2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Standesgemäß? Im direkten Duell trennten sich Neustift und Windorf 2:2-Unentschieden. F: Hönl
Standesgemäß? Im direkten Duell trennten sich Neustift und Windorf 2:2-Unentschieden. F: Hönl

A-Klassen-Schießbude: Zwischen Depression und Zuversicht

Schlechter geht fast nicht mehr: Die A-Klassisten Neustift, Windorf und der FC Straubing sind in der aktuellen Saison noch ohne Sieg. Wie gehen diese Vereine mit den dauernden Negativerlebnissen um?

Wer glaubt, weniger als 0 Punkte geht nicht, irrt. Mit -2 Punkten rangiert der SV Hintereben II derzeit am Tabellenende der A-Klasse Waldkirchen. 12:91 Tore, sieglos, perspektivlos. "Wir wollen uns so gut wie möglich aus der Affäre ziehen", blickt Abteilungsleiter Armin Schmid auf die Frühjahrsrunde. Trost für den leidenden HSV: Es handelt sich "nur" um die Zweitvertretung. Es gibt aber auch Erste Mannschaften, die die "Rote Laterne" in der untersten Spielklasse innehaben. Allen voran der FC Windorf (6:128 Tore), DJK-FC Neustift (3:85) und der FC Straubing (21:103) - allesamt konnten im bisherigen Saisonverlauf lediglich einen Punkt sammeln, sind bisher sieglos und holen sich regelmäßig derbe Klatschen ab.

Die Erfolglosigkeit eint also Windorf, Neustift und den FC Straubing. Der Umgang mit dieser Negativsituation, mit den dauernden Niederlagen, mit dem belustigten Blicken der haushoch überlegenen Gegner, ist jedoch von Fall zu Fall, von Verein zu Verein unterschiedlich.


Tiefe Depressionen beim FC Windorf

Beispiel Windorf. Viele Jahre gehörte der FC zum Inventar der Kreisklasse Passau. Dann wurden jedoch einige "gravierende Fehler" gemacht, wie der aktuelle Vorsitzende Armin Fuchs gegenüber FuPa berichtet. Die Nachwuchsarbeit wurde vernachlässigt, der Erfolg als Selbstverständlichkeit angesehen. Und plötzlich fand sich der FC Windorf am Tabellenende der A-Klasse wieder. Ohne Sieg, als Schießbude der Liga.

"Inzwischen geht es längst nicht mehr um einzelne Spiele, es geht um den gesamten Verein, dessen Fortbestand in akuter Gefahr ist", schlägt Armin Fuchs Alarm. Seit zwei Jahren ist der 29-Jährige Vorsitzender - und das auch nur, weil kein anderer dazu bereit war, dieses Amt zu übernehmen, weil der FC Windorf "damals schon auf der Kippe stand". Fuchs, seit jungen Jahren leidenschaftlicher FCler, wollte seinen Verein jedoch nicht hängen lassen, kämpft seitdem mit Herzblut und oftmals alleine an verschiedenen Fronten gegen das Ende.


"Spaß macht es keinen mehr"

"Ich muss zugeben, Spaß macht das mittlerweile keinen mehr. Und dennoch denke ich nicht ans Aufhören. Ich habe weiterhin die Hoffnung auf bessere Zeiten"; betont der junge Funktionär. Neben Organisator verschiedener Veranstaltungen, die aufgrund der Erfolglosigkeit merklich weniger besucht werden, ist Armin Fuchs in der aktuellen Situation vor allem als Psychologe gefragt. "Am Sonntag, nach dem Spiel, lässt natürlich jeder den Kopf hängen. Wir müssen dafür sorgen, dass alle bis Freitag dann wieder soweit motiviert sind, dass sie überhaupt ins Training gehen."

Das Interesse am Verein ebbt zunehmend ab, immer weniger wollen Verantwortung innerhalb der Vorstandschaft übernehmen - tiefe Depression beim FC Windorf, dessen tabellarische Situation - trotz nur einem Unentschieden auf der Habenseite - nicht ausweglos ist. Grund hierfür ist der DJK-FC Neustift. Seit Jahren gehört der einstige Kreisligist zu den schlechtesten Mannschaften des Fußballkreises Niederbayern Ost. Im Gegensatz zu Windorf ist die Stimmung bei der Wohlstreicher-Truppe jedoch gut, wie Vorsitzender Jan Fuchshuber feststellt.


