2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Nach seiner Zeit beim TSV Lindberg spielte Andreas Schmid jahrelang für den SV Auerbach mit dem Highlight Bezirksoberliga.
Nach seiner Zeit beim TSV Lindberg spielte Andreas Schmid jahrelang für den SV Auerbach mit dem Highlight Bezirksoberliga. – Foto: Werner Grübl

»Regionalliga wäre für ihn schon drin gewesen«

Andreas Schmid (49) war zu Höherem berufen. Vereinstreue und Freundschaft waren ihm jedoch wichtiger als Einsätze in der Bayern- oder gar Regionalliga.

Das legendäre Entscheidungsspiel um einen Platz in der Bezirksoberliga zwischen dem SV Grainet und dem SV Auerbach am 15. Juni 2007 in St. Oswald wird wohl ewig in Erinnerung bleiben. Für den neutralen Zuschauer, weil das aufziehende Gewitter beinahe zu einem Spielabbruch geführt hätte. Für Andreas Schmid, weil er ein Tor schoss, in der Verlängerung die gelb-rote Karte kassierte und - noch viel wichtiger - nach dem Sieg ein weiteres Oberliga-Jahr spielen durfte. Die inzwischen wieder abgeschaffte Spielklasse war - was die Ligenzugehörigkeit angehört - das Nonplusultra für den heute 49-Jährigen im Spätherbst seiner Karriere. Es wäre aber deutlich mehr drin gewesen...

Die folgenden Zeilen über den Waidler sind eine Geschichte über einen begnadeten Fußball-Spieler, der den größten Teil seiner Karriere als defensiver Mittelfeldspieler agierte. Nichtsdestotrotz war er wegen seiner Dynamik, seinem Spielverständnis und seiner technischen Fähigkeit stets einer der torgefährlichsten Akteure seiner Mannschaft. "Sein Tempo, sein Doppelpass und sein Abschluss waren überragend", urteilt Ferd Schreder, der selbst kein Schlechter war und den jungen Andreas Schmid als Trainer bei den ersten Schritten im Seniorenbereich bei seinem Heimatverein, dem TSV Lindberg, begleitete. Der Polizeibeamte trat dort in die fußballerischen Fußstapfen seines Vaters Max, der u.a. an der Seite von Schreder das Gansaldorf in die Landesliga führte. "Diese Spielklasse hätte ich ohne Weiteres auch dem Andreas zugetraut", macht Schreder deutlich.

Franz Huber, unter dessen Ägide als Spielertrainer der SV Auerbach mit dem Erreichen der Bezirksoberliga seinen größten Erfolg feiern konnte, geht bei der nachträglichen Beurteilung seines ehemaligen Mitspielers sogar noch einen Schritt weiter. "Regionalliga wäre für ihn schon drin gewesen. Andreas war das, was man unter einem kompletten Fußballer versteht. Er war ein Mittelfeldstratege, der sowohl defensiv als auch offensiv zu überzeugen wusste." Noch heute sind die beiden ehemaligen Cracks eng miteinander befreundet, gehen oft gemeinsam Laufen und Radfahren. Und da sind wir schon beim hauptsächlichen Grund, warum Schmid lange Jahre lieber Kreisklasse spielte als höherklassigen Amateurfußball, warum er lukrativste Angebote von Regen, Zwiesel, Deggendorf oder Riedlhütte in dessen Glanzzeiten ablehnte. "Verbundenheit, Wertschätzung, Loyalität" - Franz Huber wirft einige Wörter in den Raum, die den 49-Jährigen wohl treffend bezeichnen.

Hinter dem Tor bejubelte er die Lindberger Landesliga-Helden



Nach vielen, ausschließlich positiv-lobenden Sätzen über ihn, darf und soll der Angesprochene natürlich auch selber zu Wort kommen. Und Andreas Schmid gewährt sogleich einen Einblick in seine Gefühlswelt rund fünf Jahre nach seinem Karriereende. "Manchmal überlege ich schon, was gewesen wäre, wenn ich es doch probiert und so hoch wie möglich gespielt hätte. Immer wieder komme ich allerdings zu dem Ergebnis, dass ich alles genauso wieder machen würde, wie ich es gemacht habe." Er legte eigentlich den klassischen Start einer damals üblichen Amateur-Laufbahn hin. Er spielte Fußball, weil es eigentlich keine Alternative dazu gab und er sich relativ schnell in diese Sportart verliebte. Und natürlich lief er für seinen Heimatverein auf. "Zu Landesliga-Zeiten bin ich hinter dem Tor gestanden, habe meinem Vater zugeschaut und war glühender TSV-Fan."

