2024-05-16T14:13:28.083Z

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Alexander Nouri muss die erste Krise meistern

Buxtehuder steht als Cheftrainer bei Werder vor dem Nordderby im Fokus

Alexander Nouri ist seit dem fünften Spieltag Trainer des SV Werder Bremen. Nach vier Punkten aus drei Spielen als Interimstrainer, wurde der gebürtige Buxtehuder zum Cheftrainer befördert. Es folgten vier Niederlagen. Jetzt steht das Nordderby beim Hamburger SV an - Brisanz pur.

Gefühlt ist dieses Duell das wichtigste für Nouri in seiner kurzen Amtszeit. Das würde der 37-Jährige aber niemals zugeben. So viel Profi ist der Trainerneuling. Die Pressearbeit gehört für Nouri zum Geschäft - wohl oder übel, was er so natürlich auch nie sagen würde. Die Pressekonferenz vor dem Nordderby beginnt bei Werder Bremen mit sechs Minuten Verspätung. Knapp 30 Medienvertreter, TV, Radio, Print, erwarten Sportchef Frank Baumann, Spieler Max Kruse und Trainer Alexander Nouri. Akkurat gescheitelt und gekleidet, grauer Pullover, darunter ein weißes Oberhemd, kommt Nouri in den Raum. Ernster Gesichtsausdruck, fokussiert, konzentriert, angespannt. Er nimmt Platz, mittig, und überfliegt mit flüchtigem Blick die Medienmeute vor ihm. Einem bekannten Gesicht nickt er kaum merklich zu, gefolgt von einem aufflackernden Lächeln. Vier Mal wird Nouri während der folgenden Fragestunde noch lächeln. Zwei Mal professionell, ein Mal echt und ein Mal aufgesetzt.

Aufmerksamkeit war riesig

Als Nouri Ende September zum Interimstrainer nach der Entlassung von Werder-Trainer Viktor Skripnik wurde, war die Aufregung groß. Vor allem in seiner Heimatstadt Buxtehude, vor allem bei seiner Familie. Die Medien suchten freilich auch den Kontakt zu seinen Eltern, die ihre Freude kundtaten. Werder reagierte. Bei Bundesligisten läuft alles über die Presseabteilung. Auch Anfragen bei den Eltern. "Die Aufmerksamkeit und die Intensität waren schon sehr fordernd", sagte Nouri gegenüber dem TAGEBLATT bezüglich des anfänglichen Medienrummels. "Wir haben nicht damit gerechnet, dass Medien auch gleich den Kontakt zu meinen Eltern suchen." Während der Lehrgänge zum Fußballlehrer werde man auch im Umgang mit Medien geschult, aber die Realität sei dann doch etwas anderes. Die stolze Familie hoffte anfangs, dass Nouri "mit der Medienpräsenz klarkommt". Die leichte Befürchtung war unbegründet. Nouri eroberte mit seiner Leidenschaft als Trainer und seinem authentischen Auftreten, leichte Nervosität inklusive, die Presse wie die Fans. Zumal Werder gleich im ersten Spiel unter ihm gegen Mainz viel mutiger und erfrischender aufspielte, nur unglücklich mit 1:2 verlor. Danach gewann Werder mir 2:1 gegen Wolfsburg und spielte 2:2 gegen Darmstadt. Und Nouri wurde zum Cheftrainer ernannt, zum erhofften Heilsbringer auserkoren.

Natürlich "erfüllte sich ein Traum" für Nouri. Aber die Schutzzone des Interimstrainer-Daseins war aufgehoben. Die Unbefangenheit in der Arbeit ging Stück für Stück verloren. "Klar ist die Verpflichtung und Herausforderung groß. Aber an unserer Kernarbeit hat sich nichts geändert", sagte Nouri gegenüber dem TAGEBLATT. "Der öffentliche Druck ist natürlich auch größer geworden", so Nouri bezüglich des Cheftrainer-Jobs. Nach nun vier Niederlagen am Stück (Leverkusen, Leipzig, Schalke, Frankfurt) umso mehr.

"Die Mechanismen des Geschäfts"

Der wachsende Druck ist auch Thema bei der Pressekonferenz vor dem Nordderby. Nouri lächelt professionell bei den Ausführungen des Journalisten und antwortet: "Das sind die Mechanismen des Geschäfts." Denen müsse man sich bewusst sein, wenn man den Trainerjob macht. Damit müsse man leben. "Wichtig ist die Arbeit mit dem Team", sagt Nouri. Was als typische Trainerphrase daherkommt, meint Nouri, der Trainer, genau so. Am liebsten täte er nur das, sein "Kerngeschäft", wie er es nennt. Schon vor der "unnötigen Niederlage" zuletzt gegen Frankfurt sagte Nouri gegenüber dem TAGEBLATT bezüglich der Niederlagenserie: "Bei dem Spagat zwischen kurzfristigem Erfolg und langfristiger Entwicklung war klar, dass es Rückschläge geben wird." Man müsse von seinem Plan überzeugt sein und seine Ideen umsetzen. Die Vorstellungen des Trainerteams seien in der Mannschaft angekommen.

