2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Holm Pinder (rechts) und Daniel Rupf (links) sind das verantwortliche Trainerteam beim ZFC Meuselwitz.
Holm Pinder (rechts) und Daniel Rupf (links) sind das verantwortliche Trainerteam beim ZFC Meuselwitz. – Foto: © Tanja Kaltofen

Ein Vize-Präsident auf dem Trainerstuhl

Drei Spiele als Cheftrainer des ZFC Meuselwitz konnte Holm Pinder erst absolvieren. Im Vereinsinterview steht er Rede und Antwort.

Dabei spricht der 49-jährige ZFC-Coach über die bisherige Saison, den Re-Start, die Ziele und Perspektiven in der Meuselwitzer blueship-Arena.

Das Interview führte Jörg Kaltofen

Jörg Kaltofen (JK): Hallo Holm, schön, dass du dir etwas Zeit genommen hast, um uns ein paar Fragen zu beantworten. Nach der Freistellung von Koray Gökkurt hast du nach sechseinhalb Jahren wieder das Cheftraineramt unseres Regionalliga-Teams übernommen. Wie kam es dazu und musstest du lange überlegen?
Holm Pinder (HP): Als erstes möchte ich sagen, dass ich es sehr schade fand, dass wir uns nach so kurzer Zeit und eigentlich einem guten Start, von Koray trennen mussten. Als diese Entscheidung, nach einer Serie siegloser Spiele gefallen war, wollten wir nicht gleich wieder auf die Schnelle einen neuen Trainer verpflichten, der sich erst einarbeiten muss. So lief es auf eine interne Lösung hinaus. Da ich die nötige Lizenz besitze und die Regionalliga-Mannschaft schon mal trainiert habe, kam für den Posten meine Person infrage. Man muss als Vorstandsmitglied auch immer etwas die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten, zudem führte ich sehr angenehme Gespräche mit dem Team um die Mannschaft herum, vor allem mit Co-Trainer Daniel Rupf, der hier eine hervorragende Arbeit leistet. Das hat mir meine Entscheidung leicht gemacht.

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JK: Trotz starkem Saisonstart konnte unsere Mannschaft leider nicht die Sicherheit finden, um an diese Leistungen anzuknüpfen, was meinst du woran es gelegen hat?
HP: Nach den beiden Auftaktsiegen in Rathenow und gegen Cottbus dachten alle, es geht so weiter. Bei dem Spiel zuhause gegen TeBe, wo wir zwei Mal in Führung gehen, fehlte genauso das Matchglück wie gegen Chemie. Da wurden die Chancen nicht genutzt und jeder Fehler bestraft. So etwas kann sich in den Köpfen festsetzten und das Vertrauen in die eigene Stärke schwinden lassen. Der Negativlauf zeigte deutlich das fehlende Selbstbewusstsein. Sicherlich hat Koray versucht, über viele Wechsel auch das Team immer wieder umzustellen, was aber auch schwierig ist.

JK: Vier junge Spieler, mit Ersatz-Torhüter und TW-Trainer Jonas Hoffmann Fünf, haben zur Winterpause unseren ZFC verlassen. Im Gegenzug kam Alexander Dartsch zurück und mit Benjamin Förster einer der besten Stürmer der Liga. Setzt der ZFC jetzt wieder mehr auf Erfahrung?
HP: Nachdem die Jungs aus verschiedenen Gründen den Verein verlassen hatten, waren wir froh, als sich uns die Chance bot, Alex und Benni unter Vertrag zu nehmen. Der Kontakt zu Alexander Dartsch war nie abgebrochen und da wir in letzter Zeit massive Probleme mit der Torgefahr hatten, haben wir nicht gezögert, ihn wieder zurück zu holen. Mit Benni Förster kam ein Spieler, der mit seiner Qualität in der Box die Bälle fest macht, kopfballstark ist und auch als Stürmer Führungsqualitäten hat. Das hat er beim letzten Test eindrucksvoll bewiesen und dass, obwohl er noch Trainingsrückstand hat und vielleicht gerade mal bei 60 Prozent seines Leistungsvermögens steht. Trotz alledem wird auch weiterhin auf die Jugend gesetzt. Im Sommer ist perspektivisch geplant, zu einem relativ erfahrenen Team junge ausbaufähige Spieler dazu zu holen, wenn möglich aus der Region. Zudem werden auch vereinsintern Talente weiter gefördert. So hat beim letzten Testspiel Nachwuchskicker Marius Stein mitgewirkt und seine Sache gut gemacht.