1990 schaffte Andreas Schmid selber den Sprung in die 1. Mannschaft, die damals nach glanzvollen Jahren auf Verbandsebene aber wieder in die Kreisklasse zurückgefallen war - also den Worten von Schreder und Huber zufolge deutlich unter seinem Niveau. Doch der Mittelfeldspieler legte eben nicht vordergründig Wert auf möglichst starke Mitspieler, sondern eher darauf, mit Freunden seinem liebsten Hobby nachzugehen. "Ich habe mich in den Mannschaften, in denen ich gespielt habe, immer sehr wohl gefühlt. Es war mir immer sehr wichtig, dass das Zwischenmenschliche passt - und das war der Fall."



Eine Anekdote verdeutlich auf eindrucksvolle Art und Weise, dass Schmid dennoch Sportler durch und durch war, alles für den Fußball gegeben hat und den maximalen Erfolg anstrebte - allerdings in seinem ganz persönlichen Biotop. Als junger Polizist war der heutige Kripobeamte in München stationiert. Schichtdienst - der natürliche Feind aller Amateurvereine - war angesagt. Das hinderte den damals Mittzwanziger allerdings nicht, immer für den TSV Lindberg auflaufen - wirklich immer. "Hatte ich Frühschicht, hab' ich etwas früher aufgehört. Rein ins Auto, zwei Stunden nach Lindberg. 90 Minuten auf den Platz und wieder zurück nach München. Dann Nachtschicht", blickt er zurück. "Heute würde ich sagen, dass das verrückt ist. Damals war es vollkommen normal."

Eine Gemengelage aus beruflicher und privater Situation war der Grund für den einzigen Vereinswechsel in seiner Karriere. "Mit meiner damaligen Frau habe ich in Hengersberg gewohnt und bin von dort aus drei Mal wöchentlich nach Lindberg zum Fußball gefahren - einfache Fahrstrecke: 45 Minuten. Das wurde mir neben der beruflichen Belastung irgendwann zu viel." So schaute er sich im Deggendorfer Raum nach einem neuen Club um. Und natürlich standen die Interessenten Schlange, der Name Andreas Schmid war selbst außerhalb des Bayerischen Waldes längst ein Begriff. Doch der 49-Jährige wäre nicht er, wenn er hier nicht wiederum sein Herz entscheiden lassen hätte.

Schmid war nicht nur ein Stratege, sondern auch ein Mittelfeld-Kämpfer.
Schmid war nicht nur ein Stratege, sondern auch ein Mittelfeld-Kämpfer. – Foto: Werner Grübl


"Erst noch wollte ich das 50-jährige Jubiläum des TSV Lindberg abwarten. Nicht nur als Spielführer sah ich es als meine Pflicht an, da dabei zu sein. Deshalb konnte ich erst im Winter wechseln", erinnert er sich. "Und letztlich fiel meine Wahl auf den SV Auerbach, zu dem über meine frühere Ehefrau, die dort in der Damenmannschaft spielte, Kontakt bestand." Mit Fortdauer der Zeit beim SVA fühlte er sich immer mehr in seiner Entscheidung bestätigt. Rund um das Waldstadion wurde er schnell heimisch. In Verbindung mit dem vorher beschrieben Erfolg fand er in "Auerbo" seine sportliche Erfüllung. Er spielte zwar nicht für Größen wie den 1. FC Passau oder die SpVgg Grün-Weiß Deggendorf, aber in der Bezirksoberliga gegen diese namhaften Vereine - und besiegte sie alle mit dem SVA. Und das auch noch mit seinen Freunden. Dass der Mann mit der Nummer 11 natürlich zu den besten Spielern selbst in SVA-Oberliga-Zeiten zählte, soll an dieser Stelle noch erwähnt werden, ist aber in Anbetracht des Charakters von Andreas Schmid eine Nebensächlichkeit.

Heute ist der 49-Jährige nur mehr als Zuschauer auf den Fußballplätzen in der Region unterwegs. Unter anderem bei den Spielen des TSV Regen, wo Sohn Lukas (20) - einer von vier männlichen Schmid-Sprösslingen - aktiv ist. Der Linksfuß kickte vor einigen Jahren kurzzeitig im Nachwuchs des FC Augsburg, fand aber schnell wieder den Weg zurück in die Heimat. Von seinem Vater hat er nicht nur eine beeindruckende Schusstechnik geerbt, sondern auch Werte wie Kameradschaft und Freundschaft, die für die Schmids mit all ihren Attributen über allem stehen. Obwohl der Amateurfußball von diesen Eigenschaften lebt und dank diesen erst überhaupt zu dem wurde, was er ist, würde das Menschliche auf Verbands-, Bezirks- und Kreisebene immer mehr abhanden kommen, wie Andreas Schmid feststellt. "Deshalb habe ich mich davon auch komplett verabschiedet und bin kein Trainer oder Funktionär geworden. Mit Zusammenhalt kommt man heute nicht mehr weit, das Geld ist ausschlaggebend. Und das stimmt mich traurig."




Aufrufe: 022.12.2020, 06:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor