2024-05-24T11:28:31.627Z

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Kurzeinsatz gegen Leverkusen: Der Dorfener Andreas Voglsammer (l.) und sein Bielefelder Kollege Amos Pieper (r. ) im Kampf um den Ball mit Mitchell Weiser und Torwart Lukas Hradecky.
Kurzeinsatz gegen Leverkusen: Der Dorfener Andreas Voglsammer (l.) und sein Bielefelder Kollege Amos Pieper (r. ) im Kampf um den Ball mit Mitchell Weiser und Torwart Lukas Hradecky. – Foto:  Friso Gentsch/dpa

Andreas Voglsammer: Zwischen Aufstiegseuphorie und Leidensgeschichte

Profi von Arminia Bielefeld im Interview

Endlich Bundesligaprofi, Verletzungspech und Corona – das besondere Jahr des 28-jährigen Dorfeners.

Dorfen/Bielefeld – Es war nicht alles schlecht im Sportjahr 2020. Das gilt insbesondere für Andreas Voglsammer. Der Dorfener hat sich mit dem Aufstieg in die Fußball-Bundesliga einen Lebenstraum erfüllt. Andererseits durften er und seine Bielefelder Arminen wegen der Corona-Pandemie nicht mit den Fans feiern. Und da wäre noch seine persönliche Verletzungsgeschichte: Den Mittelfußbruch in der Corona-Pause auskuriert, während der Saisonvorbereitung erneut verletzt, dann wieder zurückgekommen, ehe ihn Wadenprobleme erneut bremsten. Wir sprachen mit dem 28-Jährigen über eine außergewöhnliche Saison und über die Bundesliga allgemein.

Herr Voglsammer, war das das beste Fußballjahr Ihres Lebens?

Mit Sicherheit. Du steigst schließlich nicht jedes Jahr in die Bundesliga auf. Es war aber auch eine gewisse Belohnung für unsere lange harte Arbeit. Schade war natürlich, dass wir nicht mit unseren Fans feiern konnten.

Womit wir schon bei der Corona-Pandemie wären. Wie sehr hat sie Ihr Leben verändert?

Auch wenn ich persönlich niemanden kenne, der infiziert war: Das hat jeden Einzelnen krass in seiner Lebensweise verändert. Bei uns haben sich alle strikt an die Regeln gehalten und tun es immer noch. Es ist sehr erfreulich, dass wir bei der Arminia noch keinen einzigen Corona-Fall hatten.

Für eure Fans kam die Pandemie zum ungünstigsten Zeitpunkt.

Dass wir ohne unser Publikum spielen mussten, war erst einmal ein Riesenschock. Spiele ohne unsere Fans, die uns so großartig unterstützen – das war schon bitter. Aber das war ja alternativlos, und es ist ja jeder Mannschaft so ergangen. Alle Traditionsvereine trifft es extrem hart, wenn die Fans fehlen.

Ist man als Außenseiter in der Bundesliga nicht besonders benachteiligt? Gegen die Topclubs können dich die Fans vielleicht mal zum Sieg schreien.

Bei einem Heimspiel können sie dich schon tragen, das stimmt. Aber ich will deswegen nicht behaupten, dass wir vor vollem Haus gegen Bayern oder Dortmund gewonnen hätten. Mit oder ohne Zuschauer – da kommen zwei komplett unterschiedliche Spiele raus. Die Unterstützung der Fans wäre für unsere Leistung sicher besser gewesen, aber gegen Topmannschaften müssen auch viele andere Dinge passen.

Wie ist das eigentlich bei normalen Auswärtsspielen? Stachelt es Sie an, wenn Sie von gegnerischen Fans beschimpft werden?

Schwer zu sagen. Ich fokussiere mich eigentlich immer auf mein Spiel. Aber wenn’s läuft, kann es schon richtig geil sein, wenn das Stadion gegen dich ist. Nochmal zu den Geisterspielen: Da fand ich etwas sehr interessant.

Nämlich?

Dass die Behauptung, die gern mal von außen kommt, nicht stimmt, dass Fußballer während des Spiels nicht miteinander reden. Jetzt hört man das ganz deutlich, wie von außen und von innen gecoacht wird. Das beste Beispiel ist doch Thomas Müller. Der redet 90+x Minuten.

Kommen wir nochmal zurück zum vermutlich schönsten Fußballmoment des Jahres. Was fällt Ihnen noch von den Feierlichkeiten ein?

Das war ein unbeschreibliches Gefühl. Schade, dass wir das nur mannschaftsintern feiern konnten. Wir hätten das so gern mit unseren Fans getan.

Ab wann war Ihnen klar, dass Sie nächste Saison ein Bundesliga-Spieler sein werden?

Ganz ehrlich, mir war es schon im Dezember 2019 klar. Allgemein hat man uns das ja nicht zugetraut. Nach der Winterpause hatte man uns prophezeit, dass wir einbrechen. Dann haben wir aber gleich mal gegen Bochum gewonnen. Die gleiche Ansage der Medien dann nach der Corona-Pause: Wir werden einbrechen. Unsere Antwort: Wir haben kein einziges Spiel mehr verloren. Unser Auftreten war so dominant, wir haben niemanden gefürchtet.

Apropos Corona-Pause: Sie persönlich haben ja sogar davon profitiert, weil Sie ihren Mittelfußbruch ausheilen konnten.

In einer gewissen Weise stimmt das sogar. Ich war quasi von dem Moment an wieder dabei, als es in der 2. Bundesliga wieder losging. Aber so etwas willst du natürlich trotzdem nicht. Mir wäre eine normale Saison mit unseren Fans und ohne die Pandemie auch viel lieber gewesen.

Und dann ging die Vorbereitung auf die Bundesliga los. Und die alte Verletzung brach wieder auf. Verzweifelt man da nicht irgendwann?

Auf keinen Fall. Es war die allererste Trainingswoche. Und ich dachte mir: Okay, du hast jetzt noch fünf Wochen. Lieber jetzt als direkt zum Bundesliga-Start. Da war ich relativ schnell mit mir im Reinen.

Aber wieder die gleiche Verletzung...

Wir haben uns die Röntgenbilder ja angeschaut. Es hatte nichts mit der Verletzung vom Januar zu tun. Was da passiert ist, war ein dummer Zufall, das auf einem schwierigen Platz mit stumpfem Rasen passiert ist.

Kommen wir zur Bundesliga: Nach passablem Start folgten einige Niederlagen. Wie hat sich das auf die Stimmung in der Mannschaft ausgewirkt?

Ich habe mich in diesen Wochen um meine Reha gekümmert, war also nicht ganz so nah an der Mannschaft. Aber so viel ich mitbekommen habe, war die Stimmung nicht schlecht.

Ein wenig Bundesliga-Luft haben Sie inzwischen geschnuppert. Was ist anders als in der 2. Liga?

Ich hatte bisher drei Kurzeinsätze, danach musste ich wegen muskulären Problemen mit der Wade ja wieder pausieren. Deshalb möchte ich dazu nicht viel sagen. Und die drei Einsätze waren ja auch keine normalen Spiele.

Sondern?

Naja, gegen Leverkusen haben wir in der 89. Minute das 1:2 kassiert. Danach kam ich rein, und es sind nur noch lange Bälle rumgeflogen, um zum Ausgleich zu kommen. Ähnlich war’s beim 1:2 in Leipzig. Und beim Sieg gegen Mainz galt es unsererseits, die Führung zu verteidigen – also auch wieder lange Bälle. Aber eins ist schon klar: Das Tempo ist viel höher. Was mir noch aufgefallen ist: Jede Mannschaft vertraut absolut auf die Qualität seiner Spieler.

Mit dem Sieg gegen Schalke kam vermutlich die Hoffnung wieder zurück.

Die Hoffnung haben wir auch vorher nicht verloren. Wenn man sich die Spiele bisher anschaut, dann hatten wir nur gegen Bayern und Union keine Chance. Ansonsten waren wir immer nah dran. Selbst gegen Leverkusen, Leipzig und Dortmund, das wegen zwei Standards gewonnen hat, war was drin. Wir müssen halt dann auch unsere Chancen nutzen. Wir müssen uns nicht kleiner machen als wir sind. Eine Chance hast du gegen jeden. In der Bundesliga gibt es heuer keine Mannschaft, die nicht schon mal geschwächelt hat. Sogar die Bayern.

Ihre neuerliche Verletzung haben Sie bereits angesprochen. Wie sieht’s momentan aus?

Ich hoffe, dass ich in den nächsten zwei Wochen wieder ins Mannschaftstraining einsteigen kann.

Ihr Wunsch für das Sportjahr 2021?

Dass wir mit der Arminia die Klasse halten. Und dass ich verletzungsfrei bleibe, damit ich der Mannschaft wieder so helfen kann wie in der Aufstiegssaison.

Aufrufe: 04.1.2021, 09:00 Uhr
Erdinger Anzeiger / Dieter PriglmeirAutor