2024-05-10T08:19:16.237Z

Ligabericht
Fühlt sich wohl bei Hessenliga-Aufsteiger VfB Ginsheim: Eduardo Landu (rechts), hier im Kreispokal-Spiel gegen den SV Dersim Rüsselsheim (Alper Eren).	Foto: Vollformat/André Dziemballa
Fühlt sich wohl bei Hessenliga-Aufsteiger VfB Ginsheim: Eduardo Landu (rechts), hier im Kreispokal-Spiel gegen den SV Dersim Rüsselsheim (Alper Eren). Foto: Vollformat/André Dziemballa

Mit Fleiß und Ruhe zurück zu Tamtam

22-Jähriger Landu will sich beim VfB Ginsheim für Proficlub empfehlen / Einladung zu Angolas Nationalteam

Eduardo Landu hat im Vorjahr in der dritten belgischen Liga mit seinem Verein FCV Dender EH bereits vor 7000 Zuschauern gespielt. „Mit Bengalos und viel Tamtam.“ In der kommenden Saison muss der 22 Jahre alte Linksverteidiger des Fußball-Hessenligisten VfB Ginsheim deutlich kleinere Brötchen backen, mehr als 300 Zuschauer werden zu den Heimspielen des Aufsteigers kaum kommen. „Aber manchmal muss man einen Schritt zurückgehen, um weit nach vorne zu kommen“, sagt der Deutsch-Angolaner. „Weit nach vorne“ heißt für ihn „Zweite oder Dritte Liga – ich will auf jeden Fall Profi werden“.

Der in Angolas Hauptstadt Luanda geborene und in Wiesbaden aufgewachsene Landu war auf dem Weg zum Fußball-Profi schon deutlich weiter. Nach den Anfängen beim FV Biebrich 02, wo er mit 15 Jahren Kapitän war, wechselte er in der U 17 ins Nachwuchsleistungszentrum des Drittligisten SV Wehen Wiesbaden. Dort verdiente er sich einen Zwei-Jahres-Vertrag zum Start in die Aktivenzeit und überzeugte im Hessenliga-Team. „Es lief gut, aber dann wurde die zweite Wehener Mannschaft nach einem Jahr aus Kostengründen abgemeldet und ich hatte im Drittligateam keine Perspektive.“ Rückblickend, sagt Landu, sei er wohl zu ungeduldig gewesen. „Und ich hatte falsche Berater.“

Ein Probetraining beim Regionalligisten Wormatia Worms verläuft im Sommer 2015 vielversprechend, „aber ich wollte unbedingt wieder in einem Nachwuchsleistungszentrum spielen“. Daher der Wechsel zum Oberligisten Stuttgarter Kickers II, wo er unter Profibedingungen trainiert und sich bereit für die erste Mannschaft und die Regionalliga fühlt, aber keine Chance bekommt. Im Sommer 2016 dann der Wechsel zu Dender nach Belgien, „weil meine Cousine dort den Präsidenten kennt“. Wieder läuft es anfangs, doch dann verpflichten die Belgier einen Linksverteidiger von Juventus Turin. „Der war nicht besser als ich, aber eben von Juve.“

Landu spielt regelmäßig in der U 21, „aber das war nicht das Niveau, wofür ich nach Belgien gegangen bin.“ Im Winter verlässt er den Verein, ist drei Monate gesperrt und hält sich bei Rot-Weiß Frankfurt fit. Schließlich kommt über Gonsenheims Trainer Babak Keyhanfar der Kontakt zu Ginsheims Coach Artur Lemm zustande, der einen Linksverteidiger sucht. „Der Verein hat sich sehr um mich bemüht. Ich hätte auch wieder irgendwo Regionalliga spielen können, aber ich wollte nicht schon wieder umziehen, sondern jetzt mal eine Saison nahe der Heimat durchspielen.“

