2024-05-02T16:12:49.858Z

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Felix Weber führt den TSV 1860 als Kapitän in ein neues Zeitalter. Foto:Christina Pahnke / sampics
Felix Weber führt den TSV 1860 als Kapitän in ein neues Zeitalter. Foto:Christina Pahnke / sampics

Löwen-Kapitän Weber: "1860 ist mein Verein"

Der 22-Jährige im Interview

Der Ohlstädter Felix Weber (22) führt den TSV 1860 München als Kapitän in ein neues Zeitalter.

Ohlstadt – Seit 13 Jahren spielt Felix Weber beim TSV 1860 München Fußball. Ausgerechnet eine der schwärzesten Stunden des Münchner Chaos-Klubs ist, wenn man so will, das große Glück des 22-jährigen Ohlstädters. Weber kündigte trotz auslaufenden Vertrags und diverser höherklassiger Angebote bereitwillig als einer der ersten Spieler seinen Verbleib an. Im Gespräch mit Tagblatt-Mitarbeiter Oliver Rabuser erklärt er seine Entscheidung und blickt auf die Turbulenzen der vergangenen Wochen zurück.

-Im Juni verging kaum ein Tag, an dem nicht spektakuläre Meldungen für neue Unruhen bei den Löwen sorgten. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Das ist alles wirklich sehr schnell gegangen. Zunächst haben wir geglaubt, in die Dritte Liga abgestiegen zu sein; plötzlich ging es noch weiter runter. Ganz sicher konnte man sich nie sein.

-Sie sind im Relegations-Rückspiel vor über 60 000 Zuschauern ausgewechselt worden. Wie sehr schmerzte das?

Der Trainer wollte aufgrund der Situation eben noch offensiver spielen. Kein Problem. Der Abstieg war wesentlich schlimmer. Es dauerte ein bis zwei Wochen, ehe ich das verarbeitet hatte. Die Meldungen von der drohenden Insolvenz waren auch nicht gerade zum Lachen. Gut, dass Pause und Urlaub angesagt waren.

-Trotz all der Negativ-Erlebnisse und Ungewissheit haben Sie frühzeitig kommuniziert, bei den Löwen bleiben zu wollen. Auf den Gedanken würden heutzutage gewiss nicht viele Fußballer kommen.

Für mich war ziemlich schnell klar, dass ich bleibe. Ich wollte das unbedingt. Vor allem, als sich abzeichnete, dass Biero (Daniel Bierofka, Anm.d.Red) Trainer wird. Ich habe richtig Bock auf den Neustart. 1860 ist mein Verein. Ich bin ein Blauer.

-Das ist eine klare Ansage. Wie sah es mit anderen Angeboten aus?

Die gab es natürlich. Gar keine schlechten obendrein. Die meisten aus dem Bereich der Dritten Liga. Aber ich habe mich schnell und anders entschieden. Für die Löwen.

-Sie haben Daniel Bierofka angesprochen. Pflegen ein spezielles Verhältnis zu dem Ur-Löwen. Er hat auch stark um Sie geworben. Was macht den neuen Cheftrainer so besonders?

Er ist seit zweieinhalb Jahren mein Coach. Ich verstehe mich auch neben dem Platz gut mit ihm. Er möchte immer das Maximale erreichen, kitzelt durch seinen Trainingsfleiß und Ehrgeiz das Optimum aus den Spielern heraus. Er hat mich in der Tat im Urlaub öfter angerufen, aber nie zu etwas gedrängt. Wäre ein anderer Trainer gekommen, hätte ich vielleicht länger überlegt.

-Sie haben für die drei Jahre unterschrieben. Wie ist Ihr Plan mit den Löwen?

Das erste Jahr wird sicher schwierig. Wir müssen erst Konstanz reinbringen. Danach wollen wir in jedem Fall angreifen. Ich möchte irgendwann schon höherklassiger spielen; am liebsten natürlich mit Sechzig.

-Vereinstreue und Leistung zahlen sich aus. Sie führen „Ihre“ Blauen nun als Kapitän an. Das muss sich wie im Märchen anfühlen.

Es macht mich noch stolzer, als Kapitän bei den Amateuren zu sein. Allerdings wird auch der Druck etwas größer. Ich stehe plötzlich mehr im Mittelpunkt. Es ist aber alles noch im Rahmen.

-Ist die Spielführer-Binde auch ein wenig Genugtuung für die Entbehrungen der vergangenen Jahre? Mehrmals waren Sie auf dem Sprung zu den Profis, ehe Ihnen jedes Mal ein anderer Verteidiger vor die Nase gesetzt wurde.

Das war schon hart zu verkraften, keine Frage. Aber auch da hat Biero zu mir gesagt, ich soll immer weitermachen. Ehrlich hätte ich mir schon gewünscht, dass es eher klappt. Aber mit 22 Jahren ist das auch noch okay. Ich spiele zwar nach wie vor in der vierten Liga, aber jetzt mit anderen Grundvoraussetzungen und Rahmenbedingungen.

-Wie geht die junge Mannschaft mit der neuen Situation um?

Man merkt, dass jeder Lust auf den Saisonstart hat. Wir haben gute Testspiele absolviert. Bei mir persönlich ist es pure Vorfreude. Vor allem, weil wir im Grünwalder Stadion vor vielen Zuschauern spielen.

-Giesing – die Heimat der Löwen. Spürt man die Begeisterung über die Rückkehr beim Anhang?

Voll. Wir hatten im Trainingslager einen Fanabend. Da hat man gemerkt, wie heiß das Umfeld ist.

-Wie reagieren Sie auf die täglichen Wasserstandsmeldungen aus den vielen, schier unerschöpflichen medialen Quellen?

Ehrlich: Ich bin inzwischen soweit, dass ich mir die meisten Artikel gar nicht mehr richtig durchlese. Oft sogar nur die Überschrift. Wir wären alle froh, wenn es wieder etwas ruhiger werden würde.

-Sie haben altersbedingt weit weniger der umfangreichen Vereinshistorie selbst miterlebt. Dennoch: Was fesselt einen Spieler und Fan so martialisch an den TSV?

Ganz klar: die Fans. Bei den meisten anderen Vereinen hätten viele Anhänger in den vergangenen zehn Jahren die Lust verloren. Bei 1860 wird der Andrang nach Krisen größer. Das ist bemerkenswert.

-Auch ganz Ohlstadt ist stolz auf ihren Werdegang. Wie erleben Sie das?

Es ist sehr schön. Ich versuche aber, mir keinen großen Kopf darüber zu machen. Ich bin ein bodenständiger Bursch’, abheben ist nicht mein Ding. Aber es ist schon toll, wenn das Heimatdorf sich so stark für mich interessiert.

Aufrufe: 05.7.2017, 09:16 Uhr
Garmisch Partenkirchener Tagblatt: Oliver RabuserAutor