2024-04-25T14:35:39.956Z

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Die Mannschaft des TSV 1860 München auf einer Ehrenrunde durch das Grünwalder Stadion.
Die Mannschaft des TSV 1860 München auf einer Ehrenrunde durch das Grünwalder Stadion.

Eine 1860-Bilanz nach der Rückkehr ins alte Stadion

„Fans nehmen Regionalliga an“

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Im Juni sagte 1860 München dem Profifußball „Servus“ - knapp 100 Tage nach dem Neustart in der Regionalliga spricht der Verein von einem zurückgewonnenen Image als bodenständiger Fußballclub.

München - Zuschauerrekorde in der Regionalliga, haufenweise Neueintritte in den Verein und Euphorie in der alten Heimstätte Grünwalder Stadion: Auf den ersten Blick scheint 1860 München den Schock über den Abstieg in die vierte Liga verarbeitet zu haben.

Ein Spiel gegen den FC Augsburg II wurde jüngst wegen der hohen Nachfrage ins Bundesliga-Stadion der Schwaben verlegt, die Karten für das brisante Stadtderby gegen Bayern München II am kommenden Sonntag (15.00 Uhr/Sport1) waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft.

„Fans nehmen Regionalliga an“

„Der TSV 1860 und seine Fans nehmen die Regionalliga sehr gut an“, sagt Rainer Koch, Präsident des Bayerischen Fußball-Verbands. „Das zeigt der Run auf die Tickets für praktisch alle Heim- und Auswärtsspiele und die hervorragende Stimmung im Grünwalder Stadion.“

„Nach dem Abstieg war da Leere, aber jetzt freut man sich über das neue Image als bodenständiger Regionalligist“, meint ein Vorsitzender des Vereins „Freunde des Sechz'ger Stadions e.V.“

Präsident Robert Reisinger beschreibt den Abstieg aus der 2. Liga als Chance, 1860 „wieder näher zu den Menschen zu bringen, die diesen Verein lieben und ihn als den ihren begreifen“. Mitgliederzahlen scheinen das zu bestätigen: 2700 Neueintritte in den Verein gab es von Juni bis August - dem stehen nur 200 Austritte gegenüber. Insgesamt haben die „Löwen“ rund 21 000 Mitglieder.

Die Regionalliga ist dank 1860 München so beliebt wie nie zuvor. Die Übertragungsrechte in der höchsten bayerischen Spielklasse liegen beim TV-Sender Sport1. Dort wurden bisher drei Spiele der Löwen im Fernsehen gezeigt - mit Zuschauerzahlen zwischen 180 000 und 270 000. Sieben weitere Partien von 1860, die nicht im Free-TV übertragen wurden, hat Sport1 als Livestream im Internet gesendet - erstmalig für Spiele aus der Regionalliga, die nicht gleichzeitig im Fernsehen liefen. Stichproben ergaben über 120 000 Zuschauer pro Stream. Das Stadtduell am Sonntag zeigte der Spartensender im Fernsehen.

Die Zuschauerzahlen dürften auch an der „fantastischen“ Stimmung im Grünwalder Stadion liegen, wie Cheftrainer Daniel Bierofka es auf dpa-Nachfrage beschreibt. „Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass in irgendeinem Spiel mal fünf Minuten Ruhe war“, erzählt er. „Es ist halt alles sehr eng, sehr laut - da gibt's schon Gänsehaut.“

Fans sind gespalten

Nicht jeder stimmt in diese Euphorie ein. „Der ganze Verein ist gespalten“, meint Andreas Kern von „ARGE“, einem Verband aus 510 Löwen-Fanclubs mit rund 38 000 Mitgliedern. „Das Meinungsspektrum geht von „Ich geh nicht in die Ruine“ bis zu „Ich will nicht mehr raus““, sagt er über die Rückkehr ins Grünwalder Stadion.

„Wenn du einmal mit einem 1er BMW gefahren bist, willst du dich halt nicht mehr in eine alte Karre setzen“, hatte es ein älterer Fan jüngst beim Verlassen des Stadions im Stadtteil Giesing formuliert.

In die Grünwalder Heimstätte passen wegen Sicherheitsvorschriften, Lärmschutz und Baumängeln derzeit nur 12 500 Zuschauer. Ende des Jahres befasst sich der Stadtrat mit einer Aufstockung um 2500 Plätze. Doch auch dann würden weiter zahlreiche Fans leer ausgehen.

„Perspektivisch sieht's im Grünwalder sehr mager aus“, sagt Kern. „Wir wollen ja wieder Profifußball machen.“ Und wo wird bei einem Aufstieg in die 2. Liga gespielt? Das Grünwalder ist nicht zweitligatauglich, eine Rückkehr in die Allianz Arena des FC Bayern ist ausgeschlossen. Die einst kühnen Pläne des umstrittenen Investors Hasan Ismaik für ein neues Stadion - samt Löwen-Gehege - sind vorerst ad acta gelegt.

Näher an den Menschen sind die „Löwen“ im Grünwalder Stadion allein schon räumlich betrachtet - doch ihre strukturellen und langfristig drohenden Probleme lösen sie auch auf diesem Rasen nicht.

dpa

Aufrufe: 018.10.2017, 14:10 Uhr
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