2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview
Seit drei Jahren Trainer der Walldorfer Fußballer und mit ihnen zweimal in Folge Meister: Max Martin. Foto: Uwe Krämer
Seit drei Jahren Trainer der Walldorfer Fußballer und mit ihnen zweimal in Folge Meister: Max Martin. Foto: Uwe Krämer

"Wir haben einen tollen Teamspirit"

Verbandsliga Süd: Walldorfs Coach Max Martin über die Gründe für den Durchmarsch, die Titelfeier und die Pläne für die Hessenliga

Die Verbandsliga-Fußballer des SV Rot-Weiß Walldorf haben den Aufstieg in die Hessenliga geschafft. Im Interview spricht Trainer Max Martin über die Gründe für den Durchmarsch des Aufsteigers, die gute Jugendarbeit des Vereins und die Perspektiven für die neue Saison.

Herr Martin, der Gewinn der Meisterschaft stand am Sonntag erst drei Stunden nach ihrem 7:2-Sieg gegen Erlensee fest. Haben Sie den Aufstieg in die Hessenliga trotzdem noch gebührend gefeiert?

Max Martin: Ja, im Vereinsheim gab es Essen und Trinken. Und es hat am nächsten Tag wehgetan, weil ich um sieben für die Arbeit raus musste und erst um drei Uhr im Bett war.

Was ist noch geplant?

Martin: Der Verein macht auf jeden Fall noch eine größere Feier. Und wir fliegen mit 25 Mann Anfang Juni zur Abschlussfahrt nach Mallorca.

Nach der Hinrunde, hatte Ihr Team neun Punkte Rückstand auf Tabellenführer FC Hanau, andere Klubs wie der Hanauer SC und Ober-Roden waren auf Augenhöhe. Jetzt ist die Konkurrenz weit zurückgefallen. War Walldorf in der Rückrunde so stark oder waren die Anderen so schwach?

Martin: Der FC Hanau war in der Hinrunde sehr konstant und hatte in der Rückrunde eine Schwächephase. Meine Mannschaften machen nach der Winterpause immer einen großen Schritt, das zieht sich durch meine Trainerlaufbahn. Denn was ich will, ist komplex. Nach der Sommervorbereitung wissen meine Spieler theoretisch, was sie in den jeweiligen Situationen machen müssen, setzen es aber nicht immer um. In der Wintervorbereitung wiederholen wir dann die Dinge, und dann sitzen die Automatismen.

Was sind für Sie die Gründe für den Durchmarsch von der Gruppen- in die Hessenliga?

Martin: Wir haben die jungen Spieler in den vergangenen Jahren weiterentwickelt und einen tollen Teamspirit. Wir sind in der Spieleröffnung sehr flexibel, auch gegen den Ball, können mal Mittelfeld- und mal Angriffspressing spielen, und wir sind bei Standardsituationen stark. Die Jungs waren in den großen Spielen – gegen die Aufstiegskonkurrenten – immer da und haben dem Druck standgehalten.

Wie wichtig für die Entwicklung der Walldorfer in den vergangenen Jahren war die gute Nachwuchsarbeit mit dem Aushängeschild Hessenliga-B-Junioren, die Sie ja mal selbst trainiert haben?

Martin: Sehr wichtig. Meine Intention war: die Spieler zurückholen, die in der Jugend in Walldorf waren, aber dann so stark wurden, dass sie zu größeren Vereinen abgewandert sind. Bei Kevin Darmstädter, Nico Struwe, Samet Demir, Firat Tayboga, Dennis Wohn und Luka Matheis ist uns das gelungen. Nächster Schritt wird sein, dass die A-Junioren schnellstmöglich auch Hessenliga spielen, damit die starken B-Junioren nicht abwandern und der Sprung von der A-Jugend zur Herren-Hessenliga nicht zu groß ist.

Wie wichtig ist die zweite Mannschaft in diesem Zusammenhang?

Martin: Ich wollte eigentlich, dass die zweite Mannschaft den sozialen Aspekt in den Vordergrund stellt und nicht so ambitioniert ist. Dass dort Jungs spielen, die Walldorfer sind, die später mal ein Ehrenamt übernehmen. Jetzt muss die zweite Mannschaft aber in die Gruppenliga, damit die Lücke nicht so groß ist. Dann müssen wir eine dritte Mannschaft installieren, in der die Jungs spielen, die nur ein-, zweimal die Woche trainieren und Spaß haben wollen.

Es fällt auf, dass die Rot-Weißen in 30 Partien nur zweimal unentschieden gespielt haben. Ist das die Mentalität der Mannschaft: Mit einem Punkt geben wir uns nicht zufrieden, auch auf die Gefahr hin, dass es dann mal eine Niederlage setzt?

Martin: Einerseits ja. Aber andererseits ist es auch so: Wenn wir mal einen schlechten Tag haben, dann haben wir auch einen schlechten. Dann fehlen die zwei, drei erfahrenen Spieler, die sagen: Auf Leute! Das ist aber ein generelles Problem, dass es diese Typen, die die Ärmel hochkrempeln, heute kaum noch gibt, weil beruflich und im Sport alles auf das Kollektiv ausgerichtet ist.

