2024-05-17T14:19:24.476Z

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Klare Worte: Stephan Fox macht sich Sorgen um den Jugendfußball nach Corona.
Klare Worte: Stephan Fox macht sich Sorgen um den Jugendfußball nach Corona. – Foto: RAINER LEHMANN

„Wie viele Kinder und Jugendliche sind nach Corona noch dabei?“

Abschiedsinterview mit Stephan Fox (BFV)

Es ist ein Abschied, wie er ihn sich nicht vorgestellt hat: Stephan Fox macht zum 31. Juli als Jugendspielgruppenleiter Schluss. Im Abschiedsinterview zieht der 54-Jährige Bilanz.

Landkreis – Elf Jahre lang hat das Engagement für den Jugendfußball sein Leben maßgeblich geprägt – von 2009 bis 2011 war er Chef des Kleinfeldbereichs, ehe er anschließend als Funktionär auf das Großfeld wechselte. „Ich bin ein Mensch, der etwas zu 100 Prozent anpackt oder gar nicht. Einer, der alles, was er angefangen hat, zu einem Abschluss bringen möchte“, sagt der 54-Jährige über sich selbst. Corona hatte aber etwas dagegen, die Spielzeit 2019/20 im männlichen Juniorenbereich wurde abgebrochen. Deshalb fällt sein Abschied leise aus. „Es war schön, aber es muss sein“, erzählt der Dietersheimer im FT-Interview.

Stephan Fox bekommt zu Beginn Hilfe von vielen Kollegen

Herr Fox, Sie waren viele Jahre quasi mit dem Freisinger Jugendfußball verheiratet. Wie kam es dazu, dass Sie Funktionär beim Bayerischen Fußball-Verband geworden sind?

Da muss ich etwas weiter ausholen. Vor meiner Spielleiter-Zeit war ich als Schiedsrichter und Jugendtrainer beim SV Vötting aktiv, habe sechs Jahre lang E- und F-Juniorenteams betreut. Damals hat der leider 2019 gestorbene Sepp Schmid einen Nachfolger für seinen Posten als Jugendspielleiter gesucht. Zwischen uns hat alles gut gepasst, wir hatten auch die gleichen Vorstellungen. Hans Huber – er war seinerzeit Kreisjugendleiter – hat mich auf eine Ausschusssitzung mitgenommen. Ich habe mir alles angeschaut, und dann wurde ich als Kleinfeldleiter berufen.

Sind Sie mit diesem umfangreichen Aufgabenbereich sofort zurechtgekommen?

Nein, natürlich nicht. Doch ich hatte gute Helfer, die mir zur Seite gestanden sind: Der Sepp Schmid und seine Frau Elisabeth haben mir bei der Kleinfeld-Gruppierung geholfen – sie haben mich ein Jahr begleitet. Das war eine gute Vorbereitung – immerhin musste ich mich später um den Sparkassen-Cup, die Meisterschaften in der Halle und den Baupokal Donau/Isar der C-Junioren kümmern. Daneben hast du ja auch noch den normalen Ligabetrieb mit Gruppeneinteilungen, den Spielverlegungen und so weiter.

Stephan Fox: Herzensangelegenheit Sparkassen-Cup

Was davon hat Ihnen am meisten Spaß gemacht? Was war Ihr liebstes Kind?

Das war ganz klar der Sparkassen-Cup. Zum einen, weil es eine tolle Zusammenarbeit mit den Sparkassen-Vorständen Fritz Hecht aus Moosburg und Johann Kirsch aus Freising war. Zum anderen ist der Modus des Pokalturniers außerordentlich spannend: Dadurch, dass bei einem Unentschieden das klassenniedrigere Team in die nächste Runde einzieht, sieht man im Finale auch mal Mannschaften, mit denen man nicht gerechnet hat. Außerdem wird der Sparkassen-Cup in allen Altersklassen gespielt. Für die Kinder ist der Pokal ein echtes Highlight, ein großes Finale zum Saisonabschluss. Ich habe die Endspieltage genossen.

