2024-05-10T08:19:16.237Z

Im Nachfassen
Gemeinsame Freude: Viel zu selten hatten Tevin Ihrig (links) und Jan-Lucas Dorow in der vergangenen Runde Grund zum Jubeln.
Gemeinsame Freude: Viel zu selten hatten Tevin Ihrig (links) und Jan-Lucas Dorow in der vergangenen Runde Grund zum Jubeln.

So oft wie möglich nah am Team

Tevin Ihrig freut sich nach Monaten der Rehaarbeit wieder auf die ersten Trainingseinheiten mit der Mannschaft

Worms. Erst wenn man gezwungen ist, sich alleine wieder an die Mannschaft heranzukämpfen, lernt man so wirklich zu schätzen, was Gemeinschaft in einen Mannschaftssport bedeutet. Diese Erfahrung macht Tevin Ihrig derzeit nicht das erste Mal. Doch so lange wie diesmal war der inzwischen 24-jährige Defensivspezialist vom VfR Wormatia Worms noch nie raus aus dem Spielbetrieb. Im Sommer hatte er sich in der Vorbereitung kurz vor dem ersten Saisonspiel gegen die Sportfreunde Eisbachtal einen Knorpelschaden im Knie zugezogen. Es folgten Operation und Rehabilitation.

„Am schlimmsten waren die ersten sechs, sieben Wochen, als ich an Krücken gehen musste“, erinnert sich Ihrig an jene Zeit, in der er so gar nicht mobil war. Später, als er dann in der Reha wieder richtig etwas machen durfte, war die Lage für ihn schon erträglicher. Denn sein Ziel war von Anfang an klar. Mit Beginn der Wintervorbereitung wollte er mit der Mannschaft trainieren. „Vielleicht noch nicht alles, aber wenigstens dabei sein“, sagt er. „Und da sieht es im Moment ganz gut aus.“

Anders als zu seinen Mainzer Zeiten, als er schon einmal wegen einer Knieverletzung einige Monate pausieren musste, fühlte er sich diesmal in seinem Unglück nicht alleine gelassen. Der Sportliche Leiter Norbert Hess, Trainer Kristjan Glibo wie auch viele Teamkameraden melden sich regelmäßig bei ihm, erkundigen sich nach Fortschritten und machen ihm Mut. In Mainz musste er sich dagegen relativ einsam durch die Reha und wieder ins Mannschaftstraining kämpfen. „Da ist es schon ein Unterschied, ob du in einer U 23 Profimannschaft spielst, oder bei einem Verein in der ersten Mannschaft“, empfindet Ihrig die Situation heute menschlich angenehmer als zu seiner Zeit bei den 05ern.

Aber auch der verletzte Innenverteidiger trägt seinen Teil dazu bei, den Faden nicht abreißen zu lassen. Seit er wieder richtig laufen kann, ist er bei jedem Spiel vor der Partie mit in der Kabine und demonstriert damit seinen Teil an der gemeinschaftlichen Arbeit. Mit 24 Jahren und einer erklecklichen Anzahl an Drittligaspielen auf den Buckel ist er in der Mannschaft einer der erfahrensten, und kann den jungen Spielern mit Rat und Tat zur Seite stehen. Auch aus diesem Grund wurde er vor der Saison zum Kapitän bestimmt.

Der ist nun schon die gesamte Hinrunde von Bord, tut aber alles, um auf dem Schiff wieder das Ruder zu übernehmen. Fünf Tage die Woche fährt er nach Mannheim zur Reha, sechs bis sieben Stunden kostet ihn das. Es ist ein vielfaches dessen, was seine Mitspieler unter der Woche auf dem Trainingsplatz an Zeit investieren müssen. Neben der Arbeit mit den Physiotherapeuten schuftet er an Kraftmaschinen, lässt sich mit elektrischen Stimulationsgeräten bearbeiten. „Ich schaue auch oft im Training bei den Jungs vorbei. Aber oft überschneidet sich das mit meinen Terminen in Mannheim“, versucht der gebürtige Wormser, immer so nah wie möglich an der Mannschaft zu sein. Denn dieses Mannschaftsgefüge ist ihm inzwischen wichtiger als eine mögliche Profikarriere. Deshalb ist er auch nach dem Abstieg als einer der wenigen Spieler bei der Wormatia geblieben und hat sich darauf eingelassen, nun nicht mehr nach Profibedingungen zu arbeiten. Sein Fernstudium der Sportwissenschaften will er 2021 abschließen, und deshalb hatte er sich im Sommer dafür entschieden, nicht wieder einen Ortswechsel vorzunehmen. „Sollten wir mit der Mannschaft aufsteigen, ist auch in Sachen Profifußball wieder alles möglich. Aber meine Mainzer Zeit hat mich gelehrt, mich nicht alleine auf den Fußball zu konzentrieren. Ich bin jetzt 24, und da noch einmal in die oberen Ligen zu kommen, ist realistisch betrachtet schwer. Deshalb habe ich frühzeitig damit angefangen, ein zweites Standbein aufzubauen“, sieht Ihrig den Profifußball durchaus auch mit einem realistisch-kritischen Blick. Vielleicht auch ein Grund, warum er die Gemeinschaft und das Miteinander in seiner Mannschaft so schätzt. Und sich schon jetzt richtig darauf freut, ab dem 13. Januar wieder ein vollwertiges Mitglied in der Trainingsgruppe von Kristjan Glibo zu sein. Auch wenn der Weg zurück in die Startelf für Tevin Ihrig noch ein steiniger werden wird, wenigsten muss er ihn dann nicht mehr ohne seine Mitspieler gehen.



Aufrufe: 024.12.2019, 14:30 Uhr
Carsten DietelAutor