2024-06-14T14:12:32.331Z

Totopokal
Verhalten fiel der Jubel der siegreichen Münchner Löwen über den glücklichen Sieg nach durchwachsenem Spiel aus. ro
Verhalten fiel der Jubel der siegreichen Münchner Löwen über den glücklichen Sieg nach durchwachsenem Spiel aus. ro

TSV 1865 Dachau mit ganz bitterem Aus gegen 1860 München

Großer Dachauer Kampf wird nicht belohnt

Der TSV 1865 Dachau hat die Sensation nur ganz knapp verpasst. Der Bayernligist unterlag gestern Abend dem TSV 1860 München nach großem Kampf mit 5:6 (0:0) nach Elfmeterschießen.

Dachau-Völkerwanderung in blau und weiß. Schon Stunden vor dem Anpfiff trafen die ersten Löwenfans in Dachau ein, bei herrlichem Spätsommerwetter pilgerten sie zu Fuß die wenigen hundert Meter zum 65-Stadion an der Jahnstraße. 30 Beamte der Bereitschaftspolizei und acht Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr waren im Einsatz.

Doch nicht nur aus der Landeshauptstadt waren die 60-Anhänger zum Pokal-Hit gekommen, auch die hiesigen Anhänger des Münchner Traditionsvereins freuten sich über die Gelegenheit, die Sechzger mal live gleich vor der Haustüre zu erleben.

Gregor Holzer (60!) aus Dachau war zusammen mit seinem Papa Max (86) ins Stadion gekommen. „Der Vater war schon immer ein Löwe, hat die Meistermannschaft noch spielen gesehen“, erzählt Gregor Holzer. „Ich muss gestehen, dass ich bis zum 14. Lebensjahr ein Roter war, dann haben mich Freunde mal zu einem Löwenmatch mitgenommen und seitdem bis auch ich ein Blauer.“

Als die Aufstellungen verlesen wurden wirkten einige Zuschauer ein wenig überrascht; mit Felix Weber, Daniel Wein, Efkan Bekiroglu und Leon Klassen standen nur vier Mann in der Münchner Startelf, die auch vier Tage zuvor im Drittligaspiel beim Chemnitzer FC von Beginn an gespielt hatten. Auf der Bank saßen u.a. der Ex-Duisburger Sascha Mölders, Fabian Greilinger, der aus dem Landkreis Dachau stammende Dennis Dressel und der linke Außenverteidiger Philipp Steinhart.

Auch die 65-Kicker starteten nicht mit allen Assen, so saßen u.a. Top-Torjäger Christian Doll und Neuzugang Felix Breuer zunächst nur auf der Ersatzbank.

Den ersten Eintrag in den Spielbericht sicherte sich der Münchner Kristian Böhnlein, er wurde schon in der 5. Minute für ein Foul an Sebastian Brey verwarnt.

Und auch die erste Torchance hatten die Gäste, nach einer Ecke wuchtete 65-Keeper Max Mayer das Spielgerät mit der Faust aus der Gefahrenzone (13.).

Die Hausherren zeigten allerdings keinen Respekt, sie spielten munter mit und kamen durch Kevin Volland nach einer Viertelstunde ebenfalls zu einer ersten vielversprechenden Torannäherung. Danach löste sich die Fotografentraube hinter dem Dachauer Tor langsam auf – vielleicht fällt das erste Tor ja doch auf der anderen Seite...?

Vor allem das Umschaltspiel des Herausforderers aus Dachau funktionierte gut, hätte Daniel Wein nicht so gut antizipiert wäre bei einem Überzahlangriff der Dachauer in der 18. Minute wohl das 1:0 fällig gewesen.

Die größte Chance in der ersten halben Stunde hatten dann aber doch die Löwen. Maximilian Mayer stand bei dem Kopfball von Markus Ziereis nach einer Maßflanke vom Stefan Lex goldrichtig, er parierte souverän und bewahrte den TSV Dachau so vor dem 0:1 (21.). Nur 180 Sekunden später tauchten die Löwen erneut gefährlich vor dem 65-Kasten auf, diesmal vergab Noel Niemann, der den von einem Dachauer Abwehrbein abgefälschten Ball nicht im leeren Tor unterbringen konnte.

Die 60-Spieler mussten sich also in Geduld üben, sie mussten allerdings auch höllisch aufpassen, von den quirligen Dachauern nicht ausgekontert zu werden. Geduld benötigten auch die Durstigen unter den 65- und 60-Fans, denn die Schlange am Bierstand bewegte sich zeitweise nur im Schneckentempo vorwärts. „Immerhin stehen wir etwas erhöht, sodass wir das Spiel auch beim Warten auf den Gerstensaft verfolgen können“, meinte ein Anhänger lachend.

In der Schlussviertelstunde des ersten Durchgangs tauchten die Gäste dann häufiger vor dem 65-Kasten auf, doch Dachaus Schlussmann Maximilian Mayer behielt die Übersicht und parierte auch bei Schüssen aus kürzester Entfernung (Markus Ziereis, Efkan Bekiroglu) ganz stark.

Kurz vor dem Halbzeitpfiff probierte es dann Dachaus neuer Wirbelwind Ryo Kikuchi aus der Distanz, doch der Schuss aus 20 Metern konnte Löwenkeeper Marco Hiller nicht überraschen. Wenig später rumpelten die Münchner Marco Hiller und Herbert Paul beim Abwehrversuch gegen den frei zum Kopfball kommenden, allerdings im Abseits stehenden Kikuchi hart zusammen, beide mussten behandelt werden. Herbert Paul blieb nach der Pause draußen, für ihn kam Marius Willsch in die Partie.

65-Fußball-Boss Ugur Alkan meinte beim Gang in die Kabine: „Okay, München 60 könnte sicherlich mit 1:0 führen, aber wir machen es defensiv wirklich gut für eine Mannschaft, die zwei Spielklassen niedriger spielt als die Löwen.“

Der Bayernligist aus Dachau hatte sich das Remis zur Pause durch einen disziplinierten und beherzten Auftritt verdient, den im ersten Durchgang enttäuschenden Drittligakickern aus München mangelte es im Abschluss an der nötigen Konsequenz.

Auch nach dem Seitenwechsel setzten die Hausherren engagiert jedem Ball nach, man ließ dem Favoriten kaum Luft zum Atmen.

Große Aufregung dann in Minute 54: Klassen fällt im Strafraum, der Pfiff bleibt aus. Niemann passt die Kugel zurück zu Klassen, der von einem Dachauer Abwehrspieler am Torschuss gehindert wird. Nach der Ecke tropft die Kugel vor die Füße von Bekiroglu, der aus 19 Metern haarscharf verzieht.

Nach einer Stunde machte sich langsam Nervosität breit unter den Löwenfans, denn eine Verlängerung gibt’s im Totopokal nicht. Einem Remis folgt sofort das Lotteriespiel Elfmeterschießen...

Das 60-Trainerteam reagierte, brachte in der 63. Minute mit Timo Gebhart einen mit allen Wassern gewaschenen Routinier für den glücklosen Efkan Bekiroglu.

Mit zunehmender Spieldauer wurden die Dachauer immer selbstbewusster. Bestes Beispiel war Niko Grotz, der den vor der Pause sehr agilen Stefan Lex immer besser in der Griff bekam und so eine der Schaltzentralen der Löwen neutralisierte.

Eine Viertelstunde vor Schluss ersetzte der TSV 1865 Dachau das total ausgepumpte Laufwunder Ryo Kikuchi durch Nickoy Ricter, man hoffte auf den lucky punch in der Schlussphase. Ricter kam auch gleich zum Abschluss, doch sein Schuss war nicht platziert genug und stellte Hiller vor keine nennenswerten Probleme (76.).

Zehn Minuten vor Schluss hatte 60-Coach Daniel Bierofka genug gesehen, er rief Sascha Mölders zu sich und wechselte den Torjäger wenig später – unter dem tosenden Beifall der Löwenfans – für den enttäuschenden Simon Seferings ein.

Mölders Einwechslung war für die Hausherren das Fanal zur Attacke, sie störten jetzt noch früher und versuchten so, die Gäste zu Fehlern zu zwingen. Von Nervosität bei den Dachauern keine Spur, sie witterten ihre Chance und wollten diese entschlossen beim Schopfe ergreifen. Und dann brachten auch die Gastgeber ihre Geheimwaffe, drei Minuten vor Schluss wechselte Dachau Goalgetter Christian Doll für Hüseyin Ceker ein. „Noch drei Minuten bis Buffalo“, tönte es 180 Sekunden vor Schluss aus den Lautsprechern, die Fans der TSV 1865 Dachau quittierten den Zwischenruf mit einem lauten Gejohle...

Und nach nur zwei Minuten Nachspielzeit, es war ja kaum etwas passiert, der Abpfiff – Elfmeterschießen.

Die Löwen fangen an, 1:0 durch Daniel Wein. Für Dachau tritt Alexander Weiss an – 1:1. Markus Ziereis bringt München wieder in Front, doch Robin Volland gleicht aus. Weiter geht’s Schlag auf Schlag. Felix Weber erzielt das 3:2 für München, Merlin Höckendorff gleicht aus. Timo Gebhart stellt auf 4:3 für Sechzig, Niko Grotz macht das 4:4. Dann muss Sascha Mölders ran – 4:5, doch auch Mario Maric trifft – 5:5. Nach Kristian Böhnleins 6:5 ist es dann Sebastian Brey, dem die Nerven versagen. Fehlschuss, 1860 steht im Viertelfinale.

Stenogramm

TSV 1865 Dachau - TSV 1860 München 5:6 (0:0) nach Elfmeterschießen
TSV 1865 Dachau:
Maximilian Mayer, Fabian Lamotte, Alexander Weiser, Alexander Weiss, Merlin Höckendorff, Nikolaus Grotz, Sebastian Brey, Robin Volland, Mario Maric, Hüseyin Ceker (87. Christian Doll), Ryosuke Kikuchi (73. Nickoy Ricter).

TSV 1860 München: Marco Hiller, Felix Weber, Stefan Lex, Simon Seferings (80. Sascha Mölders), Daniel Wein, Noel Niemann, Efkan Bekiroglu (63. Timo Gebhart), Markus Ziereis, Herbert Paul (46. Marius Willsch), Leon Klassen, Kristian Böhnlein.

Schiedsrichter: Thomas Berg.
Zuschauer: 2489.

Tore: Fehlanzeige.

Elfmeterschießen: 0:1 – Daniel Wein. 1:1 - Alexander Weiss. 1:2 – Markus Ziereis. 2:2 – Robin Volland. 2:3 – Felix Weber. 3:3 – Merlin Höckendorff. 3:4 – Timo Gebhart. 4:4 – Niko Grotz. 4:5 – Sascha Mölders. 5:5 – Mario Maric. 5:6 – Kristian Böhnlein. Sebastian Brey verschießt.

Löwenkeeper Marco Hiller tröstet Sebastian Brey nach dessen Fehlschuss. ro Kopf und Kragen musste Hiller bei diesem Kopfball von Ryo Kikuchi – genannt Hubschrauber – riskieren. ro Einmal Löwe, immer Löwe: Wenige Monate nach seinem 60. Geburtstag besuchte der Dachauer Gregor Holzer (li.) zusammen mit seinem Papa Max (Baujahr 1933) das Pokalmatch. Ebenfalls mit von der Partie: Löwenfan Thomas Heufers (rechts). ro
Aufrufe: 04.9.2019, 09:36 Uhr
Münchner Merkur / tz / Robert Ohl / Rolf GerckeAutor