Bei Neustift stimmt's innerhalb der Mannschaft

10-13 Spieler sind regelmäßig im Training, das freiwillige Hallentraining wurde eifrig genutzt, der Zusammenhalt ist außergewöhnlich. "Das ist vor allem der Verdienst unserer beiden Trainer, und auch deren Vorgängers", macht Jan Fuchshuber deutlich. "Auch wenn man am Tabellenende der A-Klasse steht, muss man weiterhin den Trainingsbetrieb und Spielbetrieb so gestalten, als ob man vorne mitspielt - ansonsten wird man zum 'Stammtischverein'."

Der 36-Jährige, der im Herbst seiner Karriere weiterhin für Neustift aufläuft, erlebte selbst bessere Zeiten am Neustifter Berg mit. Immer wieder gehörte die DJK-FC dem Kreisoberhaus an. Der Abgang der beiden Topstürmer Florian Kasberger und Christopher Doliwa seinen dann der Auslöser für den Absturz gewesen. Weitere Spieler folgten, einige beendeten ihre Karriere. "Somit mussten wir den Gang in die A-Klasse antreten und eine neue Mannschaft zusammenstellen", blickt Fuchshuber zurück.


FC Straubing tauscht mal eben den Kader aus

Trotz der mageren Punktausbeute - seit dem Kreisklassen-Abstieg 2016 holte Neustift lediglich acht Punkte - ist man jedoch nicht am Boden zerstört. Das gute Miteinander, die Freundschaft unter den Spielern hält den Verein am Leben. 18 Spieler gehören aktuell dem Kader an, der nach mauen Jahren auch wieder mit jungen Spielern gespickt ist. Weitere Nachwuchskicker sind bereits in der Warteschleife. Man blickt zuversichtlich in die Zukunft. "Wir denken aktuell von Jahr zu Jahr. Wir versuchen jedes Jahr uns weiter zu entwickeln und auch neue Spieler dazu zu bekommen, die uns weiterbringen", gibt sich Jan Fuchshuber kämpferisch.

Deprimierte Windorfer auf der einen Seite, wackere Neustifter auf der anderen. Und der FC Straubing, Schlusslicht der A-Klasse Straubing, tauscht mal eben seine komplette Mannschaft aus. "Wir haben im Winter einen neuen Trainer verpflichtet, der 20 Jugendspieler mitgebracht hat", berichtet FC-Abteilungsleiter Siegfried Primbs. Ein Entschluss, der als Folge einer katastrophalen Hinrunde verstanden werden darf.


"Ich denke, wir haben richtig gehandelt"

"Wenn keiner mehr ins Training geht und nur lustlos rumkickt wird, darf sich keiner wundern, wenn man Letzter ist", geht FC-Fußballchef Primbs mit dem Kader, der in der vergangenen Saison noch Sechster werden konnte, hart ins Gericht. Weil die jüngeren Spieler ("ein generelles gesellschaftliches Problem") nicht wollten, mussten in der Herbstrunde teilweise Mittfünfziger aushelfen. Eine Entwicklung, der man rigoros gegensteuern musste, wie Sigfried Primbs feststellt.

Trotz deftiger Niederlagen hatte der erfahrene Funktionär und Trainer in dieser Spielzeit keine schlaflosen Nächte. "Da bin ich inzwischen zu abgebrüht", stellt er trocken fest. Und außerdem wussten er und die übrigen Verantwortlichen, was zu tun ist: Den Laden mal so richtig durchfegen. "Ich denke, wir haben richtig gehandelt. Es wird wieder besser."


Das große Fiebern auf das Erfolgserlebnis

Das generelle Problem in Straubing könne dieser radikale Umbruch jedoch nicht beheben. Es gäbe zu viele Vereine, auch in anderen Sportarten. Und jeder will Spieler und Sponsoren akquirieren. Auch hier hat der hemdsärmelige Siegfried Primbs einen einfachen, aber seiner Meinung nach nicht umsetzbaren Lösungsansatz parat: "Wir müssen die Kräfte bündeln und was Gscheids auf die Beine stellen. Doch Fusionierungen wollen die alteingesessenen Vereinsfunktionäre nicht - und das ist das Problem."

Windorf, Neustift, FC Straubing - drei Vereine, ein großer Wunsch: Endlich wieder erfolgreich sein, endlich wieder mal ein Spiel gewinnen. Und zahlreiche regionale Fußballfans werden in der Frühjahrsrunde mit den drei Teams mitfiebern, garantiert. Und wenn es dann doch mit dem ersehnten Erfolgserlebnis klappt, wird ordentlich gefeiert werden - zumindest in Neustift. Augenzwinkernd erzählt Jan Fuchshuber: "Natürlich kommt der gesellige Teil bei uns nicht zu kurz."

Aufrufe: 012.2.2019, 14:15 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor