2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Nach Stationen bei Fürth, Ingolstadt und Regensburg schaffte der gebürtige Abensberger Johannes Kraus in dieser Saison den Zweitliga-Aufstieg mit den Würzburger Kickers.
Nach Stationen bei Fürth, Ingolstadt und Regensburg schaffte der gebürtige Abensberger Johannes Kraus in dieser Saison den Zweitliga-Aufstieg mit den Würzburger Kickers. – Foto: Würzburger Kickers

Ein »Babone«, der die (Fußball-)Welt erobert?!

Niederbayerische Exportschlager: Johannes Kraus (21) +++ Nach einem Jahr und dem Aufstieg mit Würzburg will der Abensberger nun weiterziehen - mit dem großen Ziel: Stammplatz im Profibereich

Herzlich Willkommen in der 2. Liga. Der "Niederbayerische Exportschlager" Johannes Kraus schaffte in der vergangenen Saison den Aufstieg mit den Würzburger Kickers. Was viele aber noch gar nicht wissen: Der gebürtige Abensberger verlässt die Franken nach nur einem Jahr wieder. Er möchte sich bei einem anderen Verein endgültig durchsetzen im Profibereich, wie der 21-Jährige im FuPa-Interview betont. Er spricht darin aber auch über die Aufstiegsfeierlichkeiten, seine Jugendzeit im NLZ-Internat und natürlich über seine niederbayerische Heimat - allen voran den TSV Abensberg, die auch "Babonen" genannt werden.

Johannes, nachträglich noch herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg. Wie sind denn die Feierlichkeiten ausgefallen?
Erst einmal vielen Dank. Natürlich haben wir ausgiebig gefeiert (schmunzelt). Am Tag des Aufstieges ging es bis in den tiefen Morgen hinein. Mit nur wenig Schlaf haben wir uns dann gleich wieder mit der Mannschaft getroffen. Und zu guter Letzt standen dann noch die offiziellen Feierlichkeiten samt Eintrag im Goldenen Buch der Stadt an. Unbeschreiblich, Wahnsinn.

Fühlt mich sich ohne Einsatz die komplette Saison hinweg überhaupt als vollwertiges Mitglied der Mannschaft - und somit als vollwertiger Aufstiegs-Spieler?
Auf jeden Fall. Jeder Spieler war derart in die Mannschaft integriert, dass er einen wichtigen Anteil am Erfolg hat. Ich fühle mich also schon als vollwertiger Aufstiegs-Spieler.

»Ja, ich werde Würzburg verlassen«


Wie bewertest Du die Tatsache, dass die Kickers seit dieser Saison keine Zweitvertretung mehr haben, in der Du in dieser Spielzeit vielleicht Spielpraxis hättest sammeln können?
Für mich war eigentlich mit meinem Wechsel im vergangenen Sommer klar, dass ich mich in der ersten Mannschaft durchsetzen will. Deshalb hat es mich zu Beginn meiner Zeit in Würzburg überhaupt nicht interessiert, ob es eine 2. Mannschaft gibt. Später wäre es dann natürlich nicht so schlecht gewesen, auf diese Art und Weise etwas Spielpraxis sammeln zu können. Glücklicherweise hatten wir - auch während der Saison - viele Testspiele, in denen ich auf meine Minuten gekommen bin.

Nach nur einem Jahr in Diensten der Würzburger Kickers steht ein Wechsel im Raum. Was ist da dran?
Ja, ich werde Würzburg verlassen.

Warum?
Es hat natürlich die Option gegeben, noch ein Zweitliga-Jahr mitzunehmen und um einen Stammplatz zu kämpfen. Mir ist aber bewusst, dass es eine Klasse höher noch schwieriger wird, Minuten zu bekommen. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, eine neue Herausforderung auf mich zu nehmen, um mehr Spielzeit zu bekommen.



War es im Nachhein betrachtet vielleicht sogar ein Fehler, zu den Franken zu wechseln?
Überhaupt nicht. Ich nehme aus der Kickers-Zeit nur Positives mit. Ich habe mich hier deutlich weiterentwickeln können. Auch das Erlebnis mit dem Aufstieg wird für immer bleiben, das kann mir keiner mehr nehmen. Ich bin dem Verein aus diesen Gründen sehr dankbar.

Welche Voraussetzungen muss Dein potenzieller neuer Verein mitbringen?
Mein künftiger Arbeitgeber muss auf dem Niveau eines Drittligisten oder ambitionierten Regionalligisten sein. Das Ausland würde mich auch reizen.

Gibt es bereits Interessenten?
Es gibt bereits die ein oder andere Möglichkeit, wobei noch nichts spruchreif ist. Durch Corona ist der Transfermarkt heuer etwas eigenartig.

Fürth, Ingolstadt, Regensburg, Würzburg - seit 2015 hast Du für vier verschiedene Vereine gespielt. Warum bist Du so oft gewechselt?
Nach vier Jahren bei Greuther Fürth bin ich nach Ingolstadt in die dortige U19 gewechselt, weil mich einfach diese neue Herausforderung gereizt hat. Die Schanzer habe ich dann verlassen, weil mir bei Regensburg zugesichert worden ist, bei den Profis mittrainieren zu dürfen. Das habe ich auch gemacht. Eingesetzt wurde ich aber fast ausschließlich in der Bayernliga-Mannschaft. Würzburg hat mir dann Perspektiven aufgezeigt, tatsächlich im Profibereich aufzulaufen, weshalb ich wiederum gewechselt bin. Das hat sich also alles so entwickelt und ist keine bewusste Vorgehensweise.

