2024-05-02T16:12:49.858Z

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Jan Winking ist als 26-jähriger Trainer mit dem 1. FC Bocholt in die Regionalliga aufgestiegen - darf aber nach drei Spieltagen nicht mehr weitermachen.
Jan Winking ist als 26-jähriger Trainer mit dem 1. FC Bocholt in die Regionalliga aufgestiegen - darf aber nach drei Spieltagen nicht mehr weitermachen. – Foto: Marcel Eichholz

1. FC Bocholt: Warum die Entlassung von Jan Winking eine Farce ist

Am Montag wurde der 26-jährige Regionalliga-Trainer überraschend entlassen. Schließlich hatten die „Schwatten“ den Saisonstart krachend verpatzt. Dennoch zeugt die Entscheidung von Kurzsichtigkeit. Ein Kommentar.

Es waren also doch nur leere Worthülsen. Immer wieder war beim 1. FC Bocholt in den vergangenen Jahren von einem Projekt die Rede, von kontinuierlichen Entwicklungen. Prozesse, die untrennbar mit Jan Winking verbunden waren. Der Coach, zarte 26 Jahre alt und hochtalentiert, sollte die „Schwatten“ zu einem gestandenen Regionalliga-Klub entwickeln. Jan Winking hatte den Aufstieg aus der Oberliga geschafft. Nun trauten die Verantwortlichen dem angehenden Lehrer auch die Mission Klassenverbleib zu. Im Februar hatte Ludger Triphaus, Präsident des 1. FC Bocholt, gar über den Trainer gesagt: „Jan Winking hat den Fußball nach Bocholt zurückgebracht.“ Nun ist Jan Winking weg – und mit ihm jedwede Kontinuität. Der 1. FC Bocholt verfällt regelrecht in alte Muster.

Zweifelsohne: Der Saisonstart des 1. FC Bocholt war mies. Zu blauäugig agierte das Team zum Start gegen den Mitaufsteiger 1. FC Düren. Es folgten zwei Pleiten gegen hochkarätig besetzte Aufgebote von Fortuna Düsseldorf II und Preußen Münster. In der Studentenstadt musste man zuletzt eine 0:5-Niederlage hinnehmen. Und am Samstag kommt mit dem Wuppertaler SV ein weiterer Top-Klub an den Hünting. Jan Winking aber wurde die Möglichkeit genommen, den Fehlstart zu korrigieren. Er blieb ohne Chance. Dabei sind die Gründe für die Misere offenkundig – und nicht die Schuld des Trainers.

Die Sommervorbereitung war kurz, nach dem Oberliga-Saisonende gab es nur wenige Tage Pause für die Bocholter Kicker. Und nur selten hatte Jan Winking alle Spieler an Bord. So war es freilich schwer, Automatismen einzustudieren. Aufhorchen ließ, dass der Coach in der vergangenen Woche erklärte, seine Kicker müssten an der Ausdauer arbeiten. Ein Umstand, der Jan Winking anzulasten ist. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Beim 1. FC Bocholt stehen zahlreiche regionalligaerfahrene Akteure unter Vertrag, die eigentlich selbst dafür Sorge tragen müssten, dass sie fit in die Saison starten.

Ansehnliche Ansätze

Allerdings war es auch nicht so, dass der 1. FC Bocholt dramatisch schlecht aufspielte. In allen drei Partien zeigte man ansehnliche Ansätze, insbesondere in der Offensive. Es galt, eine noch bessere Balance zu finden. Im Defensivverbund müssen zudem dringend die individuellen Fehler abgestellt werden. Doch nichts deutete darauf hin, dass Jan Winking die Spieler nicht mehr erreicht. Ganz im Gegenteil: Die Regionalliga-Halbprofis legten immer wieder dar, begeistert von Coach Jan Winking zu sein. Auf Augenhöhe würde er mit seinen Jungs sprechen, taktisch-analytisch sei er herausragend gut, so hieß es.

Doch der 1. FC Bocholt scheint das Auge für diese Qualitäten bereits nach drei Wochen in der Vierten Liga verloren zu haben. Stattdessen ließ man sich vom Blick auf die Tabelle nervös machen. Ein Armutszeugnis. Unruhen sind da vorprogrammiert, auch wenn mit Marcus John ein erfahrener Mann als Interimscoach einspringt. Von großen Projekten, Plänen und Prozessen scheint in Bocholt keine Spur mehr zu sein. Was zählt, ist der kurzfristige Erfolg. Damit konnte Jan Winking zuletzt nicht dienen, also musste er gehen. Die Bocholter sind um eine Identifikationsfigur ärmer geworden.

Aufrufe: 09.8.2022, 10:42 Uhr
Maarten OversteegenAutor