JK: Wie ist im Allgemeinen dein Eindruck von der Mannschaft und wie liefen die ersten Trainingseinheiten nach der Zwangspause?
HP: Es ist ja auch für die Spieler nicht einfach. Voriges Jahr sind wir am 16.11. wieder gestartet, immer in der Erwartung, dass es bald wieder los geht. Doch leider ging gar nichts. Das gleiche dieses Jahr seit dem 6.1. Eigentlich haben wir eine sechswöchige Vorbereitung, jetzt sind es schon neun Wochen und es können noch einige dazu kommen. Man muss den Kickern, ob jung oder alt, mal ein Kompliment machen, wie sie sich der Sache stellen und die Situation annehmen, auch wenn es nicht immer einfach ist. So etwas spiegelt sich natürlich dann auch in den vergangenen Testspielen wider. Stand jetzt können wir sehr zufrieden sein.

JK: Wir befinden uns in keiner einfachen Zeit, in der auch der regionale Fußball zum Erliegen gekommen ist. Was wünschst du dir persönlich, wie die Regionalliga-Saison in der Nordost-Staffel zu Ende gebracht werden soll?
HP: Eigentlich sollten so viele Spiele wie möglich gespielt werden. Nach der Anzahl müsste man dann über Aufstieg und Abstieg entscheiden. Das ist natürlich schwierig, da es vielleicht nur noch sechs Regionalligaspiele diese Saison geben wird. Manchmal fehlt einem schon so etwas die Orientierung - gerade, wenn die Infektionszahlen immer hoch und runter gehen, was da das Sinnvollste ist. Wir sind bei den Testungen vor den letzten beiden Trainingsspielen alle negativ getestet worden. Was ist aber, wenn wie z. B. zuletzt bei Jahn Regensburg, einige Tests mal positiv ausfallen? Ich möchte nicht in der Haut der Leute stecken, die hier die Entscheidungen treffen. Wir sind schon froh, dass wir jetzt mal gegen andere Mannschaften testen konnten und nicht immer nur gegeneinander.

JK: Oberstes Ziel ist der Klassenerhalt und es könnte sein, dass nur noch wenige Spiele ausgetragen werden, in denen man die nötigen Punkte einfahren kann. Das erhöht natürlich wahnsinnig den Druck auf die Jungs. Wie kannst du mit deiner Erfahrung dazu beitragen, dass die Partien nicht allzu verkrampft angegangen werden?
HP: Tabellarisch sind wir ja mittendrin in einem Pulk von abschiedsbedrohten Mannschaften, die dicht aneinanderkleben. Intensiv wird natürlich dreimal die Woche trainiert plus eventuelle Testspiele am Wochenende. Wenn es wieder los geht, müssen wir die Tabellensituation irgendwie ausblenden. Wir denken dann von Spiel zu Spiel und setzen dabei auch auf unsere erfahrenen Führungsspieler, mit denen wir schon Gespräche geführt haben. Es ist ja auch nicht so, dass wir abgeschlagen irgendwie zurück liegen. Wir müssen eine gewisse Anzahl Punkte holen, um drin zu bleiben und das wissen die Jungs. Natürlich weisen wir sie im Training, sollte es mal ein bisschen zu larifari zugehen, auch immer wieder darauf hin, dass wir uns das nicht leisten können. Doch die Spieler wissen schon, um was es geht und sind auch gewillt, die verkorkste Saison noch mit Ergebnissen zu reparieren.

JK: Wir wissen, dass der Nachwuchs dir sehr am Herzen liegt. Darum möchten wir dir noch ein paar Fragen stellen, die vor allem unsere jungen Kicker interessieren.
Du kennst unseren Verein schon viele Jahre, was ist für dich das Besondere am ZFC Meuselwitz?
HP: Der ZFC ist, wie sagt man so schön, ein kleiner traditioneller Malocherverein. Ich habe von 2002 an die Entwicklung miterlebt und es ist schon bemerkenswert, was da oben auf der Glaserkuppe über die Jahre alles so entstanden ist. Das ist als Viertligist, in einer kleinen Stadt und abseits der großen Industrie nicht selbstverständlich. Wenn man dann noch sieht, wie viele Mannschaften sich da tummeln, Nachwuchs, Frauen, Männer, Alte Herren und andere Abteilungen, dann sieht man das breite Spektrum unseres Vereins. Auch der Zusammenhalt, der da über Jahre gewachsen ist, spricht für sich. Da kommt auch das betagte Publikum, nach vielen Jahren, immer noch gern in die bluechip-Arena. Nicht zu vergessen sind auch solche Highlights wie die beiden DFB-Pokalspiele und die Testspiele gegen RB Leipzig. Das sind die Dinge, warum man sich im Verein arrangiert. Wenn man damit die Leute, und vor allem auch den Nachwuchs begeistert, dann hat man einiges richtig gemacht.

JK: Könntest du dir auch vorstellen, über diese Saison hinaus unser Regionalligateam zu trainieren?
HP: Zurzeit macht es mir sehr viel Spaß, nicht nur mit der Mannschaft, auch mit dem ganzen Team drum herum. Aber wir wollen nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Sollte es doch Absteiger geben, werden wir alles tun, um nicht dabei zu sein. Parallel dazu werden wir einen neuen Kader für die nächste Saison zusammenstellen. Wie es danach weiter geht, ist ja auch immer vom sportlichen Erfolg abhängig.

JK: Hast oder hattest du ein Vorbild im Fußball und warum?
HP: Mir hat immer Paolo Maldini vom AC Mailand imponiert. Er ist zwar nicht viel älter als ich und es gibt und gab auch sehr viele andere tolle Fußballer, aber sein Spielstil hat mir immer gefallen und er hat mich inspiriert.

JK: Welchem Fußballverein (neben unserem ZFC) drückst du noch die Daumen?
HP: Ich spiele ja in der Chemie-Traditions-Mannschaft und die werden es bestimmt nicht gerne hören, aber ich finde es trotzdem irgendwo toll, was bei RB Leipzig auf die Beine gestellt wurde. Auch Erzgebirge Aue macht eine hervorragende Arbeit. Darüber hinaus sind meine Sympathien aber eher auf kleinerer Ebene. Ich habe ja noch bis voriges Jahr bei der SG Gnandstein gespielt und wenn ich frei habe, schau ich mir auch gern da noch die Spiele an. Ich hoffe, dass der „kleine" Fußball auch noch am Leben gehalten wird.

JK: Was war bisher dein schönster Moment auf dem Fußballfeld?
HP: Es gab eigentlich viele schöne Momente. Einen expliziten schönsten Moment hatte ich nicht. Ich hatte bei meinen Stationen, sei es bei Chemie Leipzig, wo ich groß geworden bin oder beim VfB Leipzig in der zweiten Liga über Zwickau immer wieder so schöne Momente, dass man sich gar nicht auf einen speziellen Moment fokussieren kann. Darüber hinaus gab es hier im Meuselwitz auch viele schöne Sachen, an die man sich natürlich immer wieder gern erinnert. Wie z. B. die Siege bei RB Leipzig im Zentralstadion, das 1:0 gegen den HFC, den 3:2-Sieg nach Rückstand gegen Zwickau oder das 3:3 wieder gegen RB usw. Es gab auch Spiele, die gingen durch mich verloren, was weniger schön war, aber sowas gibt es eben auch in einer langen Fußballkarriere. Doch man erinnert sich meist nur an die schönen Ereignisse.

JK: Möchtest du zum Abschluss noch ein paar Worte an die ZFC-Fans richten?
HP: Wir hoffen natürlich alle, nicht nur die Mannschaft, sondern auch der gesamte Verein, dass wir bald wieder vor Zuschauern spielen können. Es ist nun mal das Salz in der Suppe, dass die Fans da sind. Da wir jetzt als Mannschaft vor einer schwierigen Situation stehen, wäre es natürlich einfacher mit der Unterstützung der Fans Punkte zu holen als im leeren Stadion. Leider sind wir ein stückweit da an anderer Regularien gebunden. Natürlich hoffen wir, dass alle Fans gesund bleiben und wir bald wieder eine schöne und erfolgreiche Zeit zusammen haben.

JK: Danke schön, Holm. Wir wünschen dir eine tolle und vor allem erfolgreiche Zeit als Trainer unserer Regionalligamannschaft, sowie bei all deinen anderen Aufgaben im Verein. Bleib schön gesund.

Aufrufe: 012.3.2021, 16:00 Uhr
Jörg KaltofenAutor