2024-04-23T06:39:20.694Z

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Frisch in der Landesliga traf Lindberg um Rudi Schmid (rechts) im Bayerwald-Derby gleich auf dem SC Zwiesel - vor 1800 Zuschauern.
Frisch in der Landesliga traf Lindberg um Rudi Schmid (rechts) im Bayerwald-Derby gleich auf dem SC Zwiesel - vor 1800 Zuschauern. – Foto: TSV Lindberg

Lindberg in der Landesliga: »Diese Geschichte ist unglaublich«

1976 schaffte der TSV Lindberg den Sprung in die damals vierklassige Landesliga +++ Der damalige Kapitän Franz Straub und der Spielmacher Ferd Schreder erinnern sich an Jahre "unendliche Begeisterung"

Die Lindberger wussten, dass die Landesliga wohl eine Nummer zu groß ist für sie. Nicht, weil die Stammformation vielleicht nicht hätte mithalten können. Sondern vielmehr, weil der Kader sehr dünn war und Trainer Franz Lorenz verletzte Leistungsträger schlicht und einfach nicht ersetzen konnte. Lediglich 14 Viertliga-taugliche Spieler standen ihm zur Verfügung. Man möchte meinen, der Abstieg nach nur einem Jahr war deshalb von vornherein klar. Doch dem war nicht so. Die Truppe aus dem Landkreis Regen lieferte nämlich eine beachtliche Saison ab - und musste letztlich erst nach zwei Relegations-Krimis zurück in die Bezirksliga.
Die eine Saison in der 4. Liga war ein absolutes Highlight - nicht nur für den TSV Lindberg, sondern für den gesamten Fußball des Bayerischen Waldes. Die Landesliga-Spielzeit war aber nicht der einzige Höhepunkt für den Verein aus dem Landkreis Regen in diesen Zeiten. Angesprochen auf die sportlichen Erfolge von 1975 bis 1980 erzählt Franz Straub von "Jahren voller Begeisterung". Der 74-Jährige, der später noch den TSV als Vorsitzender führte, war damals als ältester Spieler des Kaders, Manndecker und Spielführer mittendrin. Der Spielmacher seinerzeit, Fred Schreder, spricht gar von einer "Sensation".

Innerhalb von drei Jahren schaffte die Truppe des inzwischen verstorbenen Franz Lorenz den Durchmarsch von der A-Klasse (heutige Kreisliga) bis in die Landesliga. Eine Goldene Generation um Straub, Schreder, Max Paukner, Rudi Schmid, Edi Hackl und Sepp Maurer überzeugte nicht nur Fußballerisch, sondern auch was den Zusammenhalt betrifft. "Nur einer von uns wohnte in Schweinhütt. Doch letztlich war auch der Lindberger. Wir waren ein eingeschworener Haufen. Und das obwohl den Ältesten, also mich, zehn Jahre vom Jüngsten trennten", erinnert sich Franz Straub sen., dessen Sohn Franz inzwischen Vereinschef ist.



Obwohl Lindberg in den 80ern noch einmal an die Tür zur Landesliga klopfte, blieb die Mannschaft der 70er unerreicht. Noch heute wird geradezu ehrfürchtig über Schreder, Paukner & Co. gesprochen. Ihre Spiele, Erfolge und Aufstiege sind längst Mythos. Eben, weil sie sensationelle Triumphe feiern durften, aber auch, weil die Lorenz-Mannen tatsächlich elf Freunde waren und die Viertliga-Zeit darauf beruht. "Wir sind nach und nach gewachsen, immer stärker geworden", blickt der damalige Kapitän zurück. "Und eigentlich wollten viele gar nicht in die Landesliga aufsteigen, weil sie die langen Fahrstrecken fürchteten. Doch letztlich habe ich mich durchgesetzt. Wenn man diese einmalige Chance bekommt, soll man sie auch nutzen." Ferd Schreder, der bereits als Jugendlicher mit Sondergenehmigung in der Ersten spielte und später der herausragende Spielgestalter beim SC Zwiesel und TSV Regen war, ergänzt: "Es lässt sich eigentlich nicht in Worte fassen, was damals geschehen ist. Diese Geschichte ist unglaublich."

Basis des TSV-Höhenfluges war eine hervorragende Jugendarbeit, die den Verein nicht nur damals auszeichnete, sondern auch noch heute. Prominente Namen wie Haching-Profi Stephan Hain, Thomas Linzmeier, der nicht nur als Spieler, sondern auch als Trainer Karriere machte, oder regional bekannte Kicker wie Max Paukner jun., Andi Schmid, Norbert Winter sowie die Schreder-Brüder, Reinhard und Armando, trugen in Jugendjahren das blaue Trikot. Anfang der 1970er stieg die A-Jugend des "Gansaldorfes" um Ferd Schreder in die Bezirksliga auf, ein Jahr später konnte man den Niederbayern-Pokalsieg bejubeln. Diese erfolgreiche Nachwuchstruppe bildete den Kern der späteren Landesliga-Helden.

Die Landesliga-Aufstiegsmannschaft 1976 (v.l.) Trainer Franz Lorenz, Anton Hackl, Platzwart Edi Schmid, Josef Maurer, Rudolf Schmid, Franz Stich, Ferdinand Schreder, Franz Straub, Max Schmid, Hans Kroner, TSV-Vorst. Georg Weiderer (mitte v.l.), Max Paukner, Edi Hackl, Josef Schmid; (vorne v.l.) Hubert Kollmaier, Reinhard Kaufmann, Eberhard Maurer und Stefan Paukner.
Die Landesliga-Aufstiegsmannschaft 1976 (v.l.) Trainer Franz Lorenz, Anton Hackl, Platzwart Edi Schmid, Josef Maurer, Rudolf Schmid, Franz Stich, Ferdinand Schreder, Franz Straub, Max Schmid, Hans Kroner, TSV-Vorst. Georg Weiderer (mitte v.l.), Max Paukner, Edi Hackl, Josef Schmid; (vorne v.l.) Hubert Kollmaier, Reinhard Kaufmann, Eberhard Maurer und Stefan Paukner. – Foto: TSV Lindberg


So richtig erklären, warum nun ausgerechnet das kleine Örtchen im Arberland derart für Aufstehen gesorgt hat, kann es sich Franz Straub nicht. Es gibt einfach nicht den einen Grund. Die Gemengelage aus Talent, Willen, Euphorie und auch Glück war der Ursprung der Erfolgsgeschichte. Oder wie es der frühere Verteidiger ausdrückt: "Es hat einfach gepasst." Im Rückblick erscheint alles ein bisschen unwirklich, wie Schreder zugibt: "Das, was sich bei mir besonders eingeprägt hat, waren die enormen Zuschauerzahlen. 1000 Leute waren ja keine Seltenheit."

Zum stimmigen Gesamtbild trug auch ein Trainingslager in Kitzbühel im Jahr 1976 bei. Lindbergs damaliger Bürgermeister, Baron von Wolffersdorff, war glühender Fußball-Fan und einfach nur stolz auf die Leistungen "seines" TSV. Deshalb lud der Adlige die gesamte Mannschaft kurzerhand zu einem dreitägigen Ausflug nach Tirol ein. Ein absolute Ausnahme in Zeiten, in denen Urlaub oftmals noch ein Fremdwort war. Eigentlich wollte man im Skiort trainieren, doch: "Es war uns zu heiß. Wir haben lieber andere Dinge genossen", erzählt Straub, um noch einmal in Erinnerungen zu schwelgen und festzustellen: "Es war eine absolut schöne Zeit."

Gegen Straubing gewann der TSV mit 3:1 - wiederum vor einer ansehnlichen Kulisse.
Gegen Straubing gewann der TSV mit 3:1 - wiederum vor einer ansehnlichen Kulisse. – Foto: TSV Lindberg


Und sogar eine Kleinigkeit dazu verdienen konnten sich die Spieler damals bereits. Weil der Zuschauerschnitt in der Landesliga bei knapp 1000 lag und zu Spitzenspielen gut und gerne 3500 Begeisterte den kleinen Dorf-Sportplatz fluteten, "hatte der Verein damals Geld. Und wir wurden für unsere Leistungen belohnt. Es gab pro Sieg 10 Mark." Dieses kleine Taschengeld war aber nur eine nebensächliche Antriebsfeder für die Truppe um Spielführer Straub, wie der 74-Jährige mehrmals betont. "Wir waren stolz, sehr stolz. Wenn wir gewonnen haben, hat das ganze Dorf gefeiert und wir standen im Mittelpunkt. Es war aber nicht so, dass wir uns darauf was eingebildet haben. Wir waren einfach nur glücklich."

Der Stolz des Gansaldorfes ist der TSV auch noch im Jahr 2020. Die Mannschaft um Spielertrainer Armando Schreder träumt vom Aufstieg - aber nicht in die Landes-, sondern in die Kreisliga. Das ändert aber nichts daran, dass man nach wie mitfiebert mit den Jungs, die im Stadion am Angerweg auflaufen. Es steht aber auch fest, "dass sich die Geschichte von damals" (Franz Straub) nicht wiederholen lässt. "Die guten Spieler holen's dir heute viel schneller weg."

Als Belohnung für die Erfolge stiftet der Lindberger Bürgermeister, Baron von Wolffersdorff, 1976 ein Trainingslager in Kitzbühel, das mehr oder weniger ein Urlaub war.
Als Belohnung für die Erfolge stiftet der Lindberger Bürgermeister, Baron von Wolffersdorff, 1976 ein Trainingslager in Kitzbühel, das mehr oder weniger ein Urlaub war. – Foto: TSV Lindberg


Nichtsdestotrotz lastet wegen der Landesliga-Zeiten vor 50 Jahren kein Druck auf der aktuellen Generation. Der aktuelle Vorsitzende, Franz Straub jun., betonte jüngst gegenüber FuPa: "Wir sind alle stolz auf unsere glorreiche Vergangenheit. Sprüche wie "früher war alles besser" fallen aber nie. Das wundert mich selbst ein bisschen. Selbst die früheren Landesliga-Spieler gehen heute noch gerne zum Fußball und unterstützen die Mannschaft, wo es nur geht."
Aufrufe: 02.12.2020, 07:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor