2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
– Foto: Sascha Köppen

Quälen für den großen Traum

Die ehemaligen Top-Talente Sinan Kurt und Samed Yesil haben aktuell keinen Verein – und bereiten sich in der Black Hall in Krefeld auf neue Aufgaben vor

Sie haben eine ganze Menge gemeinsam. Sowohl Sinan Kurt als auch Samed Yesil galten einmal als ganz große Talente des deutschen Fußballs, beide sind Offensivspieler, beide stammen vom Niederrhein. Doch leider haben sie aktuell auch gemein, dass die Karriere etwas ins Stocken geraten ist. Derzeit halten sie sich in Krefeld in der Black Hall bei Personal Coach Jannik Kirchenkamp fit – und hoffen, dass sich für sie bald wieder eine Tür öffnen wird und sie zeigen können, dass die Einschätzungen doch nicht nur Vorschusslorbeeren waren.

Es ist Montagnachmittag, die Tür zur Black Hall in Krefeld öffnet sich. Und gleich der erste Eindruck ist der von harter Arbeit. Dreimal in der Woche quält sich Sinan Kurt, geboren und ausgebildet in Mönchengladbach, hier im Training mit dem Personal Coach Jannik Kirchenkamp. Seit dem Sommer ist der ehemalige Borusse ohne Vertrag, spielte vor seinem jüngsten Engagement bei WSG Wattens in Österreichs Zweiter Liga zuerst beim FC Bayern und dann bei Hertha BSC Berlin, wo ihm der Durchbruch versagt blieb. Thomas Silberberger, sein Coach im südlichen Nachbarland, bezeichnete das Engagement des inzwischen 23-Jährigen als die letzte Chance, noch einmal in den Fokus der Bundesliga zu rücken. Kurt will nicht nur ihm beweisen, dass das nicht der Fall ist.

Den Tipp, in der Black Hall wieder fit zu werden, hat Kurt von Marcel Ndjeng erhalten, den er noch aus seiner Zeit bei Borussia Mönchengladbach kennt. „Drei- bis viermal in der Woche trainiere ich hier bei Jannik, dazu zweimal pro Woche mit einem weiteren Personal Coach auf dem Platz“, verrät Kurt, der über die Vergangenheit erst gar nicht mehr reden möchte. „Darüber ist genug geschrieben worden. Soll ich das jetzt alles wiederholen?“, fragt er. Das Training bei Kirchenkamp bringe ihn massiv weiter. „Der Trainer hat hier eins zu eins nur Augen für dich. Die Übungen sind welche, die man zum Teil auch auf dem Fußballplatz mit einer Mannschaft macht.“ Und es wird schnell klar: Schummeln ist hier nicht möglich. Wird die Übung nicht zu 100 Prozent so ausgeführt, wie sie den Spieler weiter bringt, greift Kirchenkamp ein. „Alle Übungen, bei denen länger etwas gehalten werden muss, sind nicht so meins. Aber die Fortschritte sind spürbar, und ich würde sagen, dass ich inzwischen jederzeit wieder bereit wäre, wenn sich ein Verein meldet“, betont Kurt und erhält Zustimmung von seinem Coach. Sicherlich führt Berater Roger Wittmann längst wieder Gespräche, Kurt hofft, im Winter einen neuen Verein im In- oder Ausland zu finden. „Ich bin ja jetzt nicht der Typ, der Probleme mit Heimweh hat.“

Als Kurt sich verabschiedet und seine Einheit erfolgreich hinter sich gebracht hat, sitzt ein weiteres ehemaliges Top-Talent schon auf dem Ergometer und wärmt die Muskulatur auf. Samed Yesil, in Düsseldorf geboren und aufgewachsen, war in Düsseldorf als Junior für den CfR links und den BV 04 aktiv, ehe er zu Bayer Leverkusen wechselte. Dort machte er dann den FC Liverpool auf sich aufmerksam, wechselte mit 18 Jahren auf die Insel. „Ein Ligaspiel habe ich leider nicht gemacht, immerhin einmal im Carling Cup für die Erste gespielt“, erinnert er sich gerne. Letztlich verhinderten auch zwei Kreuzbandrisse vielleicht mehr. Die Engländer liehen ihn zum FC Luzern aus, später spielte er für Panionios Athen. In der Vorsaison stand er im Kader des KFC Uerdingen, wo er aber ebenfalls kaum spielte. „Deswegen wäre meine wichtigste Vorgabe für einen neuen Verein, dass ich da auch spiele“, betont der 25-Jährige.

Klaglos absolviert er das gesamte Programm, eine Fähigkeit, die auch sein Coach ausdrücklich hervorhebt. Kennengelernt haben sich die beiden – und das stimmt tatsächlich, beim Friseur. „Ich habe ein echtes Vertrauensverhältnis zu Jannik, und dass ich nur drei oder vier Kilometer von der Halle entfernt wohne ist natürlich auch einer der Gründe, warum ich hier bin“, verrät er. Inzwischen trainiert Yesil beim Oberliga-Team des TSV Meerbusch mit, steht neben den drei Einheiten in der Black Hall auch dreimal in der Woche auf dem Platz. Auch Yesil vertraut seinem Berater. „Einige interessierte Vereine sind direkt an mich herangetreten, aber auf so etwas reagiere ich gar nicht erst. Ich arbeite seit zehn Jahren mit meinem Berater, das muss schon über ihn laufen.“ Die Zweite Liga traut sich Yesil locker noch zu, im Ausland, was immer eine Option sei, könne das auch eine erste Liga sein. „Über vieles, was ich über mich schon so gelesen habe, kann ich herzhaft lachen. Es war nie mein Ziel, ein Weltstar zu werden. Ich wollte immer nur als Profifußballer Geld verdienen, um damit ein gutes Leben mit meiner Familie führen zu können.“ Dann geht es an das nächste Gerät, Yesil quält sich dafür weiter. Übungen, die er nicht mag, gibt es eigentlich nicht. „Was gut für mich ist, darf ich nicht hassen“, fügt er an.

Kirchenkamps Angebot richtet sich nicht nur an Profis – und auch nicht nur an Fußballer. „Ich habe in meinem Studium alles gemacht, hatte auch schon Eishockeyspieler und Handballer hier zu Gast“, verrät der Coach. Ist die Kondition weg, benötigt der Coach mit seinem Schützling in der Regel sechs Wochen, um die Fitness für neue oder ehemalige Aufgaben aufzubauen. „Schneller wäre nicht gut, denn es geht ja auch darum, die Verletzungsprophylaxe im Auge zu behalten.“ Gelingt das auch bei Sinan Kurt und Samed Yesil, darf man gespannt beobachten, wohin sie der Weg bald führen wird. Und in der Black Hall wird Kirchenkamp dann gespannt auf die nächsten Aufgaben warten.

Aufrufe: 03.10.2019, 11:59 Uhr
Sascha KöppenAutor