Eduardo Landu ist wieder nach Wiesbaden-Dotzheim zu seinen Eltern und den vier Geschwistern gezogen, wo er als Fünfjähriger nach der Flucht aus Angola die ersten deutschen Worte lernte. „Mein Vater hatte damals schwer geschuftet, um die Flugtickets kaufen zu können.“ In Angola herrschte Bürgerkrieg. „Ich erinnere mich noch dunkel, dass es gefährlich war und ich mich unwohl gefühlt habe. In der Nachbarschaft fielen einmal sogar Schüsse.“

Nach dem Realschulabschluss an der Wolfram-von-Eschenbach-Schule und dem Freiwiligen Sozialen Jahr beim Hausfrauen-Bund in Wiesbaden setzte Landu erst einmal ganz auf die Karte Profifußball. „Ich denke, dass ich das Potenzial dazu habe. Bisher hat das Glück gefehlt, und ich habe einige Fehlentscheidungen getroffen.“ Die Entscheidung für Ginsheim sei dagegen richtig gewesen. „Hier kann ich zwar nicht viel verdienen, aber als Stammspieler auf mich aufmerksam machen und so wieder in den höherklassigen Fußball kommen.“ Seine Stärken seien „das Offensivspiel, da ich früher Stürmer war, die Schnelligkeit – auch im Kopf –, das Umschaltspiel, der starke linke Fuß, Lauffreude und die Technik“. Am rechten Fuß müsse er dagegen noch arbeiten, auch an der Schusstechnik.

Die Integration beim VfB habe sehr gut geklappt, der höherklassig erfahrene Spielertrainer Carsten Hennig, der mit 40 Jahren Landus Vater sein könnte, „hilft uns jungen Spielern auf dem Platz sehr, gerade im taktischen Bereich“. Weil er „andere Ziele als die Mitspieler, die einen Beruf haben“ verfolgt, schiebt Landu viele Extraschichten im Fitnessstudio, auf der Laufstrecke und mit befreundeten Fußballern auf dem Rasen. „Ich bin in den letzten zwei Jahren sehr gereift. Ich will diese Saison alles rausholen und mehr Verantwortung übernehmen – auf dem Platz und privat für meine drei jüngeren Geschwister.“

Marcelo und Alaba als Vorbilder

Falls es mit dem Profifußball nichts wird, möchte Landu Fitness- oder Ernährungscoach werden. „Aber ich glaube an mich. Ich bin erst 22, und gute Linksverteidiger sind immer gefragt.“ Immerhin war der Wiesbadener, dessen Vorbilder Roberto Carlos, Eric Abidal, Marcelo und David Alaba heißen, im Vorjahr schon einmal ins Blickfeld der Nationalmannschaft Angolas geraten, die Einladung zum Trainingslager konnte er verletzungsbedingt jedoch nicht annehmen. „Einmal mit der Nationalelf auflaufen, das wäre ein Traum“, sagt der 22-Jährige. Und auch wenn Angola in der Rangliste des Weltverbandes Fifa nur auf Rang 141 steht – dann gäbe es mit Sicherheit auch wieder viel Tamtam.

„Ich denke, dass wir in der Hessenliga eine gute Rolle spielen können“, sagt Eduardo Landu- Der erste Eindruck vom neuen Club VfB Ginsheim sei sehr positiv. „Super Trainer, super Sportanlage, super Umfeld.“ Ginsheims Sportlicher Leiter Marcus Spahn gibt das Lob zurück: „Eduardo ist bärenstark, eine Bombe. Wenn er so weiterspielt, werden wir noch viel Spaß mit ihm haben.

Der 22-jährige Landu, der mit Berat Karabey für die Standards zuständig ist, hat einen „tollen Teamgeist“ beim Aufsteiger ausgemacht. „Das hat man auch im Testspiel gegen Oberligist Idar-Oberstein gesehen, als wir einen 1:3-Rückstand noch ausgeglichen haben.“ Ginsheim habe „junge, hungrige Spieler, die kämpfen und beißen werden“. Wichtig sei nach den vielen Siegen in der vergangenen Meistersaison, „dass wir nicht in ein Loch fallen, wenn wir zwei-, dreimal in Folge verlieren sollten.“ Landus Fazit: „Es wird schwer, aber wir werden das schon rocken.“

Aufrufe: 023.7.2017, 14:00 Uhr
redAutor