmin Sinanovic im Interview.
Der Spiesheimer Trainer Jasmin Sinanovic im Interview. – Foto: Michael Wolff

»Auf dem Platz bin ich der Chef«

Jasmin Sinanovic bringt als Trainer seine beiden Söhne mit nach Spiesheim – funktioniert das?

Spiesheim. In seinen Fußballtretern hat Thomas Schwarz Schuhgröße 43. Die Fußstapfen, die der neue Co-Trainer von Hassia Bingen seinem Trainerkollegen Jasmin Sinanovic beim Fußball-B-Ligisten in Spiesheim hinterlässt, sind um einiges größer. Doch der 54-Jährige verkürzt extra seinen Sommerurlaub, um die Herausforderung beim Tabellenzweiten der Vorsaison aufzunehmen. Das Credo dabei: Ein Sinanovic kommt selten allein.

Bei ihrem neuen Trainerengagement können Sie doch eigentlich nur verlieren, oder?

Ne, überhaupt nicht. Spiesheim hat als Aufsteiger bis zuletzt um den Aufstieg mitgespielt, der Offensivfußball begeisterte ein Dorf. Das ist schwerlich zu toppen. Ich habe mir selbst vier Partien im Saisonendspurt angesehen und war auch direkt begeistert. Die Mannschaft kombiniert spielerische Klasse mit Charakter. Das ist eine traumhafte Ausgangssituation für mich als neuen Coach. Trotz einiger Langzeitausfälle habe ich einen 20-Mann-Kader. Jeder ist top motiviert. Die Disziplin stimmt. Da hinterlässt Thomas Schwarz ein sehr gut bestelltes Feld.

Da kann jetzt das Ziel eigentlich nur Aufstieg lauten ...

Es wird schwer, aber unser Anspruch ist es, ganz oben mitzuspielen. Ich sehe ein Trio mit Alzey II, Weinheim und uns, die den Aufstieg packen können. Hinzu kommen mit Albig und Nieder-/Oberwiesen zwei Teams, die besser abschneiden werden als in der Vorsaison. Aber ich möchte nicht nur fleißig Punkte sammeln, sondern auch unseren Zuschauern noch attraktiveren Fußball bieten. Klar ist aber auch: Wir sind jetzt häufiger der Favorit, unterschätzen wird uns niemand mehr.

Was ist ihre Spielidee?

In den ersten Partien haben wir im 4-3-3 gespielt – mit zwei schnellen Außenbahnspielern. Wir wollen die Spieleröffnung bereits bei den Innenverteidigern beginnen und dann spielerisch nach vorne kommen. Früher wurde Timur Karais oft mit langen Bällen im Sturmzentrum gesucht. Das ist eine sehr gute Taktik, weil Timur mein Top-Offensivspieler ist. Aber jetzt werden wir flexibler, haben mehr Zielspieler. Ich habe zu Timur nach den ersten beiden Saisonsiegen gesagt: „Du hast kein Tor gemacht, bist aber für mich aber extrem wichtig – als Vorbereiter und Kreativspieler. Es wird schwieriger, uns zu schlagen.

Als Inhaber der Trainer A-Lizenz können sie alle Amateurteams bis hin zur Regionalliga trainieren. Warum haben Sie sich für B-Klassist Spiesheim entschieden?

Im Januar war klar, dass ich in Biebelnheim aufhöre. Eigentlich wollte ich eine Coaching-Auszeit nehmen. Den einmonatigen Sommerurlaub mit meiner Frau hatte ich schon frühzeitig gebucht. Als der Anruf aus Spiesheim kam, musste ich eine Nacht drüber schlafen. Zuhause hat immer meine Frau das Sagen. Bei drei fußballverrückten Männern höre ich immer auf ihre Meinung. Sie hat mich aber bestärkt, das Angebot anzunehmen. Urlaub mache ich trotzdem, wenn auch nur zwei Wochen. Die Spielklasse ist mir dabei zweitrangig. Ich trainiere lieber ein ambitioniertes B-Klasse-Team als eine lustlose Bezirksliga-Truppe mit Möchtegern-Kickern.

Sie wechseln zusammen mit ihren beiden kickenden Söhnen nach Spiesheim. Wie verhindern sie Vater-Sohn-Konflikte auf dem Rasen?

Zuhause ist meine Frau der Boss, auf dem Platz bin ich der Chef. Ich mache da keine Unterschiede zwischen den anderen Spielern und meinen Söhnen. Auf dem Platz sind alle meine Spieler auch meine Söhne. Das hat schon in Biebelnheim sehr gut funktioniert. Mein jüngster Sohn Adi, bringt mit seinen 20 Jahren frischen Wind über die defensive Außenbahn. Vedran kämpft sich nach seinem Muskelfaserriss langsam zurück. Auch ganz praktisch: Wir bilden jetzt eine Fahrgemeinschaft zum Training und zu den Spielen.

In der letzten Saison schwärmten Spieler und Trainer vom besonderen Zusammenhalt. Wie erleben sie die Sportgemeinschaft?

Wir sind auch neben dem Platz eine Einheit. Fast ausnahmslos alle Spieler kommen aus Spiesheim, kennen sich schon ewig und sind privat befreundet. Vor jedem Heimspiel treffen wir uns zum gemeinsamen Frühstück. Das ist ein tolles Ritual, was ich gerne fortführe. Und zu den Heimspielen unterstützen uns dann Mama, Papa, Frau, Freundin, Oma, Opa und Kinder der Spieler. Das ist in dieser Form schon außergewöhnlich.

Haben Sie die Nummer von Thomas Schwarz eigentlich in ihrem Handy eingespeichert? Gibt er Ihnen noch Tipps?

Thomas ist bei mir eingespeichert. Er wohnt hier im Ort und wenn es seine Zeit zulässt, dann schnürt er auch mal seine Fußballschuhe, trainiert mit und spielt auch. Wir verstehen uns gut und tauschen uns immer mal wieder aus. Ich bin aber ein neuer, eigenständiger Trainer. Seine gute Arbeit möchte ich jetzt am liebsten mit dem Aufstieg veredeln.

Aufrufe: 06.9.2019, 21:00 Uhr
Henrik RampeAutor