2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview der Woche
Machte sein Hobby zum Beruf: Arif Güclü.
Machte sein Hobby zum Beruf: Arif Güclü. – Foto: Ig0rZh – stock.adobe/Buls

„Für Arif Güclü ist es nie zu spät“

Früherer Stürmer von Schott Mainz und Gonsenheim dreht beim FSV Frankfurt auf +++ Traum vom Berufsfußballer mit Mitte 20 erfüllt

Rheinhessen. 90.+1, 90.+4, 89,., 90.+1 – mit seinen vier Toren hat sich der FSV Frankfurt in dieser Regionalligasaison reichlich Zeit gelassen. Zweimal war Arif Güclü unter den Spätstartern, beim 2:1 gegen Balingen schoss er das Siegtor, beim 2:2 in Walldorf stellte er den wichtigen Anschluss her. Auch wenn er aktuell im defensiven Mittelfeld der Hessen unterwegs ist – der frühere Oberliga-Knipser des SV Gonsenheim und Flügelstürmer bei Schott Mainz schießt für sein Leben gern Tore. Und hat mit Mitte 20 den Sprung zum Berufsfußballer geschafft. Am Samstag geht es gegen die U23 von Mainz 05. Wie ist das beim früheren Zweitligaklub, im Vergleich zum Mainzer Amateurfußball? Arif Güclü erzählt es.

FuPa: Ihr habt zweimal in der Schlussphase noch einen Doppelpack hingelegt und damit vier statt keinem Punkt geholt. Einmal ist Zufall, zweimal ist Glück. Und dreimal, was wäre das dann?

Arif Güclü: Unsere Mannschaft zeigt Moral und kämpft über 90 Minuten. Wir geben nicht auf, auch bei einem 0:2 nicht. Daher ist es kein Glück.

Was habt ihr euch für die Saison vorgenommen?

Wir wollen so schnell wie möglich mit dem Abstieg nichts zu tun haben und würden gern im oberen Drittel landen. In welche Richtung es geht, entscheidet sich in den nächsten beiden Spielen.

Ist der Zusammenhalt, das Miteinander im Spielerkreis anders als bei einem echten Amateurklub?

Da wir professionell trainieren und jeden Tag zusammen sind, ist es wie eine Familie. Man sieht die Spieler ja öfter als Frau und Kinder zu Hause. Daher ist es ganz anders als im Amateurverein.

Ist das so eine Familie, in der man froh ist, wenn die Geschwister ausziehen, oder eine, die sich mag?

Jeder mag den anderen! Obwohl wir uns jeden Tag sehen und stundenlang miteinander zu tun haben, bei Training, Videoanalyse und Besprechungen, verbringen viele auch noch die Freizeit miteinander. Das ist schon was Besonderes.

Mit 23 Jahren bist Du vom SV Gonsenheim weg – viel zu spät, um noch was zu reißen, meinten viele. Jetzt die späten Tore – kannst Du was mit dem Begriff „Spätzünder“ anfangen?

(lacht) Natürlich... ich spiele nicht nur Fußball, um es beruflich zu tun. Es macht mir Spaß, umso höher, desto mehr. Deshalb habe ich Ziele. Es gab viele Fußballer, die es in späteren Jahren noch nach oben geschafft haben.

Du hast sehr konsequent auf den Traum Berufsfußballer gesetzt. Bist Du das denn jetzt?

Es ist ein Ganztagesjob, wir trainieren jeden Tag außer montags, wir trainieren auch zweimal am Tag. Da ist es schwierig, zusätzlich einen Nebenjob auszuüben. Einige Spieler studieren nebenbei.

Kannst Du von Deinem Gehalt leben?

Ja.

Deine Leistungsentwicklung in Gonsenheim als Mittelstürmer und auch beim TSV Schott am offensiven Flügel war bemerkenswert, bei der Wormatia lief es zwischendurch nicht so rund. Wer hat Dir vor Deiner Zeit in Frankfurt am meisten mit auf den Weg gegeben, was waren die entscheidenden Lehren?

Ich habe nicht aufgegeben. Es gibt Höhen und Tiefen. Mein ältester Bruder hat mich immer unterstützt, auch mein Berater stand immer hinter mir. Entscheidend war, dass ich nicht aufgegeben habe. Ich wollte immer von Training zu Training, von Spiel zu Spiel schauen. Jetzt habe ich zwei Tore in zwei Spielen geschossen, obwohl ich auf der Sechserposition aufgestellt war. Ich erfülle auf jeder Position meine Aufgaben, und Toreschießen macht mir Spaß. Babak Keyhanfar hat mich seit Gonsenheimer Zeiten unterstützt, auch bei der Frage, wann ich den Sprung versuchen soll, und stand immer zu mir.

Beim TSV Schott bist Du am Ende notgedrungen als Innenverteidiger aufgelaufen, vorige Saison beim FSV irgendwann als Sechser. Wo spielst Du aktuell, was ist Dir am liebsten?

Meine feste Position ist im Sturm, aber ich versuche meine Stärken dort einzubringen, wo der Trainer mich hinstellt. Ich denke, weil ich in den ersten beiden Spielen und auch letzte Saison als Sechser gespielt habe, mache ich es nicht so schlecht. Ich habe zwar die Erfahrung auf der Position nicht, aber am Ball ruhig zu sein, die Bälle festzumachen und zu verteilen, das ist auf der Position nicht schlecht. Außerdem kann ich als Stürmer von dort aus Torgefahr einbringen.

Welche Ziele hast Du Dir für Deine Karriere noch gesetzt?

Ich will dieses Jahr mit dem FSV Erfolg haben. Meine persönliche Messlatte setze ich immer hoch an. Letztes Jahr habe ich nur drei Tore gemacht. Ich will bis Winter zehn Tore erreichen.

Am Wochenende kommt die U23 von Mainz 05 zu euch. Spielerisch macht die Mannschaft einen deutlich stärkeren Eindruck als vorige Saison. Was erwartet euch?

Es wird ein schwieriges Spiel. Die Mainzer haben viele Zugänge und Abgänge, ich kenne bei der U23 fast keinen mehr. Es wird über den Kampf gehen, wir sind heiß und wollen die drei Punkte behalten.

Gibt es noch Kontakte zu Schott, Wormatia und Gonsenheim?

Ja, zu Schott habe ich noch Kontakte. Ich habe dort Freunde wie beispielsweise Marco Senftleben. Wenn Zeit da ist, treffen wir uns auch mal. Der Kontakt mit Trainer Sascha Meeth war immer sehr gut.

Beim TSV Schott ist man stolz darauf, wenn man Spielern helfen konnte, höherklassig Fuß zu fassen. Silas Schwarz hat seine ersten Drittliga-Minuten, Jan Just hat bei Waldhof Mannheim bis zu seinen schweren Verletzungen regelmäßig gespielt. Du warst ein Jahr dort. Welche Rolle spielt der TSV für Dich?

Bevor ich zu Schott gewechselt bin, war ich bei Wormatia Worms, und das war für mich keine prickelnde Saison. Bei Schott konnte ich in der Regionalliga Spielpraxis sammeln, wieder in Form kommen. Sascha Meeth hat mich immer unterstützt und mir auf dem Weg geholfen. Leider sind wir abgestiegen, aber die Saison hat sehr viel Spaß gemacht. Außerdem habe ich dort auf der Außenbahn eine neue Position gelernt und neun Tore geschossen. Das war nicht so schlecht.

Aufrufe: 07.8.2019, 12:00 Uhr
Torben SchröderAutor