Im Trikot von Jahn Regensburg sammelte der 21-Jährige erste Erfahrungen im Seniorenbereich.
Im Trikot von Jahn Regensburg sammelte der 21-Jährige erste Erfahrungen im Seniorenbereich. – Foto: Christian Brüssel


Böse Zungen könnten behaupten, Du hättest zu wenig Durchsetzungsvermögen.
Könnten sie, ja. Das interessiert mich aber nicht. Mit der Zeit habe ich gelernt, nur auf Tipps zu hören, die aus meinem engeren Umkreis kommen - und dann bin ich über Kritik auch sehr dankbar. Denn nur so kann ich lernen. In jüngeren Jahren habe ich mir manch dummen Kommentar noch zu Herzen genommen. Gott sei Dank jetzt nicht mehr.

Während Deiner Jugendzeit haben sich innerhalb Deiner Mannschaften die Spreu vom Weizen getrennt. Manche sind Profis wie Timothy Tillmann oder Du. Manche sind längst in den Schos des Amateurbereiches zurückgekehrt. Lange Rede, kurzer Sinn: Wie groß war der Druck in Deiner Juniorenzeit?
In den Nachwuchsleistungszentren gibt es nicht sehr viele Freunde. Jeder kämpft dafür für seinen eigenen Traum. Jeder will unbedingt Profi werden. Und es schaffen nur wenige Prozentpunkt aller Juniorenspieler tatsächlich diesen Sprung. Deshalb ist das Konkurrenzdenken sehr, sehr groß. Kicken kann eigentlich jeder, der in den Junioren-Bundesligen zum Einsatz kommt. Es geht dann eben nur um Nuancen, die entscheiden. Um sich durchsetzen zu können, ist neben Talent aus diesem Grund vor allem Disziplin nötig - und auch Glück.

»Heimat ist da, wo meine Familie lebt - in Abensberg«


Wie blickst Du mit Abstand auf diese Zeit zurück? Würdest Du alles wieder so machen?
Ich würde alles genauso wieder machen, ja. Ich würde wieder mit 16 Jahren das Elternhaus verlassen und würde wieder ins Internat gehen. Seit meiner Kindheit lebe ich dafür, Profi zu werden. Und ich war bereit, für diesen Traum auf einiges zu verzichten - was sich auch ausgezahlt hat. Ganz nebenbei bin ich früher erwachsen geworden. Ich denke schon, dass ich im Kopf weiter bin als manch anderer 21-Jährige.

Viele Stationen in ganz Bayern, generell ein Vagabunden-Leben als Fußballer - was bedeutet für Dich Heimat?
Heimat ist für mich da, wo meine Familie, meine wichtigsten Menschen, wohnen und leben. Bin ich bei denen, fühle ich mich wohl - und das ist in Abensberg.

Wie viel Niederbayern steckt noch in Dir?
Abgesehen von der Tatsache, dass Abensberg, also eine niederbayerischer Stadt, als Geburtsort für immer in meinem Personalausweis stehen wird, doch einiges: Komme ich nach Hause, kann ich relativ schnell in den Dialekt-Modus umschalten. Ich bin relativ früh ausgezogen, habe schnell die große Fußballwelt entdeckt, aber meine Abstammung bleibt für immer.

Nach dem Aufstieg in die 2. Liga durfte sich Kraus in das Goldene Buch der Stadt Würzburg eintragen.
Nach dem Aufstieg in die 2. Liga durfte sich Kraus in das Goldene Buch der Stadt Würzburg eintragen. – Foto: Würzburger Kickers


Welche Erinnerungen hast Du an Deine Zeit bei den "Babonen"?
Die ersten Schritte auf einem Fußballplatz als linker Mittelfeldspieler; die vielen Turniere in der Umgebung; mein erster Trainer Saiko Jasarevic, der noch heute ein enger Freund meiner Familie ist; Alles Dinge, die ich nie vergessen werde. Eine schöne Zeit.

Besteht noch Kontakt zum TSV Abensberg?
Zu Spieler nicht, eher zu den Verantwortlichen. Erst kürzlich haben sie mir erlaubt, mit meinem Personaltrainer auf der TSV-Anlage trainieren zu dürfen. Danke nochmal in diesem Rahmen dafür.

Gibt es typische, dem Landstrich zugerechnete Eigenheiten wie beispielsweise die Sturheit, die Du in Dir ab und an wiederentdeckst?
Wenn dann die Bodenständigkeit (schmunzelt). Mir wurde schon früh mit auf dem Weg gegeben, auf dem Boden zu bleiben und jedem Menschen mit Respekt zu begegnen.

Wirst Du als Niederbayern wiedererkannt?
Eigentlich nicht mehr. Das liegt vor allem daran, dass ich von Hochdeutsch zu Dialekt ohne Probleme umschalten kann. Und das sogar, ohne überlegen zu müssen. Sobald ich mit jemanden zu tun habe, der Mundart spricht, funktioniert es bei mir auch wieder - und umgekehrt.

Sauwa song ma. Danke für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft.

Aufrufe: 010.8.2020, 06:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor