2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview
Der aktuelle Trainer von Manchester United, Erik ten Hag (rechts), war einst Trainer von Matthias Strohmaier beim FC Bayern München. Nun ist er sein Freund - und auch Mentor.
Der aktuelle Trainer von Manchester United, Erik ten Hag (rechts), war einst Trainer von Matthias Strohmaier beim FC Bayern München. Nun ist er sein Freund - und auch Mentor. – Foto: Strohmaier

A-Lizenz, ManU-Hospitation, U17-WM - und dann was ganz Großes?

Der gebürtige Niederbayer Matthias Strohmaier bereitet sich auf eine hoffentlich große Trainerkarriere vor. Der 29-Jährige im Interview...

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Dieser Mann hat einen klaren Plan. Das wird nicht nur aufgrund seiner jüngsten Vergangenheit deutlich, sondern auch von ihm selbst so betont. Was genau er vor hat, verschweigt aber lieber. Er will Taten sprechen lassen, nicht Worte. Die Rede ist von Matthias Strohmaier. Der gebürtige Dingolfinger war Junioren-Bundesliga und -Nationalspieler. Von seiner aktiven Spielerzeit verabschiedet er sich aber immer mehr, wie im FuPa-Gespräch offensichtlich wird...

Matthias, sind die zuletzt im Fokus stehenden Lothar Matthäus und Didi Hamann Vorbilder für Dich?
Nein. Ich will meine eigene Geschichte schreiben und niemanden kopieren. So habe ich keine Vorbilder in diesem Sinne, sondern einige Personen, an die ich mich in unterschiedlichen Bereichen orientiere. In diesem Kontext sind da Miro Klose, Erik Ten Hag oder Sandro Wagner zu nennen. Mit Letztgenannten habe ich beispielsweise die A-Lizenz gemacht. Er hat durch seine Expertentätigkeit eine starke persönliche Marke aufgebaut, die ihn von der Regionalliga in die deutsche A-Nationalmannschaft katapultiert hat.

Hintergrund der Frage: Zuletzt bist Du als TV-Experte in Erscheinung getreten, warst Co-Kommentator von Sky bei der U17-WM. Wie hast Du da Deine Rolle interpretiert? Als Stimmungsmacher, rein als Berichterstatter oder eher als Analyst?
In derselben Rolle hab ich bereits die Junioren-Endspiele zur Deutschen Meisterschaft und dem Pokal begleitet - oder auch die Premier League. Hierbei war beispielsweise der Austausch mit Sandro Gold wert. Bei vielen Punkten habe ich versucht, mich an ihm zu orientieren, aber es auf meine eigene Art und Weise umzusetzen. Denn Authentizität ist für mich sehr entscheidend. Das Feedback war erfreulicherweise durch die Bank sehr positiv.

Wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass Du für das TV arbeitest - und nicht mehr in vorderster Front als Spieler oder Trainer?
Das Feld des Trainers ist mittlerweile unglaublich umfang- und facettenreich. So lag der Fokus für mich im Jahr 2023 darauf, viele verschiedene Perspektiven kennen zu lernen - quasi in meine Ausbildung zu investieren. Ich bin davon überzeugt, umso mehr Einblicke ich bekomme, desto besser kann ich mich in einem Team einbringen oder bewusst Kompetenzen hinzu holen. Deshalb bin ich Sky sehr dankbar über die Möglichkeit und das Vertrauen in mich und meine Fußballschule Skillers.Academy. Hier haben wir mittlerweile auf den sozialen Medien eine Plattform für den Nachwuchsfußball aufgebaut, bei der wir monatlich mehrere Milllionen User erreichen. Wir arbeiten beispielsweise auch mit Sky zusammen und so entstand der Kontakt.

Deine Hospitation bei ManU im Sommer steht im Kontrapunkt zu Deiner TV-Tätigkeit?
Diese Hospitation steht in keinem Kontrapunkt zum TV-Expertentum, sondern spiegelt vielmehr meine Zielsetzung für das Jahr 2023 der Perspektiverweiterung wider. Ich war nämlich neben Man United, auch bei St. Pauli, SCR Altach oder Austria Wien. Letztes Jahr sogar in der MLS bei Philadelphia Union. Bei allen Stationen konnte ich auf unterschiedlichen Ebenen extrem viel mitnehmen.

TV-Team bei der U17-WM: Timo Schäfers (links) und Matthias Strohmaier.
TV-Team bei der U17-WM: Timo Schäfers (links) und Matthias Strohmaier. – Foto: Strohmaier

Co-Kommentator, Trainer-Hospitation - lassen diese beiden Aufgaben den Rückschluss zu, dass Deine Karriere als Spieler vorbei ist?
Ich will im Leben nie etwas ausschließen, aber der Fokus hat sich schon vor vier Jahren, als ich mich zu dem Schritt vom Fußball unter Profibedingungen als Spieler hin zum spielenden Co- Trainer in der Regionalliga entschieden habe, verschoben.

Bist Du als ehemaligen Junioren-Bundesliga-Spieler von 60, Augsburg und Bayern sowie einstiger Junioren-Nationalspieler zufrieden mit Deiner Spielerkarriere? Wäre nicht angesichts Deiner hochkarätigen Ausbildung mindestens eine der Profiligen Pflicht gewesen?
Ich war oft nah dran am Sprung in den großen Profifußball, aber es hat aus unterschiedlichen Gründen nicht für den großen Durchbruch gereicht. Die Gründe habe ich für mich reflektiert und damit abgeschlossen. Deshalb bin ich sehr dankbar, im Bundesliga-Kader des FC Bayern München gestanden, im DFB-Pokal oder auch Europapokal gespielt zu haben. Außerdem durfte ich mit Erik Ten Hag und Pep Guardiola mit die besten Trainer Europas als Spieler erleben, was mir natürlich in meinem jetzigen Werdegang unheimlich weiter hilft.

Eine große Karriere wird auch den deutschen U17-Weltmeistern prophezeit. Siehst Du das ähnlich? Ist dieser Titel gleichzeitig die Eintrittskarte zum ganz großen Fußball für Brunner & Co.?
Der letzte Jahrgang, der bei einer WM auf das Treppchen gekommen ist, war der 94er Jahrgang - mein Jahrgang. Ich bin in darauffolgenden Jahren zur Nationalmannschaft dazu gestoßen und habe, wie vorher erwähnt, nie den großen Durchbruch gehabt. Daran sieht man sehr gut, dass ziemlich sicher einige ihre Erfahrungen im Profifußball machen werden, aber auch nicht alle den großen Durchbruch schaffen werden. Trotzdem gibt es sehr viele extrem spannende Spieler in diesem Kader, die sicherlich für Furore sorgen werden.

Der Titel kam überraschend, auch für Dich?
Nein: Überraschend keinesfalls. Sie waren amtierender Europameister und, wer die U17 verfolgt hat, wusste, dass sie als Team extrem viel mitbringen. Deshalb fand ich die selbstbewussten Aussagen von Christian Wück vor dem Turnier richtig und spätestens nach den ersten 60 Minuten gegen Mexiko im ersten Gruppenspiel wusste man, dass es für die U17 sehr weit gehen kann.

Was war das Geheimnis der Truppe von Christian Wück?
Das war eine unglaublich homogene Mannschaft, welche sich sehr gut ergänzt hat. Die Spieler konnten auf ihren Top-Positionen spielen und die Spielerprofile waren perfekt aufeinander abgestimmt. Ein klassischer 6er, 9er oder Außenverteidiger, dazu herausragende Individualisten mit Noah Darvich und Paris Brunner. Erwähnenswert ist auch der außergewöhnliche Teamgeist. So konnten Ausfälle wie von Assan Ouedraogo oder die Rote Karte im Finale sehr gut kompensiert werden.

Ist - so paradox es vielleicht klingen mag - die U17 nun ein Vorbild für die A-Nationalmannschaft?
Grundsätzlich kann man Jugend- schwer mit Herrenfußball vergleichen. Aber diese steile These habe ich bereits auch nach dem ersten Spiel gegen Mexiko formuliert. Aus dem Grund heraus, weil es für mich schön zu sehen war, dass sie Spezialisten auf ihren Positionen spielen lassen und unterschiedliche Postionsprofile haben. Deshalb haben sie sich als Team so gut ergänzt und alles den gemeinsamen Erfolg als Team untergeordnet. Vor allem gegen Spanien, als sie individuell unterlegen waren, haben sie diese Unterlegenheit durch Leidenschaft und Teamgeist wett gemacht. Dieser Teamgeist stellte meines Erachtens die Basis des Erfolgs dar und zeigte sehr schön auf, was dadurch alles möglich ist. Nämlich der Titelgewinn bei einem großen Turnier.

Noch einen Schritt weiter: Können nicht einige U17-Spieler bereits Verstärkungen für das A-Team sein?
Von der U17 bis zum Profibereich ist schon nochmal ein deutlicher Schritt und zur A- Nationalmannschaft nochmal ein viel größerer. Deshalb muss man hier vorsichtig sein, alles auch richtig einzuordnen. Einige Spieler wie Assan Ouedraogo, Noah Darvich oder Paris Brunner können mit Sicherheit mal eine Alternative werden. Aber man sollte die Jungs sich auch weiterhin behutsam entwickeln lassen.

Wäre Christian Wück, der es geschafft hat, eine Mannschaft zu formen, die diesen Namen verdient hat, nicht der bessere Julian Nagelsmann?
Wie bereits erwähnt ist es schwer, Junioren- und Herrenfußball zu vergleichen. Im Herrenfußball kommen nochmal ganz andere Faktoren hinzu. Zudem will ich mir nicht anmaßen, so etwas zu bewerten.

Rund um den deutschen Nachwuchsfußball gab es zuletzt viele Diskussionen. Viele sehen unser Ausbildungs-System meilenweit abgehängt. Du auch?
Die Diskussionen gibt es schon sehr lange. Man muss aber hier auch mal sehr positiv erwähnen, dass vor Jahren richtige Entscheidungen getroffen worden sind. Nämlich wieder Spezialisten auf ihren Positionen auszubilden. Einen klassischen Außenverteidiger, eine klassische 9 als Wandstürmer oder einen 6er, der auch abräumt und nicht nur das Positionsspiel sucht. All das, was dem A-Team aktuell etwas fehlt. Das heißt, das in der Ausbildung auch richtige Maßnahmen getroffen wurden.

Wie lässt sich in diesem Zusammenhang der U17-Titel einordnen: Ein Ausreißer? Oder die Kehrtwende?
Eine langersehnte positive Schlagzeile über eine Nationalmannschaft des DFB, die es jetzt gilt zu bestätigen und gute Entscheidungen zu treffen.

Was muss aus Deiner Sicht im Junioren-Elite-Bereich geändert werden, sodass wir wieder mit Topnationen wie England oder Frankreich mithalten können?
Ein großes Problem stellt meines Erachtens dar, dass wir im Übergangsbereich vom Jugend- in den Profifußball zu wenig junge Talente einsetzen. Wo andere Nationen ihre Talente bereits im jungen Alter in Profiligen einsetzen, bekommen sie bei uns zu wenig Chancen.

Wie wird sich der deutsche Fußball aus Deiner Sicht entwickeln? Kurzfristig - also: EM im Sommer? Und auch langfristig?
Ich hoffe natürlich sehr positiv (lacht). Bezüglich der EM ist die Skepsis definitiv nachvollziehbar, da die Mannschaft erstmal wieder als Team auftreten muss, so wie die U17 in Indonesien. Alles in die Waagschale zu werfen, für den gemeinsamen Erfolg als Team. Dieses Gefühl hat man aktuell nicht, so ehrlich muss man sein. Da kommt noch viel Arbeit auf Julian Nagelsmann und sein Trainerteam zu. Langfristig finde ich allen voran die Leidenschaft wie Hannes Wolf die Ausbildungsphilosophie vorantreibt und endlich Veränderungsprozsse einleitet, sehr beachtlich. Das stimmt mich positiv für die Entwicklung im deutschen Nachwuchsfußball.

Abschließend Deiner persönlicher Blick in die Zukunft: Wo sehen wir Matthias Strohmaier in 5,10 Jahren?
Ich hab für mich einen klaren Plan, worauf ich hinarbeite. Ein persönliches Ziel für 2023 war es beispielsweise meine Erfahrungen als TV-Experte zu machen. Am Schluss durfte ich sogar Pep Guardiola und Mikel Arteta analysieren. Deshalb behalte ich meine Ziele für mich und spreche sehr gerne im Nachgang wieder darüber. Auf jeden Fall werde ich weiterhin etwas im Fußball machen, so viel kann ich versprechen (lacht).

Vielen Dank für das Gespräch - dann sind wir gespannt, was wir demnächst von Dir hören werden.

Aufrufe: 06.12.2023, 14:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor