2024-04-30T13:48:59.170Z

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Wenn Jugendtrainer an der Seitenlinie ausrasten

Ein Fußball-Schiedsrichter hört auf, weil er aufs Übelste beleidigt wird - Brandauer: „Jetzt ist das Maß voll“

Biberach - „Jugendtrainer sind vor allem Erzieher“: Eine Aussage, mit der der Deutsche Fußball-Bund auf seiner Homepage verdeutlicht, dass Trainer Kinder und Jugendliche nicht nur fußballerisch weiterentwickeln sollen, sondern auch pädagogisch gefordert sind. Dass dieser Verantwortung nicht alle Jugendtrainer vor allem im Umgang mit Schiedsrichtern gerecht werden, belegen zwei aktuelle Beispiel aus dem Fußball-Bezirk Riß. In einem Fall hat ein 49-jähriger Schiedsrichter sein Hobby gar abrupt beendet, nachdem er heftigst beleidigt wurde.

„Jetzt ist das Maß voll“, sagt Klaus Brandauer, Ausschussmitglied der Schiedsrichtergruppe Riß und zuständig für die Spieleinteilung im Jugendbereich. „Die Vorkommnisse, bei denen Trainer oder andere Verantwortliche völlig ausflippen, weil ihnen manche Pfiffe nicht gefallen, sind nicht mehr zu akzeptieren.“

Toleranz und Respekt gegenüber Schiedsrichtern gehe vornehmlich bei Jugendspielen immer mehr verloren, führt Brandauer weiter aus. „Statt eine Vorbildfunktion auszuleben, die auch Jugendspieler und deren Eltern von ihnen erwarten dürfen, gehen manche Trainer nur noch mit schlechtem Beispiel voran.“ Das Gewinnen um jeden Preis stehe im Vordergrund, selbst bei den Neunjährigen in der E-Jugend. Für Brandauer geht es deshalb so nicht weiter. Zumal es in den vergangenen zwei Wochen wieder zwei Vorfälle zu beklagen gab, in denen Schiedsrichter von der Seitenlinie „aufs Übelste“ beleidigt worden seien.

„Die Lust vergangen“

Ein 49-jähriger gestandener Unparteiischer habe aufgrund der „ausufernden Emotionen“ in einem C-Jugend-Spiel sein Hobby abrupt beendet, erzählt Brandauer. „Nach einem stressigen Arbeitstag hatte er sich auf die abendliche Ablenkung bei seinem Hobby an der Pfeife gefreut. Und dann sah er sich derartigem Hass und solchen Feindseligkeiten ausgesetzt, dass ihm die Lust vergangenen ist.“ Zwar ein extremes Beispiel, aber die Verantwortlichen der Schiedsrichtergruppe wissen auch, dass manche derartige Vorkommnisse gar nicht oder erst mit Verspätung bei ihnen ankommen. Nicht jeder Vorfall wird gemeldet. „Das ist schlecht“, sagt der Jugendeinteiler, der die Schiedsrichter diesbezüglich bereits mehrfach sensibilisiert hat.

Ein weiterer Vorfall hat sich vor zwei Wochen bei einem E-Jugend-Spiel zugetragen. Wie Klaus Brandauer berichtet, habe sich ein 15-jähriger Schiedsrichter von einem Trainer derart beschimpfen lassen müssen, dass er dessen Wortwahl nicht einmal in seinem Spielbericht festhalten wollte. „Wundert sich noch jemand, warum sich immer weniger Neulinge zu Schiedsrichtern ausbilden lassen und warum immer weniger Jugendspiele mit geprüften Kräften besetzt werden können?“, fragt Brandauer deshalb. Nach besagtem E-Jugend-Spiel hätten sich zumindest die Eltern bei der Jugendleitung über den Trainer beschwert.

Die beiden Partien, in denen die Trainer ihrer Vorbildfunktion in keinster Weise gerecht wurden, waren im Übrigen nicht hart umkämpfte, sondern eindeutige Angelegenheiten. Beide endeten mit einem 6:1.

Kommentar von Tobias Rehm:

Emotionen gehören zum Fußball, auf und neben dem Platz. Und es liegt in der Natur der Sache, dass ein Schiedsrichter nicht für jeden Pfiff uneingeschränkte Zustimmung bekommt. Aber es ist wie so oft eine Frage der Art und Weise und des Maßhaltens.

In den beiden beschriebenen Fällen haben die Jugendtrainer deutlich über das Ziel hinausgeschossen. Schiedsrichter sind kein Ventil für gesellschaftliche, private oder berufliche Probleme. Ganz zu schweigen von der Vorbildfunktion, die Jugendtrainer eigentlich ausüben sollten.

Vielleicht würde es manchem Trainer helfen, selbst mal die Pfeife in die Hand zu nehmen. Wenn die Entwicklung so weitergeht, gibt es dazu in Zukunft möglicherweise ohnehin ausreichend Gelegenheit. Die Schiedsrichtergruppe tut sich so schon schwer genug, neue Unparteiische zu finden. Durch respektlose Trainer wird es nicht einfacher. Denn auch die Schiedsrichter sind Teil des Spiels, weil es ihr Hobby ist. Und das muss Spaß machen.

Aufrufe: 016.5.2019, 22:42 Uhr
Tobias RehmAutor