Max Kruse sagt während der Pressekonferenz vor dem Nordderby, dass es "unwahrscheinlich" sei, dass dieses Spiel über die Saison entscheide. "Wir haben ein gutes Trainerteam und wichtig ist, dass wir in Ruhe arbeiten", so Kruse. Später, als Sportchef Baumann einen Moment gefragter Mann ist, schauen sich Kruse und Nouri kurz an. Eingefroren wirkt die Szene wie ein ungestörter Moment der beiden. Nouris Lächeln in diesen wenigen Sekunden ist echt.

Während seiner bisherigen Trainerlaufbahn war Nouri auf der Sonnenseite. Seine aktive Profikarriere beendete er mit der Auflösung seines Vertrages bei Holstein Kiel. Ihn und seine Frau, eine gebürtige Bremerin, zog es zurück nach Bremen, um heimisch zu werden. Nouri, der beim Buxtehuder SV unter seinem Vater als Trainer das Fußballspielen lernte, wechselte als B-Junior an die Weser. Seinerzeit entschied er sich gegen den HSV. Thomas Schaaf überzeugte das Talent und die Eltern für Werder. Bei Werder bekam Nouri auch seinen ersten Profivertrag. Schon als Buxtehuder Jugendspieler hatte er immer an den Talenttagen von Werder teilgenommen. Bremen ist echte Heimat geworden. Nach dem Umzug begann Nouri als Spielertrainer beim Regionalligisten VfB Oldenburg sich akribisch auf eine Trainerkarriere vorzubereiten. Er rettete den VfB vor dem Abstieg und machte den Traditionsverein in der Folgesaison zur Spitzenmannschaft der Regionalliga. Werder holte ihn ins Trainerteam der U23. Und Nouri wurde zum Cheftrainer, als Skripnik die Bundesliga-Mannschaft als solcher übernahm. Nouri wurde sofort Meister in der Regionalliga und führte die U23 über die Relegation in die 3. Liga. Dort schaffte er, während er nebenher die Ausbildung zum Fußballlehrer meisterte, den Klassenerhalt. Schon seinerzeit, auf dem vorläufigen Höhepunkt seines Erfolges, sagte er zum TAGEBLATT, dass er der Presse zwiespältig und vorsichtig gegenüber stehe.

Nouri will eine Mannschaft entwickeln

"Es ist schon eine tolle Sache, hier Bundesliga-Trainer geworden zu sein", sagt Nouri. Mit Werder verbindet ihn eine persönliche Geschichte, umso mehr fühle er sich dem Verein verbunden. Als Realist wisse er aber auch um die Schnelllebigkeit in dem Geschäft, sagte er schon vor einer Woche dem TAGEBLATT. "Ich bin ein positiver Mensch, der seine Ideen lebt und Visionen angeht." So etwas sagt und meint Nouri als Fußballlehrer, der eine Mannschaft entwickeln will.

Dazu gehören auch Pressekonferenzen. Und Unannehmlichkeiten. Baumann äußert sich zur kürzlichen Jahreshauptversammlung, auf der er Nouri ausdrücklich lobte und sich selbst auch kritisch hinterfragte. Nun sagt Baumann, er habe auch gute Entscheidungen getroffen. "Eine sitzt auch hier", sagt er. Er meint Kruse, bezieht sich nur auf Spielereinkäufe. Einige Pressevertreter jauchzen. "Nur eine?! Ich hoffe zwei", sagt einer. In das allgemeine Amüsement lächelt Nouri hinein, ein aufgesetztes Lächeln. Nouri ist angespannt. Der Situation vor dem Nordderby, dem Endspielcharakter innewohnt, geschuldet. Er sitzt die meiste Zeit fast reglos da, die Arme auf dem Podiumstisch abgelegt und die Hände gefaltet hinter dem Mikrofon. Wenn er redet, dreht er die Daumen. Er lächelt professionell, sympathisch, während ein Journalist die Brisanz des Nordderbys erläutert, um eine Frage einzuleiten. "Sie haben es ja schon alles gesagt", sagt Nouri und löst die aufkeimende Entspannung selbst wieder auf, um professionelle Antworten zu liefern.Knapp eine Stunde später ist Nouri von der Pflicht erlöst. Er schaut noch einmal in die Runde, um sich zu vergewissern, und verlässt den Presseraum. Eine angenehme Pressekonferenz folgt nur, wenn er das Nordderby gewinnt.

Aufrufe: 025.11.2016, 18:25 Uhr
Tageblatt / Jan BröhanAutor

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