2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
– Foto: Norbert Jurczyk

70 Jahre für und mit dem SV Glehn

Matthias Steinfels prägt den rund 600 Mitglieder starken Fußballverein aus Korschenbroich seit 1950 entscheidend mit.

Nein, über sich und 70 Jahre SV Glehn mag Matthias Steinfels eigentlich gar nicht reden. „Ist doch egal. Was soll das alles? Das ist ja schon so viele Jahre her...“ Dabei hätte der 81-Jährige eine Menge zu erzählen:

Von seiner Zeit als Spieler, Trainer, Jugendleiter und Obmann im Verein, dem er seit 1950 die Treue hält. Von epischen Europapokal-Schlachten mit dem einstmals großen 1. FC Köln und von der Weltmeisterschaft 1966 in England. Traurige Geschichten, Geschichten zum Schmunzeln – aber auch Nachdenkliches wäre dabei. Ein Leben für und mit dem Fußball. „Ohne den kann ich einfach nicht“, bekennt er und fragt in gespielter Verzweiflung: „Ist das nicht furchtbar?“

Und dann taut Matthias Steinfels, seit 1999 Ehrenmitglied, doch noch auf, erinnert sich mit glänzenden Augen an die Anfänge in der Nachkriegszeit, als er für Kassierer Adam Wingerath mit einem klapprigen Fahrrad jeden Monat durch Damm, Steinforth-Rubbelrath und Scherfhausen fuhr, um die Mitgliedsbeiträge einzusammeln. Zwölf war er damals, seinen ersten Spielerpass erhielt er allerdings erst mit knapp 14 – es gab Wichtigeres. Schon mit 28 beendete der „rechte Läufer“ seine aktive Karriere in der Glehner Erstvertretung, mit der er 1961 in die Bezirksklasse aufgestiegen war. Vorsitzender Heinrich Reck übergab ihm die Leitung der Jugendabteilung und legte damit den Grundstein für eine segensreiche Karriere als Ehrenamtler. Ein Geniestreich. Der „gute Matthes“, bis zu seiner Pensionierung 1998 für 43 Jahre bei den Neusser Hafenbetrieben im Weichen- und Gleisbau eingesetzt, hängte sich voll rein, prägte eine Ära beim SV Glehn, dem er als allgegenwärtiger Obmann mit dreijähriger Unterbrechung (ein Zwist trieb ihn 1985 zur SG Neukirchen/Hülchrath) von 1972 bis 2000 alles unterordnete.

Für „seine Jungs“ war ihm „kein Weg zu weit“, fuhr er „Tausende von Kilometern“ und stürzte sich in zähe Vertragsverhandlungen mit Legenden wie dem im Frühjahr 2019 verstorben Jupp Breuer vom SC Kapellen. „Wir haben die tollsten Sachen gemacht“, sagt er mit einer gehörigen Portion Wehmut in der Stimme. Er hat alle Glehner Idole spielen gesehen: So die Gebrüder Hütches aus Steinforth, die in der Saison 1948/1949 vor 5000 Zuschauern (!) in Kapellen mithalfen, den SV Glehn im Entscheidungsspiel gegen die DJK Rheinkraft in die Bezirksklasse zu hieven. Oder die Heldentaten von Herbert Zehner, Karl Schmidt und besonders Hans Bovelet, der in den 1960er-Jahren in einer Spielzeit mal mehr als 100 Tore schoss.

Einen festen Platz in seinem Herzen haben Kicker wie Marco di Florio, Frank Bong, Dietmar Preukschat, Christoph Mertens, Wolfgang Toporzysek sowie Markus und Stefan Drillges, die in den 1990er-Jahren in der Bezirksliga unter den Trainern Wolfgang Schiffer und Willy Weil den Glehner Fußball zu einem Kunstwerk machten. „So eine starke Mannschaft kriegen wir wohl niemals wieder.“ Um sich für seinen Klub zu engagieren, benötigt Steinfels indes kein Amt. Das von Heinz Schnitzler und ihm errichtete, im Sommer 2009 im Beisein des Korschenbroicher Bürgermeisters Heinz Josef Dick von Priester „Toni“ Buchkremer gesegnete Holzkreuz zum Gedenken an alle Verstorbenen im Ort, mahnt am Rande der Sportanlage an der Johannes-Büchner-Straße zur stillen Andacht.

Matthias Steinfels ist ein Gemütsmensch. Sein ARAL-Fußball-Album mit den Original-Eintrittskarten und Autogrammen der WM-Größen von 1966 hütet er wie einen Schatz, birgt es doch die kostbaren Erinnerungen an gemeinsam mit den Glehnern Josef Erkes, Josef Schiffer und Herbert Strerath erlebte Momente des vollkommenen Glücks. „Aber nach dem durch das Wembley-Tor verlorenen Finale gegen England haben wir wie die Kinder geweint.“

Auch mit 81 Jahren kann er vom Fußball nicht lassen, ist noch an jedem Wochenende auf irgendeinem Platz zu finden. Er pflegt seine Freundschaften, etwa zum ebenfalls in Glehn lebenden Ex-Profi Wolfgang Funkel, ist trotz chronischer Rückenschmerzen täglich mit dem Rad unterwegs. „Nur zu Hause rumzusitzen, das ist nichts für mich.“

Aufrufe: 025.6.2020, 12:00 Uhr
RP / Dirk SitterleAutor