Heuer gibt es diese besonderen Tage nicht. Nach dem Abbruch der Saison im Juniorenbereich musste auch der Sparkassen-Cup beendet werden.

Ja, und das ist sehr schade. Ich hatte mir fest vorgenommen, alles, was ich begonnen habe, zum Abschluss zu bringen. Ich wollte meinem Nachfolger Torsten Horn keine offenen Baustellen hinterlassen – aber da hat Corona nicht mitgespielt. Wäre die Saison im Jugendfußball nicht abgebrochen, sondern vielleicht ab September oder Oktober fortgesetzt worden, dann hätte ich auch noch als Spielgruppenleiter weitergemacht. Das war mit Torsten auch so abgesprochen. Aber es kam eben so, wie es gekommen ist. Um den Sparkassen-Cup tut es mir persönlich sehr leid. Der hat mir viel Spaß gemacht.

Endlich Urlaub ohne klingelndes Telefon

Warum hören Sie dann eigentlich auf?

Warum? (lacht) Weil ich mal in den Urlaub fahren will, ohne dass andauernd das Telefon klingelt. Wie war es denn bisher? Ich habe mal Urlaub in Kroatien gemacht und war gerade auf einem Schiff. Da hat ein Verein angerufen, der ein Spiel verlegen wollte. Sowas möchte ich nicht mehr. Nach all diesen Jahren bin ich einfach ausgebrannt, ich habe eine Pause dringend nötig. Meinen nächsten Urlaub habe ich auch schon längst gebucht: Zwei Wochen Teneriffa, mitten in der Hallenzeit. Das wäre früher niemals möglich gewesen.

Wie ließ sich Ihr Posten als Großfeld-Leiter bisher mit ihrem Job vereinbaren?

Es ging, aber es war schon anstrengend. Ich bin von Beruf Werkschutzfachkraft, arbeite 240 Stunden im Monat. Klar, vieles konnte ich in den Pausen erledigen, dafür habe ich mir auch extra ein Tablet zugelegt. Das Problem war aber, dass einige Leute denken, man wäre 24 Stunden am Tag verfügbar. Ich stehe um 4 Uhr in der Früh auf, komme um 18 Uhr von der Arbeit heim. Viel Zeit bleibt dann nicht mehr, weil ich zwischen 20 und 21 Uhr schlafengehen muss. Natürlich läutet dann um 22 Uhr das Telefon – wieder eine Spielverlegung. Das hat mich manchmal echt genervt, die Zahl der Verlegungen hat vor allem im Jugendbereich stark zugenommen.

Stephan Fox macht sich Sorgen um den Jugendfußball

Momentan dürfen die Teams zwar wieder trainieren. Wann der Spielbetrieb starten wird, steht allerdings noch in den Sternen. Machen Sie sich Sorgen um die Zukunft des Jugendfußballs?

Ja, weil es für die Vereine eine sehr schwere Situation ist. Die Frage ist: Wie viele Kinder und Jugendliche sind nach Corona noch dabei? Haben es die Trainer geschafft, die Kids in den Wochen des Lockdowns mit Videos und Trainingsprogrammen für daheim bei der Stange zu halten? Oder noch viel wichtiger: Haben es die Betreuer geschafft, überhaupt den Kontakt zu ihrem Team zu halten? Es ist gut, dass auch der Nachwuchs jetzt wieder trainieren darf. Nicht, weil es darum geht, auf eine Partie oder ein Ziel hinzutrainieren, sondern es geht vielmehr darum, gemeinsam zu kicken, das Gefühl der Zusammengehörigkeit wieder aufleben zu lassen und vor allem Spaß am Sport zu haben. Nur so kann es gelingen, dass die Kinder und Jugendlichen im Verein bleiben und später in den Herrenbereich wechseln – selbst wenn es auch „nur“ für die Reserve reicht. Letztlich sind die Kinder von heute die, die später bestenfalls auch einen Posten in der Abteilung übernehmen.

Wenn man die Tabellen bei der A-Jugend anschaut, fällt auf, dass es immer mehr Spielgemeinschaften gibt. Viele Vereine können in dieser Altersklasse keine eigene Mannschaft mehr stellen. Warum ist es so schwer, die Jugendlichen bei der
Stange zu halten?

Das hat meiner Meinung nach sehr viel mit Leistungsdruck zu tun. Das beginnt ja oft bereits bei der F-Jugend. Erfolg zu haben, ist natürlich schön. Aber nochmal: Es geht darum, den Kindern Spaß zu vermitteln. Ihnen zu zeigen, dass der Fußball ein guter Ausgleich zur Schule ist. Der Leistungsdruck dort ist natürlich auch ein Faktor. Es gab ja beim Verband auch Überlegungen, die Altersklassen herabzusetzen, die U 19 zum Herrenbereich zu nehmen und die A-Jugend zur U 18 zu machen. Das ist wegen Corona jetzt natürlich auch auf Eis gelegt.

Fox sieht im Futsal „eine große Chance“

Das Interesse am Hallenfußball war ebenfalls schon mal größer. Bei den Männern geht nicht einmal mehr eine Landkreismeisterschaft zusammen.

Das stimmt – aber da sehe ich im Futsal eine große Chance. Die Kids, die heute mit Futsal aufwachsen, die werden später vielleicht auch im Herrenbereich Interesse daran haben. Ich denke, Futsal hat sehr viele Vorteile: Die Verletzungsgefahr ist geringer, außerdem kann man die Kinder gerade technisch viel besser schulen. Es liegt oft eher an den alten Trainern, die mit Futsal nichts anfangen können. Ein weiteres Problem ist: Futsal muss man trainieren – doch leider haben viele Klubs keine Halle zur Verfügung. Mir gefällt Futsal jedenfalls richtig gut. Ich habe damals, als es angeboten wurde, gleich die Ausbildung zum Futsal-Schiedsrichter gemacht.

Werden Sie bei Ihrem Verein SV Marzling weiter als Referee aktiv sein? Und könnten Sie sich vorstellen, mal einen Posten in der Schiedsrichtergruppe Freising zu übernehmen?

Ja, mir macht das Pfeifen weiter sehr viel Spaß. Zur zweiten Frage: Mei, man soll niemals nie sagen. Ich kann mir gut vorstellen, irgendwann einmal die Schiedsrichter-Neulinge als Pate zu begleiten. Aber das entscheidet letztlich unser Obmann Stefan Gomm, zu dem ich übrigens auch ein super Verhältnis habe.

Stephan Fox will in Zukunft viele Spiele anschauen

Wie werden Sie dann die neu gewonnene Zeit nutzen?

Ich möchte mir als Privatperson viele Spiele anschauen – querbeet im gesamten Landkreis. Eching in der Bezirksliga etwa, Landesliga-Fußball in Hallbergmoos, aber auch mal Partien in der B- oder C-Klasse. Da kann man sich mit einem Schiri-Kollegen gut zu einem Kaffee verabreden. Kurz gesagt: Ich bin ziemlich fußballverrückt – und das wird sich auch nicht ändern. Dazu brauche ich aber keine offizielle Funktion.

Die geben Sie nun ab. Eine große Verabschiedung ist wegen Corona aber momentan nicht möglich.

Ich habe mich – parallel zur Mitteilung zum Abbruch der Sparkassen-Cup-Saison – bei allen verabschiedet. Aber ich hatte mir das Ganze natürlich etwas anders ausgemalt. Die Übergabe der Meisterurkunden wäre ein schöner Anlass dafür gewesen – doch es hat nicht sollen sein. So oder so: Ich möchte mich bei allen für die tolle Zusammenarbeit bedanken, auch bei den Funktionärskollegen im Spielkreis Donau/Isar und beim Freisinger Tagblatt. Es war eine sehr schöne Zeit, aber irgendwann muss auch mal Schluss sein.

Interview: Michael Leitner

Aufrufe: 031.7.2020, 11:41 Uhr
Freisinger Tagblatt / Michael LeitnerAutor