2024-05-10T08:19:16.237Z

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Stefan Wächter ist bei Türkgücü noch nicht so richtig angekommen.
Stefan Wächter ist bei Türkgücü noch nicht so richtig angekommen. – Foto: Sven Leifer

Krise mal zwei - aber viel Hoffnung dabei

Stefan Wächter (22) hatte einen guten Einstand bei Türkgücü München, dann kam die Krise - in doppelter Hinsicht

Es gibt nichts Schlechtes, was nicht auch sein Gutes hätte: Die Zwangspause hat Stefan Wächter von Türkgücü München in den letzten Wochen genutzt, um in Ruhe seine Bachelorarbeit im Fach Wirtschaftsingenieurwesen abzuschließen. Zuhause in Ampfing im Landkreis Mühldorf verbringt der 22-Jährige die schwere Zeit, hält sich mit Läufen fit und mit familieninternen Darts- und Tischtennisturnieren bei Laune. Zudem leistet er seinen Beitrag zur Krisenbewältigung, hat sich bei der Organisation "Das Land hilft" zur Verfügung gestellt und beispielsweise Lebensmittel verpackt und etikettiert. Dinge, die den Kopf frei machen und den Fokus auf andere Sachen lenken - was ihm gerade zugutekommt.

Denn ganznebenbei kann er auf den Reset-Knopf drücken und sich sammeln. Sein Einstand beim aufstrebenden Münchner Klub war sehr ordentlich, zu Saisonbeginn spielte er im illustren Türkgücü-Ensemble eine gute Rolle. Als im Herbst aber dann die Blätter fielen, begann auch für den Oberbayern der Sinkflug. Seinen letzten Auftritt bislang hatte er im Heimspiel gegen Eichstätt - das war im September. Seither hat es nicht einmal mehr für Kurzeinsätze gereicht.

Wann`s wieder auf den Platz geht, das weiß natürlich auch Stefan Wächter nicht genau. Aber wenn die Kugel wieder rollt, soll es für den Ampfinger ein Neustart doppelter Hinsicht werden; es soll wieder aufwärts gehen für ihn: "Eine Krise bietet auch Chancen. Ich scharre schon mit den Hufen." Dass die Saison fortgesetzt wird, davon geht der Ex-Wackerianer, der seit der U16 an der Salzach kickte, fest davon aus. Und dann will er wieder zur Stelle sein - anders als im Herbst. "Die letzten zwölf Spiele bin ich nicht mehr zum Einsatz gekommen. Das ist schon sehr frustrierend", seufzt Wächter.

Mit viel Vorschusslorbeeren versehen.

Bei seiner Präsentation nach dem vollzogenen Wechsel - seinem ersten im Seniorenbereich - wurde Wächter mit allerhand Vorschusslorbeeren dekoriert. So sagte etwa Sportdirektor Robert Hettich, der mittlerweile nicht mehr im Amt ist, folgendes: "Ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist, mit Stefan Wächter den vielseitigsten Spieler der Regionalliga Bayern für uns zu gewinnen." Da muss der Vielgepriesene lachen: "Ja stimmt schon, ich habe schon auf etlichen Positionen gespielt. Am liebsten agiere ich aber schon im zentralen Mittelfeld." Variabilität als Trumpf im starken Kader von Türkgücü.

Warum aber fand sich in letzter Zeit kein Platz mehr für ihn? "Das ist schwer zu beantworten. Wir haben schon jede Menge Qualität in der Mannschaft. Und dann lief`s im Herbst auch richtig rund, das gibt dem Trainer recht und ich habe wenige Argumente. Mir bleibt nur, weiter hart an mir zu arbeiten." Allzu viel Trübsal blasen will Wächter aber nicht, schließlich ist nicht alles schlecht: "Das Trainingsniveau ist richtig hoch, dadurch konnte ich mich verbessern."

Außerdem gehöre es zum Entwicklungsprozess dazu, negative Erfahrungen zu machen. "Ich muss lernen, mit Rückschlägen umzugehen und daran zu wachsen", betont der 22-Jährige.
Will sich durchbeißen in München: Stefan Wächter (li.).
Will sich durchbeißen in München: Stefan Wächter (li.). – Foto: Sven Leifer


Sportlich läuft es für sein Team glänzend, die Mannschaft ist auf dem besten Weg, den angepeilten Durchmarsch in Liga drei zu packen. Hinter der Fassade allerdings rumorte es im Winter deutlich vernehmbar. Für Außenstehende völlig überraschend wurde im Februar der Vertrag mit Geschäftsführer Robert Hettich aufgelöst. Über die Gründe hielt sich der Verein äußerst bedeckt. Am fehlenden Erfolg kann`s aber schon mal nicht gelegen haben. Hettich hatte in Zusammenarbeit mit Coach Reiner Maurer ein komplett neues Team aus der Taufe gehoben. Die Wahl der Spieler scheint äußerst schlüssig, von allen Seiten wird attestiert, dass die Truppe einen super Charakter habe. Neun Punkte Vorsprung an der Spitze dienen als Beleg, dass die Akteure harmonieren. "Die Nachricht, dass der Vertrag von Robert Hettich mit sofortiger Wirkung aufgelöst wird, kam auch für mich überraschend", gesteht Wächter. Mehr möchte er zu dem Thema aber nicht sagen.

Unruhe im Winter: Hat sich das auf die Mannschaft ausgwirkt?

Dazu gesellte sich die seltsame Geschichte um Mario Erb, der zunächst freigestellt, dann aber begnadigt und wieder in den Kader aufgenommen wurde. Zu guter Letzt vermeidet es der Verein, ein klares Bekenntnis zu Trainer Reiner Maurer abzugeben. Da schießen natürlich in der Landeshauptstadt die Spekulationen ins Kraut. Steht der Ex-Löwe etwa vor der Ablösung? Darf er noch aufsteigen und muss dann gehen? Vieles ist vage in diesen Zeiten. Die Mannschaft habe sich von der Unruhe nicht beeinflussen lassen, ist sich Wächter sicher. Durchgespielt wird er das Szenario aber schon mal haben: Hettich weg, womöglich Maurer auch nicht mehr lange da. Beide haben ihn zu Türkgücü geholt. Was heißt das für ihn? "Wer auch immer im Sommer Trainer sein wird, ich habe noch ein Jahr Vertrag und werde den auch definitiv erfüllen. Ich mache mir keine Gedanken um einen Wechsel", schafft Stefan Wächter Klarheit. Dass er nun sein Studium beenden konnte, das ist ihm sehr wichtig. "Jetzt kann ich mich wieder voll auf Fußball konzentrieren." Schließlich gilt es, zwei Krisen hinter sich zu lassen.

Aufrufe: 017.4.2020, 06:30 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor