2024-05-10T08:19:16.237Z

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So berichteten die Schongauer Nachrichten 1970 über das Spiel. Archiv Schongauer Nachrichten
So berichteten die Schongauer Nachrichten 1970 über das Spiel. Archiv Schongauer Nachrichten

4. Juli 1970: Der unvergessene Aufstieg der FA Schongau

Vor genau 50 Jahren

Zwei rote Karten, drei Tore und 1500 Zuschauer: Das Fußballspiel zwischen der FA Schongau und dem TSV Murnau hatte es in sich. Genau 50 Jahre ist es nun her. Und bewegt noch immer.

Schongau – Was sind das bloß für irre letzte Spielminuten. Erst wird ein Murnauer vom Platz gestellt, dann köpft Günther Seitz den Ausgleich für Schongau. Rund 1500 Zuschauer umgeben das Spielfeld, treiben die beiden Teams an. Es wird gestürmt, gefoult – und sicher so manches Mal geflucht. Aus dem Gedränge heraus wuchtet Wolfgang Eder den Ball zum 2:1 für Schongaus in die Maschen. Doch die Zitterpartie dauert an. Als Helmut Kralik allein vorm Murnauer Torwart steht, versagen die Nerven – er schießt den Keeper an. Heute kann er über diese Szene lächeln. Sie blieb folgenlos. Schongau gewann 2:1. Vor 50 Jahren, am 4. Juli 1970. Und besiegelte den Aufstieg in die Bezirksliga.

Eine Kopfballszene aus dem Heimspiel gegen Murnau. Rund 1500 Zuschauer verfolgten die Partie des TSV Schongau.

Ein Riesen-Erfolg für die Schongauer Fußball-Abteilung. Der größte in den vergangenen fünf, sechs Jahrzehnten. Geschafft von einem Team, das Kralik noch heute zum Schwärmen bringt. „Wir hatten eine gute Mischung aus Kampf und Technik. Und wir hatten eine Bomben-Kondition“, sagt der heute 72-Jährige. Denn der Trainer, ein Kaufbeurer, hatte das Team geschunden. „Umeinander gehetzt“, wie Kralik sagt. Ein wenig übertrieb es der Trainer wohl. Noch in der laufenden Saison musste er den Verein verlassen, Manfred „Manni“ Fröhlich übernahm den Posten. Doch die jungen Burschen, die meisten zwischen 20 und 24 Jahren alt, profitierten von den harten Einheiten, zogen bei beiden Trainern mit – und waren nicht nur top-motiviert, sondern auch top-fit.

Nicht nur Mitspieler, sondern Freunde

Und top-vertraut, miteinander befreundet. Von den elf Stammspielern gingen fünf einst in die gleiche Klasse. Nach der Schulzeit mussten die jungen Männer zwar zum Wehrdienst, doch Ende der 1960er Jahre kamen sie in Schongau wieder zusammen – und wiesen die anderen Fußball-Teams in der A-Klasse West in ihre Schranken. „Wir waren ein verschworener Haufen mit einem unbändigen Willen“, sagt Kralik, den alle „Heli“ nannten. Er gehörte zu den fünf Stürmern, die damals die gegnerischen Verteidiger munter umspielten. „Wir waren eine Torfabrik.“

Dabei musste er sich selbst erst wieder zurückkämpfen. In November 1968 verletzte er sich bei einem Spiel in

In alten Zeitungsartikeln und Unterlagen blättert der Schongauer Helmut Kralik beim Gespräch mit den Schongauer Nachrichten. Der 72-Jährige stand 1970 beim Sieg gegen Murnau als Stürmer auf dem Feld.

München. Die Diagnose: Wadenbeinbruch, Sprunggelenksfraktur, Innen- und Außenband gerissen. Im Oktober 1969 stand er das erste Mal wieder auf dem Feld. Gegen Altenstadt. Kralik war rechtzeitig fit zu jener Saison, in der Schongau seine Erfolgsgeschichte schrieb. Nach 21 Spieltagen hatte die FA 80 Tore erzielt und acht Punkte Vorsprung. Am Saisonende, nach 24 Spieltagen, waren es 88 Treffer und neun Zähler Abstand auf den Zweiten, Herrsching.