Sie haben mit Jonas Herberg und Takero Itoi zwei Neuzugänge verpflichtet? Ist Ihre Mannschaft schon hessenligatauglich oder brauchen Sie noch mehr Verstärkungen?

Martin: Wir brauchen sicherlich noch welche. Aber unser Etat wird sich nicht erhöhen. Von daher haben wir in der Hessenliga eigentlich nichts verloren. Die meisten unserer Spieler haben mir schon für die nächste Saison zugesagt, das heißt aber auch, dass ich kaum noch Geld für Neuzugänge übrig habe.

Wen suchen Sie? Eher höherklassig erfahrene Routiniers oder eher Talente aus Nachwuchsleistungszentren von Profiklubs?

Martin: Ich hätte mir gestandene Hessenligaspieler gewünscht, aber die werden wir nicht bezahlen können. Nach Talenten schaue ich immer, wobei man die in die Gruppenliga gar nicht und in die Verbandsliga kaum kriegt. In der fünften Liga haben wir bessere Karten.

Mit dem VfB Ginsheim gibt es bereits ein Kreisteam in der Hessenliga. Fischen Sie jetzt im selben Teich, was Neuzugänge angeht?

Martin: Da sind wir uns bisher kaum in die Quere gekommen und ich hoffe, dass es so bleibt. Ginsheim orientiert sich mehr Richtung Mainz und Wiesbaden. Für uns sind FSV und Eintracht Frankfurt interessant, auch Kickers Offenbach.

Sind die Strukturen im Verein und die Infrastruktur hessenligatauglich?

Martin: Der Verein hat viel gemacht. Wir haben jetzt den zweiten Kunstrasen bekommen, das ist klasse. Und das ist ja auch das Credo von Vereinschef Manfred Knacker: Bevor er Geld in die Mannschaft pumpt, das dann jedes Jahr weg ist, investiert er lieber in die Infrastruktur. Es ist sicher noch Luft nach oben, aber wir arbeiten mit dem, was wir haben.

Honorieren Sponsoren und Fans den Erfolg gebührend?

Martin: Die Zeiten, in denen 800 Leute auf dem Platz waren, sind überall vorbei. Von denen, die da sind, bekommen wir viel Anerkennung, und das freut mich. Mit dem Engagement der Sponsoren sind wir zufrieden. Der Verein will sich – was das finanzielle Risiko angeht – nicht übernehmen, wie es schon mal passiert ist in Walldorf. Und dafür habe ich Verständnis.

Was ist Ihr Saisonziel in der fünften Liga und wie wollen Sie es erreichen?

Martin: Ziel kann nur der Klassenerhalt sein. Und wir müssen da weitermachen, wo wir in der Verbandsliga aufhören. Ich werde ein weiteres Spielsystem installieren, damit wir noch flexibler werden.

Der Name Max Martin steht für Erfolge im regionalen Fußball. Träumen Sie von einer Chance bei einem höherklassigen Klub?

Martin: Ich bin jemand, der immer neue Herausforderungen und Ziele braucht. Es wäre schön, wenn mal einer der großen Vereine aufmerksam würde, aber die suchen nicht unbedingt nach Trainertalenten, sondern nehmen lieber Ex-Profis. Die nächste große Herausforderung ist aber erst einmal der Klassenerhalt mit Walldorf in der Hessenliga. Wenn ich den geschafft habe, sehen wir weiter.

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Zur Person

Max Martin (37) begann mit dem Fußballspielen bei der TSG in Messel, wo er aufwuchs und heute wieder wohnt. In der C-Jugend wechselte der Stürmer zu Darmstadt 98, in der A-Jugend trug er ein Jahr das Trikot der Frankfurter Eintracht. Seine Aktivenlaufbahn begann bei Viktoria Urberach in der Gruppenliga, ehe er für ein Jahr zum damaligen Oberligisten FSV Frankfurt wechselte. Nach vier Jahren bei Viktoria Urberach in der Gruppen- und Verbandsliga erlitt Martin eine Reihe schwerer Verletzungen. In seinen zwei letzten Jahren bei Verbandsligist Rot-Weiß Darmstadt kam er verletzungsbedingt selten zum Einsatz, mit 25 Jahren endete die Aktivenkarriere.

Seine Trainerlaufbahn begann Max Martin als Co-Trainer von Verbandsligist Rot-Weiß Darmstadt. Danach trainierte er zwei Jahre die B-Jugend von Rot-Weiß Walldorf in der Hessenliga und drei Jahre Viktoria Urberach, mit der er 2016 den Aufstieg in die Hessenliga schaffte. Danach wechselte der Inhaber einer Kfz-Werkstatt zu Rot-Weiß Walldorf und schaffte den Durchmarsch von der Gruppenliga in die Hessenliga.

Aufrufe: 016.5.2019, 09:14 Uhr
Heiko WeissingerAutor