2024-05-10T08:19:16.237Z

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Alexander Hermann | Foto: Meinrad Schön
Alexander Hermann | Foto: Meinrad Schön

SV Weil: Die Leidensgeschichte des Alexander Hermann

Der Offensive des Landesligisten SV Weil würde er gut tun, doch eine Rückkehr des verletzungsgeplagten Alexander Hermann ist nicht in Sicht

Nach holprigem Saisonstart findet sich der Fußball-Landesligist SV Weil immer besser zu Recht. Einziges Manko: Ein paar Tore mehr könnten es schon sein. Der einzige gelernte Stürmer im Kader, Alexander Hermann, hat seit 2015 kein Spiel mehr bestritten. Eine Leidensgeschichte.
Fraglos. Es läuft rund beim SV Weil. Seit sieben Spielen hat das Team von Trainer Tobias Bächle nicht mehr verloren. Zuletzt waren es fünf Siege am Stück. Und das, nachdem der Saisonstart einen ganz anderen Trend hatte vermuten lassen. Noch Mitte September schaute das Bächle-Team auf eine Serie von fünf Niederlagen in Folge zurück.

Der Analytiker und Ruhepol Bächle hat damals die Ruhe bewahrt, betonte, das Team brauche nach der Urlaubsphase Zeit – und er hat Recht behalten. „Seit wir vollzählig sind, herrscht großer Konkurrenzkampf“. Derzeitiges Aushängeschild: Die Defensive, die in 13 Spielen 18 Tore zugelassen hat. „Wir stehen jetzt tiefer, haben so eine große Stabilität.“

Tobias Bächle: „Uns fehlt einer wie Alex.“

Also alles heiter Sonnenschein? „Wir erarbeiten uns zwar viele Chancen, lassen dann aber viele ungenutzt“, kritisiert der Basler Unidozent. Gerade 19 Hütten hat sein Team verzeichnet. Nur die Teams auf den Abstiegsrängen haben weniger Tore geschossen. Die Kaltschnäuzigkeit fehlt. Jüngstes Beispiel: Der 1:0-Erfolg gegen den VfR Hausen. „Da haben wir acht Hundertprozentige liegen gelassen.“ Trotz Siegesserie sind sie in Weil daher auf der Suche. Brandgefährlich und abgezockt soll er sein: Torjäger gesucht.

„Uns fehlt einer wie Alex“, findet Bächle. Mit vollem Namen heißt der Vermisste Alexander Hermann. Als er 2015 nach Weil wechselte, galt der 19-Jährige als Spieler mit Zukunft, als einer, um den sich etwas aufbauen lässt. Beim Kreisligisten SV Hochdorf hatte er mit 13 Saisontoren auf sich aufmerksam gemacht, an der dualen Hochschule in Lörrach nahm er sein Wirtschaftsingenieursstudium auf, wechselte nach Weil, und schlug ein. Bereits nach zwölf Spieltagen konnte er auf sieben Treffer zurückblicken. Auffälligkeit damals allerdings schon: Keine seiner 14 Partien spielte er durch. Spätestens nach 70 Minuten war Schluss. „Die Fitness war da schon nicht mehr da“, gesteht Hermann heute. Die Schmerzen im Leistenbereich waren kaum mehr auszuhalten. Nach dem 3:1-Erfolg über den FV Herbolzheim Ende November 2015 war Schluss. Diagnose Schambeinentzündung. Seitdem hat der heute 22-Jährige kein Spiel mehr gemacht.

„Manchmal“, sagt Hermann nach dem er die Lernunterlagen für die Uni beiseite gelegt hat, „da merke ich es gar nicht mehr.“ Mittwochabend ist eigentlich Trainingsabend, nicht für ihn. Im Sommer hatte er einen Monat mit dem Team trainiert. Schuften fürs große Comeback. Hoffnungsschimmer am Horizont der eigenen Kicker-Karriere. Dann aber kamen die Schmerzen zurück und die bittere Erkenntnis: „Mittlerweile ist es Alltag, dass da kein Fußball mehr ist.“ Immerhin, Möglichkeiten zur Ablenkung gibt es zur Genüge. Der Umzug mit der Freundin, die Arbeit bei einem internationalen Anbieter für Messgeräte und Verfahrenstechnik, die Hochschule. Freizeit- und Ausbildungsstress machen Fußball vergessen. „Ich bin ehrlich, in letzter Zeit war ich weniger beim Team“, sagt Hermann.

Hermann gibt keine Rückkehr-Prognosen mehr

Einzig mit Trainer Bächle steht er in regelmäßigem Austausch. Der Übungsleiter hat den Stürmer nie in einem Punktspiel gesehen, schätzt aber dessen Qualitäten: „Der macht einfach, will das Tor.“ Schnörkellosigkeit als Markenzeichen eines Phantomstürmers. „Er hat mehrmals den Arzt wechseln müssen, die Spritzen, dann Kortison, die Schmerzen sind kurz weg, kommen aber immer wieder“, sagt Bächle. Daher hat der Sportwissenschaftler strikte Physiotherapie verordnet. „Derzeit denken wir, dass die Entzündung von einer Schiefstellung in der Hüfte herrührt“, erklärt Hermann. Prognosen zu einem Rückkehrtermin will er nicht mehr geben. Er sei einfach „oft enttäuscht worden“.

Am Wochenende gegen den kecken Aufsteiger SV Ballrechten-Dottingen ist er mal wieder dabei. Wie immer aber – nur als Zuschauer auf der Bank. „Es wird ein heißer Kampf“, sagt Bächle. Hermann wird nur von außen mitfiebern können.
Aufrufe: 09.11.2017, 20:00 Uhr
Jakob Schönhagen (BZ)Autor