2024-05-17T14:19:24.476Z

Interview
– Foto: Henrik Martinschledde

SW Sende: Einkaufen für den Nachbarn? Kein Problem!

Jürgen Prüfer, Trainer von Bezirksligist SW Sende, spricht im Interview über Zusammenhalt im Team und in der Gemeinde. "Jeder hilft, wo und wie er kann!", sagt er.

Bezirksligist SW Sende erwischte einen tollen Saisonstart mit vier Siegen hintereinander. Dem Gipfel folgte das Tal der Tränen und eine endlos scheinende Durststrecke von elf Spielen ohne Sieg, ehe man kurz vor sowie nach der Winterpause wieder zu alter Form fand. Doch all die Aufs und Abs einer Fußballsaison sind derzeit hinfällig und geraten durch die aktuellen Ereignisse rund um die Corona-Pandemie völlig in den Hintergrund. Der Sender Trainer Jürgen Prüfer äußert sich im FuPa-Interview zur aktuellen Lage bei seinem Verein und über ungewöhnliche Aktionen.

FuPa: Herr Prüfer, vielen Dank für dieses Interview. Zunächst einmal die Frage: Wie geht es Ihnen?

Jürgen Prüfer: "Körperlich soweit gut, aber natürlich genervt von der ganzen Situation. Es ist ja nun mal nicht abzusehen, wie lange das alles noch dauern wird. Aber ich hoffe natürlich, dass sich das in absehbarer Zeit normalisieren wird."


FuPa: Wie gehen Sie denn mit der derzeitigen Situation als Trainer um? Existiert überhaupt noch irgendeine Art von Vereinsleben?


Prüfer: "Nee, das liegt alles auf Eis. Ich gebe da auch keine Hausaufgaben an meine Spieler, die wissen schon selber, dass man sich irgendwie fit halten sollte. Das ist hier ja nicht wie bei den Profivereinen, wo man in Zweiergruppen trainiert. Wir spielen in der Bezirksliga - sollte das daher auch nicht übertreiben. Der Trainingsbetrieb im normalen Alltag ist ja oft schon schwer genug, da sollte man also die Kirche im Dorf lassen."


FuPa: Zum Abschluss des vergangenen und zum Beginn dieses Jahres lief es bei Ihnen nach zuvor elf sieglosen Spielen (davon acht Niederlagen) in Serie ja wieder ganz gut. Wie würde oder wie sollte die Saison fortgesetzt werden?


Prüfer: "Da hätten wir natürlich weiter gewonnen (lacht). Es ist tatsächlich so, dass wir uns zuletzt sportlich stabilisiert hatten. Das 2:1 gegen Wiedenbrück II war eine unserer besten Saisonleistungen, aber das ist Schnee von gestern. Zwei Drittel der Saison sind absolviert, wir stehen mit zwölf Punkten Vorsprung auf die Abstiegsränge auf Platz elf. Im Falle eines Saisonabbruchs wäre es daher sehr schwer, uns absteigen zu lassen. Aber es kann derzeit nicht mal einer der Experten abschätzen, ob und wann es weitergeht. Aus meiner Sicht ist es auf jeden Fall schwer zu glauben, dass wir Ende April / Anfang Mai wieder Fußball spielen. Im Amateurbereich ist das auch anders als im Profifußball. Man könnte uns durchaus bis in die Sommerferien spielen lassen, das dürfte kein Problem sein, soweit es eine Verlängerung der Saison betrifft."


FuPa: Welche Optionen oder Szenarien sehen Sie und welche würden Sie bevorzugen?


Prüfer: "Wie schon gesagt, es wäre schwer, uns absteigen zu lassen. Aber für einen Club wie Türkgücü Gütersloh (mit 14 Punkten derzeit auf dem ersten Abstiegsplatz, Anmerkung der Redaktion) beispielsweise verhält es sich natürlich anders. An deren Stelle würde ich bei einem Abbruch der Saison sagen, dass man aus den übrigen zehn Spielen bestimmt noch 24 Punkte geholt hätte. Da soll mal einer was anderes behaupten!
Szenarien gibt es ja zuhauf, aber welche davon ergeben Sinn oder sind überhaupt umsetzbar? Keine Absteiger, aber Aufsteiger und die Ligen aufstocken? Sollen wir dann nächste Saison mit 28 Vereinen antreten? Wird die Saison abgebrochen und werden dann nur die ausgetragenen Spiele gewertet? Das passt dann auch wieder nicht, wenn man das Restprogramm jedes Teams miteinander vergleicht. Eine Tabelle anhand der ausgetragenen Partien wäre letztlich aber wohl die sportlichste Lösung, sofern nun gar nicht mehr weitergespielt werden könnte. Zum Glück muss ich das nicht entscheiden."


FuPa: Wie laufen in so einer Zeit die Planungen für die nächste Saison? Wird schon fleißig am künftigen Kader gefeilt?


Prüfer: "Ja, es wird am Kader gefeilt, aber das "fleißig" können Sie ruhig streichen. Es ist derzeit natürlich schwierig, Spielergespräche zu führen. Da sind normalerweise fünf oder sechs Clubs, die einem umworbenen Spieler ihre Pläne und Angebote präsentieren. Aber nun ist ja nicht klar, welche Versprechen davon auch eingehalten werden können. Klappt der Aufstieg oder Klassenerhalt? Bleibt der Etat oder fallen nun vielleicht Sponsoren weg? Das Beste ist, in einer solchen Situation ganz ehrlich mit den Spielern umzugehen. Uns betrifft das Problem nun nicht ganz so stark, da wir uns in den letzten Jahren sehr auf die interne Schiene eingestellt haben und vereinsintern vor allem Spieler aus dem Nachwuchs hochziehen."


FuPa: Was sticht für Sie in der derzeitigen Corona-bedingten Auszeit denn besonders hervor?


Prüfer: "Definitiv der Zusammenhalt. Derzeit ist ja alles weit auseinandergefächert, aber man stützt sich gegenseitig. Unser Mannschaftskapitän Simon Schröder ist da jemand, der sich kreativ zeigt und sich Homevents für die Mitspieler ausdenkt. Aber die Situation gibt jedem einzelnen auch Zeit zum Nachdenken. Jemand, der eher im Hintergrund stand oder den Verein womöglich verlassen wollte, könnte umdenken und fragt sich "Wie kann ich helfen?". Jeder überdenkt seine persönliche Rolle. Auch als Verein oder sogar über diesen hinaus gibt es mehr Zusammenhalt. So kam etwa die Gemeinde für ihre Aktion "Nachbarschaftshilfe in Zeiten von Corona" auf uns zu - mit der Anfrage zu möglicher Hilfe bei Einkäufen, Medikamentenbeschaffung oder einfach mal nur mit dem Hund Gassi gehen. Jeder hilft, wo und wie er kann."

Aufrufe: 03.4.2020, 13:00 Uhr
FuPaAutor