2024-05-10T08:19:16.237Z

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Nach dem Mexiko-Spiel im Luschnikistadion: Julian Draxler (v.l.), Mario Gomez und Julian Brandt gehen nach dem Abpfiff enttäuscht vom Platz. Foto: dpa
Nach dem Mexiko-Spiel im Luschnikistadion: Julian Draxler (v.l.), Mario Gomez und Julian Brandt gehen nach dem Abpfiff enttäuscht vom Platz. Foto: dpa

Trainer und Spieler sehen die Sache so

Sie vermissen bei Jogis Team Siegeshunger und Laufbereitschaft . Experten aus dem Nordkreis glauben aber weiter an den Erfolg.

Keine Autokorsos, die Pfanne mit dem scharfen Mexiko-Chili wanderte ungegessen in den Kühlschrank, Aftergame-Parties wurden erst gar nicht gefeiert: Die Stimmung an der Basis ist eine Mischung aus Frust und Enttäuschung. Mehr noch: Unter den Fußballfans im Nordkreis geht die Angst um. Der Weltmeister könnte schon nach der Vorrunde wieder nach Hause fliegen. So empfinden es viele nach der 0:1-Niederlage im Auftaktspiel gegen Mexiko. Die Trainer im Kreis sehen das etwas gelassener. Oder aber: Sind die DFB-Stars satt? Hätte man – wie beim gewonnenen Confed-Cup – die Mannschaft deutlich verjüngen sollen? Welche Aussichten haben die deutschen Kicker noch? Was wäre Jogi Löw zu empfehlen? Wird aus „Schland“ noch „Schand“? Was sagen Trainer und Spieler aus dem Nordkreis dazu?

Herbert Meys, Trainer des A-Junioren-Bundesligisten Alemannia Aachen, vermisste bei der DFB-Elf „Siegeshunger und Laufbereitschaft. Da hätten sich unsere Spieler bei den Isländern oder Schweizern einiges abgucken können.“ Der Würselener ist der Ansicht, „die Deutschen sind satt“. Außerdem sei es ein schwerer Fehler von Bundestrainer Jogi Löw gewesen, „dass er Leroy Sané nicht mitgenommen hat“. Er oder auch Brandt und Reus seien hungrige Leute, die etwas bewegen können. Meys: „Wie Reus reinkam, konnte man sehen, dass sich etwas bewegt. Dadurch wurden auch andere Spieler mitgerissen.“ Wie sind nun die Aussichten für die verbleibenden beiden Gruppenspiele? „Ich glaube nicht, dass man von heute auf morgen den Schalter so schnell umlegen kann. Jogi Löw wird sich Gedanken machen müssen, wen er gegen Schweden spielen lässt!“ Außerdem befindet der sehr erfahrene Coach: „Ich glaube nicht, dass zum Beispiel ein Özil mehr Einsatzbereitschaft zeigen wird.“

„Das wird schon“, beruhigt sich Raphael Garcia-Castel. Der ehemalige Oberligaspieler des SV Baesweiler 09 rechnet fest damit. „Deutschland wird sich durchsetzen. Die Qualität im Kader ist da.“ Der mit spanischen Wurzeln behaftete Trainer sagt auch: „Die deutschen Spieler wissen ganz genau, um was es geht, und das wird sich in den nächsten beiden Partien zeigen. Die werden sie gewinnen.“ Garcia rechnet damit, dass Deutschland ebenso wie Frankreich oder Brasilien und vielleicht auch noch Spanien „sehr weit kommen wird“. Man darf allerdings nach seiner Meinung einen Fehler nicht machen: „Wenn du die sogenannten Kleinen nicht ernst nimmst, liegst du schnell mal hinten oder bist draußen.“

„Erschreckend schwach“ sah Frank Raspe, der Concordia Oidtweiler vor einer guten Woche vor dem Abstieg aus der Bezirksliga bewahrte, die DFB-Auswahl gegen Mexiko. Ihm fiel besonders auf, wie „unfit unsere Spieler wirken“. Außerdem ist „die Mannschaft sehr abenteuerlich und ohne Ordnung durchs Spiel gegangen“. Nach seiner Auffassung hätte Marco Reus von Beginn an spielen müssen. Und: „Ich hätte niemals Leroy Sané aus dem Kader entfernt.“ Raspe sagt auch: „Unser Mittelfeld ist in die Jahre gekommen.“ Dabei sei Sami Khedira „viel zu langsam“ und Mesut Özil „zeigt ein paar Minuten seine Klasse, um dann wieder abzutauchen. Damit machst du kein Spiel.“ Auch wenn Frank Raspe überzeugt ist: „Die nächsten Partien gegen Schweden und Südkorea gewinnen wir“, so mahnt er doch an: „Ich kann nicht verstehen, warum Jogi Löw so an seinen Lieblingen festhält.“

Als aktiver Torwart, der von der Mittelrhein- bis zur Bezirksliga unterwegs war, liest Ayhan Kalayci (36) ein Spiel etwas anders. Der Co-Trainer des SC Kellersberg wird ein Gefühl nicht los: „Die deutschen Spieler fühlen sich in ihrem Quartier nicht wohl, und das schlägt sich auch auf die Laune nieder.“ Er hat gegen Mexiko gesehen: „In der Defensive herrschte Chaos. Nur Hummels und Boateng haben einen vernünftigen Job gemacht.“ Dennoch glaubt er: „Deutschland hat gepatzt, aber die werden das noch drehen und die Vorrunde überstehen.“ Indes hat er sich von der spanischen Spielweise – trotz des Unentschieden gegen Portugal – einigermaßen überzeugen lassen.

„So, wie sie spielen, schaffen sie es bis ins Finale.“ Und wer wäre der Gegner? „Ich weiß, dass es nicht dazu kommt, aber mein Herzenswunsch wäre, wenn es Island schaffen würde und auch Weltmeister wird.“ Und noch ein Thema berührt den „Einser“ des SC Kellersberg: „Man sollte diese Özil-Gündogan-Geschichte nicht immer hochkochen, sondern sich auf die Mannschaft konzentrieren.“

„Die deutschen Spieler fühlen sich in ihrem Quartier nicht wohl, und das schlägt sich auch auf die Laune nieder.“

Ayhan Kalayci,
SC Kellersberg

Aufrufe: 019.6.2018, 06:00 Uhr
Sigi Malinowski | AZ/ANAutor