Damit durfte die Mannschaft um den Aufstieg spielen. Gegner war der TSV Murnau, der in der A-Klasse Ost triumphiert hatte. Der erwies sich als harte Nuss. Im Hinspiel mussten die Schongauer auswärts antreten. Und wurden von Murnau erst einmal vorgeführt. Nach einem verunglückten Rückpass der Schongauer ging der TSV in Führung. Das 2:0 folgte durch ein Freistoßtor. Kurz vor der Halbzeit foulte Torwart Rudi Donderer einen Murnauer – Strafstoß. Die Niederlage lag in der Luft. Doch Schongaus Schlussmann parierte den Elfmeter. „Hätte er den nicht gehalten, wäre das vermutlich unser K.o. gewesen“, vermutet Kralik. So aber gelang in der zweiten Halbzeit die Wende. In der 83. ging Kralik links durch, flankte zu Seitz, der auf Kapitän Eder passte – sein Direktschuss landete dort, wo ein Schuss eben enden muss: im gegnerischen Kasten. Eine Minute vor Schluss ließ Toni Brandmeier per Heber den Ausgleich folgen. 2:2.

Nach dem 2:2 im Hinspiel war alles offen

Die Aufstiegshelden: (stehend v. l.) Trainer Manfred „Manni“ Fröhlich, Adolf „Adi“ Anderle, Roman Steeb, Günther Seitz, Ewald Nagel, Anton „Toni“ Brandmeier, Gottfried Kinker, Helmut Kralik, Wolfgang Eder, der Zweite Vorsitzende Helmut Mack sowie (knieend v. l.) Wolfgang Grätz, Magnus Karg, Rudolf „Rudi“ Donderer, Horst „Jaschin“ Schnell, Alfons „Fonsi“ Breyer und Hans Resch. Es fehlen der verletzte Ferdinand „Ferdl“ Hauke, Vorsitzender Franz Welz und der technische Leiter, Franz Treffny.

Für das Rückspiel in Schongau war damit alles wieder offen. „Das war eine sehr intensive Partie“, erinnert sich Kralik. „Hektisch bis zum Schluss.“ Die Teams waren gleichwertig, „eigentlich hätte Murnau mit aufsteigen müssen“. Aber nur einem Team war das vergönnt. Wieder ging Murnau in Führung – durch einen abgefälschten Freistoß. Als Toni Brandmeier später einen Murnauer umrannte, war der Schiedsrichter noch gnädig. Als sich der Betroffene ähnlich hart revanchierte, sah er die rote Karte. Die Murnauer waren sauer, die Schongauer ebenfalls nicht begeistert. Nach dem Platzverweis köpfte Seitz eine Ecke von Kralik zum Ausgleich ins Tor. Eder ließ das 2:1 für die FA folgen – das reichte zum Sieg, auch wenn Kralik kurz darauf alleinstehend vorm Torwart die Chance zum 3:1 ausließ. „Klar hängt einem das auch später noch nach“, gibt er heute zu. „Schließlich blieb es deswegen eng.“ Aber gut ging’s ja aus – obwohl sich Schongaus Eder im Übermut noch eine rote Karte einhandelte.

Dass die Schongauer den Schritt nach oben verdient hatten, zeigte sich in den Jahren danach. Drei Jahre in Folge spielten sie um den Aufstieg in die Landesliga mit. Jedes Mal scheiterten sie knapp. Im dritten Versuch gab ausgerechnet eine Heimniederlage den Ausschlag. Davor war Schongau mehr als ein Jahr ungeschlagen auf dem eigenen Rasen. „Wir wussten, dahoam packt uns keiner“, sagt Kralik. Bis zu diesem einen Samstag im Jahr 1973, als eine 1:4-Niederlage den dritten verpassten Titel in Folge bedeutete. „Das hat schon an uns genagt, dass wir das einfach nicht geschafft haben.“

Der große Erfolg gelang danach nicht mehr. Aber der Stolz blieb. Und eigentlich sollte der Bezirksliga-Aufstieg heuer, 50 Jahre später, noch einmal gefeiert werden. Ebenso wie das 100-Jährige der Abteilung. Beides muss corona-bedingt verschoben werden. Zurückgedacht wird trotzdem. Vor allem heute. Genau am 4. Juli.

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Aufrufe: 04.7.2020, 16:00 Uhr
Schongauer Nachrichten / Katrin KleinschmidtAutor